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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

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Heft 5 (Mai 1938)
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Kalweit, Wilhelm: Maurer- und Zimmermannsarbeit im Zeichenunterricht als Werkübung ganzer Klassen aus der Mittelstufe
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0102

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bis Fcbruar) u„d dcr wcitc» Entfernungcn wcgcn untcr.
bleiben.

Die Arbeit begann mit der Anfcrtigung der genauen
werkzeichnungen, in denen nicht nur die verschiedenen
Ziegelformate und Gebälkteile maßstäblich richtig erscher-
nen inußtcn, sondern auch die Zufälligkeiten wie Alters-
gebrechcn Berucksichtigung finden sollten.

Da uns Ziegelstcine in dem verkleinerten Maßstabe nicht
;ur Derfügung standen, dienten Holzklötze als Ersatz. Der
crste Versuch, fur jedes Modell zuerst den ganzen Stein-
bcstand zuzuschneiden, erwies sich als äußerst unpraktisch.
2lm zweckinäßigsten war solgendes Verfahren: das ganze
Zicgelmuster wurde auf ein Brett in der crforderlichen
Stcinstärke aufgepaust. Sobald ein Teilstück ausgesägt
war, wurde es nach der werkzeichnung verpaßt und mit
Raltleim und Sand „vermauert". Mehrere Schüler fer-
tigten in 2lrbeitsteilung ein Modell. Als werkzeug be-
nötigten wir nur einige Laubsägen und Feinsägen.

Für die Zimmeriirannsarbeit hatte ich vom Dischlec Lei-
sten aus Eichenhol; nach den Maßen der werkzcichnungen
zuschneiden lassen. Die Fachwerksarbeit wurde hauptsäch-
lich von Untcrsekundanern gezimmert. Sie lernten daran
das Derzapsen und die Defcstigung mit Holzkeilen, wie es
noch heute bcim Fachwerkbau üblich ist. Die Ziegelfüllung
wurde nachträglich als geschloffenes Stllck in das Fach-
werkseld mit Raltlcinr und Sand eingemauert. Den Ab-
schluß bildete die sarbige Behandlung. Mit einer Beize
aus Eisenroch waffer und Essig konnten wir dem Fach-
werk den verwittcrten Farbton alter Eichenbalken geben.
Die Ziegelflächen wurden zum Schluß mit dünnem Ralt-
lcim bestrichen und mit seinem Sand bestrcut. An dcm
nassen Grund ließen sich nachträglich die Fugen noch än-
dern ünd gctreu nach dem Vorbilde mehr oder wcniger
ties auskrayen. Mit Plaka-Farbe, weiß und rot, bekamen
Fugen und Stein das natürliche Aussehen. Die Rückseite
dcr Gteinfüllung wurde mit Raltleim und Sand glatt
vcrputzt und weiß gestrichen.

Die Herstellung der Modelle mit den Brettausschnitten
(Dafel III) erforderte hauptsächlich saubere Arbeit bei
dcr Zeichnung auf die Holzfläche und beim Zuschnitt mit
dcr Laubsäge.

Dic praktische Arbeit wurde durch Unterhaltungen über
alle einschlägigen Fragen vertieft: Rlima und Baustoff,
Herstellung dcr Ziegel, Eigenart der einzelnen Fabrikate
und ihre Vcrwendung, Mauerverband, Behandlung der
Maucrfugc. Durch die nachschaffende Dätigkeit der Hand
war cs möglich, die gewonnenen Erkenntnisse fest einzu-
prägcn.

Die Modelle sind auf Sperrholzplatten (grauer Grund
und dunkelrotc Randleistcn) wirksam zur Schau gebracht.
Eine saubcre Beschriftung unterrichtet über den Fundort
dcr Vorbilder.

persönlichc Erfahrungen.

wie zu crwarten war, sorderte der werkstattbetrieb
ganzer Rlaffcn cincn großcn Rräftecinsatz dcs Lciters.
Von den Schwierigkciten, die damit vcrbunden sind, seicn
nur einige hcrvorgehoben. Der Modcllbau verlangt cine
umfangreiche Vorbercitung, für die ost nur cine kurze
Pausc nach andcrn Untcrrichtsstundcn dcs wcrklehrcrs
zur Versügung steht. Ebcnso schwicrig ist das wegräumen,
wcnn sosort anderer Untcrricht im Zcichcnsaal einsctzt. Die
viclen ungeschultcn Ilrbeitshände aus cinmal anzuleitcn,
die noch ohne rechtcn Arbcitsernst sind, wic cs bei der
Rugcnd nicht andcrs crwartct wcrdcn kann, ist rccht cr-
müdend. Da sich der Bau der Modclle ost lange hinzieht,
rcicht dic Spannkraft dcc Schüler nicht iinmer zum Durch-
halten aus. Dadurch ist der Leitcr der Arbeit dauernd
und überall in Anspruch gcnommcn; cr muß alle wcrk-
stücke ini Auge bchaltcn und inimer wiedcr cinhelfcn, da-
mit nicht im letzten Augenblick dic Arbcit verdorbcn wird.

Die vielseitigen Anforderungen des werkuntcrrichtcs
ganzer Rlaffcn sind daher eine übergroße Belastung der
Ncrven. Er kann nach meiner Erfahrung nur als
zeitweise Ablösung dcs Zeichenunterrichtes durchgeführt
werden, verlangt im übrigen notwendig eigne planstunden
und kleinere Schülerzahlen.

Alt-Arische Sinnzeichen im Formenschatz
n i e d e r sä ch s i sch e r Bauweisen und ihre Be-
d e u t u n g.

Es ist uralter Schöpfungstrieb des Menschen, auch dem
Heiligen und Ewigen, das seine Seele bewegt, bildmäßige
Gestaltung ;u geben, um damit das Unfaßbare sichtbar ;u
veranschaulichen. Aus diesem Schöpfungstrieb schufen sich
schon in vorchristlicher Zeit unsere Vorsahren heilige Zei-
chen als Symbole ihres Gottschauens. Alle Ausprägungen
des Geistes und der Hand, die wir aus jener Zeit kennen,
Mythen und Sagen, Runen- und Bildschrift, ja selbst
werkzeug, waffen und Schmuck, sind geweiht durch das
göttliche Symbol.

Auch das Haus stand ehemals unter dieser würde und
weihe, und besonders im Gefüge des Dauernhauses un-
serer Heimat, das uralte Sitte am treuesten bewahrt hat,
haben sich vorchristliche Symbole bis zum heutigen Dage
weiter vererbt. Solche prägungen treten im Ziegelmauer-
werk, im Fachwerk, in Drettausschnitten und in den
Giebelzierden auf. Am Anschluß an die Tafeln II, III soll
nachstehend ein Deil dieses umfangreichen Formenschatzes
erläutert werden.

Fig. ): Aus Gstholstein. Fig. r: Aus Achterschlag

(Vierlanden).

Heilszeichen im Ziegelmauerwerk. Als sym-
bolischcs Zeichen hat man schon immer, was schon in dcn
Namen anklingt, den „Hcyen"- oder „Donnerbescn" ange-
sehen. Bei den einfachsten Besendarstellungen bestcht das
Ziegelmuster wie bei Fig. i nur aus schräggestellten Stei-
ncn, die man als Reiser ain Besen anschen kann. Meistens
füllt dann dcr Besen das ganze Fachwerkfeld. Häufiger
sind die Beispiele, bei denen auch der Besenstil hinzugefügt
ist. Hier sind um einen oder mehrere senkrecht gestellte
Steine, die den Stil darstellen, seitweits odcr oben Zicgel
gruppiert: die Reiser. Zwei derartige Bcispiele sind auf
Tafel II, V7r. 5 und o, zu sehen. — An den Vierlanden
war es gebräuchlich, dcn Heyenbesen auch aus Ralk odcr
Sandstein ;u formen und als Relief aus der Mauer her-
vortrcten ;u lassen. Diese Formen sind reichcr ausgestattct
und zcigen außer den Bcsenrciscrn oft noch Blätter, wie
cs bei dcm Bcispiel Fig. r ;u schen ist.

Dcc Name „Hexenbescn" erinnert an die finsteren Zeitcn
dcs 2lberglaubens, als man es allgemein für gcbotcn hielt,
sich gegcn Hcyen und böse Gcistcr ;u schützcn. Ein Besen
galt damals als stärkste Schutzwchr gcgen dcn unheil-
vollen Einfluß der Unholde. Dem ins Mauerwcrk cingc-
setzten Bescn muß man in den Zeiten solchcn Abcrglau-
bens die gleiche Zauberkraft zugcschricben habcn: Schutz
vor Hcyen und ähnlichcn Unheilstiftern. Der vlame „Don-
ncrbescn" lcgt dcn Gedankcn nahc, das Zicgelmustcr mit
dem Donncrgott Donar zu verbindcn. Vcrschicdcne For-
 
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