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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

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Heft 4 (April 1938)
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Umschau / Buch und Bild
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0087

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79

ästelt er stch im ganzen Älatt, treibt 'Murzeln und Zweige,
Blätter, Blüten und Früchte, gan; wie der „Sinn" es be-
siehlt. Rinder lieben das Schneiden von Scherenschnitten,
wenn sie erst erkannt haben, daß stch hier ihre ganze In-
nenwelt ungehindert von Perspektive und Proportion,
von Möglichkeit und Unmöglichkeit ausgeben kann, und
daß sie, unabhängig von der Vrdnung einec Außenwelt
schalten und walten können, wenn sie der anspruchsvolleren
Vrdnung einer innerlich gereihten Schau gerecht werden.
Sie verstehen auch, daß die Stellungen der Menschen und

zum „Fabulieren" ;u bringen, wurde die Gestalt des Gubi»
lars menschlich nahe gerückt. Das, was Rinder interessie-
ren kann, mußte voc ihren Augen lebendig werden: daß er
der Deschützer und Förderer unseres Faches war, daß er
Runsthistoriker ist, daß er ein Haus, cinen Garten nnd
viele Bücher hat, Vögel und Blumen liebt und Vater
von vier erwachsenen Söhnen und Töchtern ist. Das Letzte
interessierte besonders: wie alt die Rinder wohl wären,
was sie für Derufe (Architekt, Geologe, Sportlehrerin,
Luchbinderin) hätten, ob sie auch verheiratet seien, usw.

i. „Es war cinmal ein Rot»
schwänzchenpaar" — zwei
nicht alltägliche VNstplätze
in pallats Garten: in der
Gartenpumpe und im
Briefkastcn an der pforte
(;d em breit).

Dinge in gewiffcm Sinne beschränkt sind, weil sie sich ja
eindeutig durch die schwarze Fläche erklären müffen. An-
dererseits begreifen sic leicht, daß dafüc die Rontur reiz-
voller gestaltet scin will und daß die phantasie alles Le-
wegte im Umriß ausklingen laffen muß.

Die Scheren arbeiten dann uncrmüdlich die Schatten-
riffe sinngemäß aus, zierlich und fein, wie Schercn im
Untcrschied zur gezcichncten Rontuc eben arbeiten müffen.

Auch die hier gczeigtcn Blätter entstanden so. Der Gc-
burtstag war der gcmütsmäßige 2lntricb. Das Vcrständnis
für die Eigenheit des Scherenschnittes ivurde gcweckt und
blieb Wegweiser während dcr Arbeit. Um die Rinder

So ergab sich eine lange Geschichte. Aus ihc wählte dic
Rlaffe ihre Themen frci: Die eine baute alles in cin
Haus, die andere begnügte sich mit symbolischcn 2lndcutun.
gen, eine dritte interessicrte sich nur für eine Episode —
keine versagte. Von 40 Rindern ivarcn y durch Urlaub
und andcre Gründe an dcr Mitarbcit vcrhindcrt. Allc
andcrn schenkten aus gutem Herzen mit mchc odcr wcni-
ger Geschick, abcr stcts sinnvoll. Ein paac Nculinge blic-
ben zaghaftcr als meine Stammschülcrinne». Erfaßt hattcn
alle, daß der Schercnschnitt seine eigcnen Gcsctzc hat und
inncrhalb seiner Möglichkeiten cinc rciche Ausdruckskraft
b-sitzt.
 
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