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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

DOI Heft:
Heft 8 (August 1938)
DOI Artikel:
Walter, Fritz: Vom Werken in der Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0157

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Vielleicht sah inan auch bereits

das Endedes schönen Traumes.

Sah Rinder sich ver§eblich an den Bänken mühen oder
lange auf den geplagten Lchrer warten, der vielleicht cine
verhauene Arbeit doch noch retten konnte. Sah Manner,
die mit großem Eifer an die Arbeit gingen, um nach we-
nigen Aahren des MUHens erschöpft das Feld ;u räumen.
Sah enttäuschte Meister sich bemühen, aus Lehrlingen, die
bereits in der Schulwerkstatt ^ausapothekcn und Llumen-
ständer bauten, Dünkel und pfuscherei hcrauszutreiben. Und
sah entsagende Lehrer.

Das echte Iugendschaffen aber lebt!

Gft ohüe besondere 2lusbildung, ohne große Mittel haben
Andere den besseren weg gesunden, der zum cchten Schaf-
fen der Augend führte. Dieser weg schloß zugleich die
Lösung vieler Schwierigkeiten in sich, die dem wcrken in
der Schule oft entgegenzustehen schienen. wir gingen die-
sen weg.

Viclleicht waren es zunächst weniger klare Einsichten,
die uns dazu verhalfen, als vielmehr ein gütiges Geschick,
das uns äußere Mittel in der Schule versagte.

Es schien uns alles ;u sehlen: der Raum, die Geräte,
das Material, ja selbst die moralische Unterstützung der
Berufskameradcn. vorhanden war nur der entschlossene
wille ;um werken. Bei den Aungen und beim Lehrer.
Und damit hatten wir doch wieder alles.

Dec weg aus dem Nichts.

Unser Arbeitsraum war das R l a s s en; i m m er.
„Echte w e r ka u f t r äg e" waren genug vorhanden.
Das Schulfest stand bevor, für das verschiedene Spiel-
geräte erfordcrlich waren. Mit dem Taschenmesser
begann die Arbeit, für die uns als Material Abfall-
leisten vom Tischler ;ur Verfügung standcn. wir be-

1 und r: Dolche, geschnitzt von 14jährigen Gungcn

;: Dischleuchter (s. R. u. A. i>)?7, Seitc roö)

schnitzten die Stäbe und bemaltcn nachher die Rerben und
Rillen mit unsren Farben aus dem Duschkasten. So erhiel-
tcn wir schöne bunte Stäbe für das Ringwerfen. Aus dem
Stabschnitzen wurde bald das Anfertigen schöner Dolchc
mit Scheiden, die als Brieföffner ihre praktische Verwen-
dung fandcn. Diese Arbeiten zogen später das figürliche
Schnitzcn nach sich. Als Lichthalter, Säulen für
weihnachtspyramiden, Figuren ;um Regel-
spiel usw. tauchtcn solche Schnitzcreien später immer wic-
der auf.

Andere Aufträge licßcn die vielgelästerte Laubsägc
wicder aus ihrcm Vcrsteck vom Bodcn herunterkommen.
Figurcn ;um 2lbwerfen, Dicre für dic vcrschiedenartig-
sten Spiele wurdcn aus Spcrrhol; hcrausgesägt und
lustig bemalt. Die Anfertigung v 0 l k s t ü m l i ch c r
Spielgcräte, Maibäume und andcrer Dinge diescr
Art, die vielerorts noch heute als Brauch vorhanden sind,
crinögljchcn in unsrcr Zeit wicdcr die sinnvolle Anwcndung
dcr langc Zcit in Verruf geratcncn Laubsäge, die in dcr
altcn Dolkskunst einstmals eine bedcutcnde Rolle spicltc.
Rlassenbäumc (siche Bcricht von Gcistcr in dicsem
Hcft) zcigen, daß ähnliche Arbeitcn für Fest und Feicr-
ziige auch in der Schulgemcinschaft cincn cchten Sinn bc-
kommen können. Solche Arbcitcn bcfrcien die Rinder ;u-
gleich von bedcutungslosen Zcichenübungen, lcnkcn ihr
Schaffcn auf sinncrfüllte, freudevolle Lätigkcit, bci dcr
jedcr Sägcschnitt sie ;u zuchtvoller Ucberlcgung anhält.
Flüchtiges Gckritzel, wie wir cs bcim Zcichnen so oft auf
dcm Papier erleben, ist bei dicscr ^lrbeit von vornhcrcin
unmöglich gcmacht.
 
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