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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

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Heft 5 (Mai 1938)
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Kalweit, Wilhelm: Maurer- und Zimmermannsarbeit im Zeichenunterricht als Werkübung ganzer Klassen aus der Mittelstufe
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0104

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Bccher- oder Tulpenformen. In ihrcm Umriß ist der auf-
wärtsgerichtete Bogen wiederholt. Einfache Blätter sind
hinzugefügt, so daß man das Ganze auch als eine Nach-
bildung von Tulpenpflanzen auffaffcn kann. Es liegt nahe,
auch bci dem Bcispiel Fig. ;i denselben Formgedanken an-
zunehmen, denn in den Umrißlinien der aufeinanderstehen-
den Glockenbecher finden sich die beidcn Bogen der Fig. zo
wiedcr. Die enge Verwandtschaft gcht auch daraus hcrvor,

sind sie in den Fig. 36, 37 nochmals zeichnerisch dargestellt.
Fig. 30: Das Rechtkrcu; in der Raute. ^ier ist das Rreuz,
das Symbol der Sonne, des Iahrcs usw., deutlich dadurch
hervorgehoben, daß die Mauerflächen zwischen den Schen-
kcln des Rreuzes zurückverlegt und oft weiß verputzt sind.
Es ist dieselbe Bildung wie bei Brettausschnitt Fig. 6.
Der umfaffende Rreis ist im Mauerwerk zur Raute gc«
wordcn. In gleicher weise ist der Rrcis bei uralten Stein-

Gruppe ):

Gruppe r:

Gruppe ;;

ro

-S

Gruppe 4;

daß Blättec wie bei 2lbb. 30 vorhanden sind. Aehnlichc,
aber cinfachere Becherformen zeigen die Fig. 3r—34. Diesc
Ziermuster zeigen große Aehnlichkeit mit einem Syinbol-
zerchen, nach dem auch Giebelzierden Ostholsteins zugc-
schnitten sind. Es ist das Symbol der „gehörnten
Schlange", wie in Fig. ;o nur aus zwei aufeinanderstehcn-
den Bogen gebildet. Der untcrc Bogen stellt den klcinsten
Sonnenbogen im wintersonnenmonat dar, den man sich
einstmals als die tödlichc windung der Schlange dachte.
Auf dcm Schlangcnbogen stcht gleich zwei ^örnern cin
nach oben gcöffneter Bogen. Er versinnbildlicht den Sicg
der Sonne ttber die Schlange, dcn wiederbeginn ihrcs
Aahreslaufes. An einfachster wcisc ist mit den beidcn
Bogen der Gcdanke der cwigcn wiederkehr allcr Dingc
ausgesprochen. Da in den Formen der Fig. 30—34 die zwci
Bogcn vorherrschen, scheint ihre prägung auf das Zcichcn
der „gehörnten Schlange" zurückzugchen.

Unter dcn Brettausschnitten gibt cs auch Bildungcn, bci
dcnen mehrere Zeichen aneinandergcreiht sind, Fig. 10, ry.
Auch in der Runcnschrift sind solche Zusammenstcllungen
üblich. Dic entsprcchcnden prägungen unter den Brctt-
öfsnungen wcisen cindringlich auf die symbolische Bedcu-
tung dieses F 0 rmen gcbictcs hin.

Mit obigen Erkiärungen übcr dic Zierausschnitte dcr
Tafel III jst zuglcich die Deutung der noch nicht bcsproche-
»cn Zicgclmustcr gcgebcn. Zur klarcn Dcranschanlichung

!"! -!H!

,7 Xaycburger Dsm

ritzungen umgeformt. Fig. )r, Dafel II zcigt das Rccht-
krcuz als Maueröffnung.

Fig. 37, vergleiche Tafcl ll, l^Zr. 8: Das Vorbild für das
gcmauerte Zeichen ist ohnc Zweifel die Hagalrune: in dcr
Mitte dcr Sonnenkrcis, von dem acht Strahlen ausgchcn.
An dem Ziegelmuster sind dic Strahlen cindcutig dadurch
gekcnnzcichnet, daß zwischcn ihnen dic Maucrfläche zu-
rücktritt. Ein gleichcs stcinerncs ^agalzcichcn, das noch
bcstimmtcr auf das Sonncncrlcbnis hinwcist, zicrt dcn
Ratzeburger Dom an der südlichen Sonnenseite dcs por-
talvorbaues, Fig. ;8. Hier sind a» dcn Strahlenendcn
dic Sonncn durch Stcinkrcisc klar vcranschaulicht.
 
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