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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

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Heft 6 (Juni 1938)
DOI article:
Praehauser, Ludwig: Über Volkstum und kunsterzieherische Pflege
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0115

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Runst undIugend

Monatsschrift des NSLB für Bilönerische Erziehung

Herausgeber NS.-Lehrerbund, Hauptamt fur Erzieher, Bayreuth

Schriftleiter professor Erich parnitzke, Riel, Hamburger Lhauffee ro?

Geschäftsstelle: Versandu.Anzeigen: Eugen Hardt, Verlag „Runst und Iugend", Stuttgart-N Lange StraßeiS

Sämtliche Linsendungen sind an dic Schriftleitung Riel, ^amburger Lhaussee rs? ;u richten
Lür Sesprechungsexemplare und andere Einsendungen irgcndwclcher Art wird eine verantwortlichkeit nur llbcrnsmmen, wrnn sie erbeten wsrdcn sind

iS.Iahrgang Iunr 193S Heft 6

Nber Aolkglum unö kuusterZlcherlsche Pstege

Von Dr. Ludwig praehauser - Salzburg

Unscheinbar, wenn nicht verborgen, geringgeschätzt, wenn
nicht mißachtet, wächst alles Bedeutende aus innerstem
Leben ;u großer wirkung empor. Doch, wo es der Hilfe
bedarf, wird es gefährdet. Denn empfindlich ist alles junge
Leben und nicht leicht ist es, immer Maß zu halten bei
seiner Bewußtmachung. Und was an gewohnten Systemen

1. Methode

pflege ist nicht dasselbe wie Methode. Dies ;u bedenken,
erfordert der Geist der Erziehung überhaupt und im be-
sonderen der Sinn der Runsterziehung. wohl ist beiden
helfender Lharakter gemeinsam: sie wollen Rönnen und
wiffen mehren, steigern und bereichern. Aber was die eine
und was die andere gibt und erreicht, ist verschieden; ver-
schieden ist ihr Ausgang und verschieden ist ihr Gegen-
stand.

Bei der Methode blickt der Verstand zunächst auf
den Stoff, ihn für die Vermittlung ;u sichern und zu ord-
nen, und erst Uber den Stoff hin dann in psychologischer
Rücksi'chtnahme auf den Schüler, d. h. dies — da freilich
Sichten und Grdnen von den Erfaffungsstufen aus bedingt
ist — sozusagen mit allererster Selbstverständlichkeit beim
pädagogischen Denken überhaupt.

pflege aber ist nicht nur auf den Schüler als den
Erfaffenden gerichtet, sondern vor allen Stoffragen ;u
allererst auf seine ganze Lebendigkeit, auf seinen Vorstel-
lungsbesitz, seine Ausdrucks- und Gestaltungskräfte und
damit auf sein vollständiges wesen und deffen wachstum.
Dies ist eben der Stoff und der Gegenstand der pflege.

Methode geht vom Verstande aus, der stets den Stoff
in Beziehung ;um Schüler halten muß. Unterscheiden wir
zwischen Unterrichtsmethode und Arbeitsmcthode, so ist
freilich erftere dadurch gckennzeichnet, daß die Ueberlegun-
gen für ihr Vorgehen — wie schon angedeutet — auf
psychologischer Einsicht gegründet sein müffen, sie muß mit
dem Stoff auch den Schüler berücksichtigen. Die Arbeits-
methode — denken wir etwa an manche Aufgaben des
werkunterrichts odcr an physikalische Untersuchungen —
muß die Ucberlegungen für ihr Vorgehen auf Renntnis
des materialen Stoffes und auf die praktischen Zwecke
gründen. Beide aber sind rationell eingcstellt und geleitet.
Die Aufgaben werden ihnen von außen gcstellt, von wis-
sensbereichcn und vom praktischen, insbesondcre vom tech-
nischen Schaffen. Das individuelle wesen dcs Schülers
muß sich diesem unterordnen.

Um dem Bcgriff der Methode gcrecht ;u werdcn, ist

besteht, umengt bald das Neue und verbiegt seinen Sinn
ins Unechte. Dies gilt auf dem Gebiet der Schule für die
Ursprünglichkeit und das wachstum des Ausdruckes, wie
ihn unser innerstes wesen hervorbringt. Deshalb muß es
sein, daß die Beziehungen zwischen Ausdruck und seiner
pflege immer wieder überlegt werden.

und pflege

auch ;u bedenken, daß sie nicht nur verstandesmäßig plan-
volle Vermittlung von wiffensstoffen ist; sie bezieht sich
ja auch auf Unterweisung in Fertigkeiten und man spricht
nur dann von guter Methode, wenn diesem Vermitteln
und Unterweisen das Begreifen der Stoffe von Seite des
Schülers und die Ausbildung seiner Fertigkeiten gelingt.
So muß auch Methode den Schüler für die Erfaffung
fähig machen, muß es verstehen, im eigentlichen wortsinn
ein Be-greifen und Auf-nehmen auszulösen. Aber immer-
hin: was dadurch dann gewonnen wird, ist von außen ge-
kommen, entspricht nicht immer einem inneren Bedücfnis
und Verlangen, sondern sehr oft nur den Forderungen
konventioneller Bildung oder praktischen-Zwecken des all-
gemeinen Lebens.

L>, ich weiß wohl: selbst dann, wenn es gilt, abgekürzte
Dezimaldivisionen oder die Analyse komplizierter Satz-
gebilde ;um Verständnis ;u bringen — was Letzteres
Lbrigens schon sehr dem schöpferischen Ausdrucksbereiche
sich nähert — ist der rechte Lehrer mit seinem ganzen we-
sen dabei, weil in ihm auch alles verstandesmäßige Vor-
gehen immer von der Liebe und Freude des Helfenden um-
hüllt ist, so daß auch bei verstandesmäßiger Vermittlung
seine übrige Lebendigkeit mittelbar wirkt, eben das, was
pflege ausmacht und was im Erzieher von vornherein als
sichere und gan; bestimmte Tatsache einfach da ist, da ist,
wie die Luft und wie die Sonne und ebenso notwendig.
Denn ohne die Pflege gäbe es ja gar keine Erziehung. wir
können uns Methode wegdenken und nicht nur für eine be-
stimmte Iahresreihe, sondern auch für ein Bereich des
inneren wachstums der Iugend Uberhaupt und trotzdem
— oder dürfen wir sagen: eben deswegent — lcben und
jubeln an tausend Grtcn um tauscnd MUtter herum Rinder
und gedeihen ins Leben hinein. warum; weil Menschen
durch pflege sich ihncn hingeben. Ich glaube, dieser Blick
auf das Rind und die Mutter und noch cin zweiter auf
ein junges Bäumchen und den sorglichen Gärtner machen
wcitcre Bestimmungen, was wir unter pflegen meinen,
überflüssig.
 
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