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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

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Heft 9 (September 1938)
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Hoffmeister, Kurt: Sippschaftstafel einer Stadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0190

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176

zeichnen, ausziehen und austui'chen beschäftigt ist. Ueberall
sind in kleinen symbolischen Zeichnungen die verschiedensten
;u,n Teil heute unbekannten Berufe, wappen, Fahnen,
sigürlichss Darstellungen und Darstellungen ganzer Be-
gebcnheitcn auszusühren. Da die Iungens in allen Fällen
nicht ohne Rücksicht auf die geschichtlichcn Verhältniffe
arbeiten konnen, so befinden sie sich ständig in Gefahr, ;u
kopieren. Manchmal ist dem nur sehr schwer entgegenzu-
wirken. 2lber die größten Schwierigkeiten bereiten merk-
würdigerweise die cinfachsten Dinge, nämlich das Zeichnen
der vielen Handwerkszeuge und Handwerksstücke. Hier sind
häufig mehrere Versuche nötig, bis die Entwerfer die pas-
scnde Form gefunden haben. Endlich steht auch bei dieser
2lrbeitsgruppe ständig über allen Einzelarbeiten die wah-
rung der Stileinheit. Sclbst das Austuschen muß genau
gcregclt werden, sonst würden sich als Folge der sehr ver-
schiedenen Farbempfinden die kraffesten Gegensätze ergeben.

Die Schwierigkeiten erkennt man in ihrem vollen 2lm-
fange erst bei der Durchführung der Gesamtaufgabe. Vor
allem aber ergibt sich unter dem Gesichtspunkt dieser
ncuen Gemeinschaftsarbeit eine unerwartete Umwertung
der Schülcr. Es gibt da manche bittere Enttäuschung, denn
eine Leichtfertigkeit kann stundenlange Arbeit verursachen.
An dicsem Falle bedeuten ja die zensurenmäßigen Bewer-
tungen nichts, denn es darf einfach nirgends eine Halbheit
oder gar einen 2lusfall geben. Man bedenke: wenn jedes
große Blatt durch 10 bis )5 Iungenhände geht, wre es
zurückkommen würde, wenn nicht überall strengste Selbst-
disziplin herrschen würde. Andererseits steht diesen Schwie-
rigkeiten die große Genugtuung gegenüber, wenn die
Sippschaftstafel zusammengestellt wird und dann in ihrer
Rcichhaltigkeit und Größe sehbar ist.

Diesmal war es ein erster großer Versuch. Da kann
nicht alles vollkommen sein. Vielleicht ist es besser, für die
Symbole und Zeichen kleine Stempel;u schneiden und die
Buntheit auf das Allernötigste ;u bcschränken. Sicher
läßt sich die Aufgabe auch künstlerisch noch ausbauen. In
dieser Hinsicht sind kleinere Versuche vielleicht besonders
lohnend.

Man kann sich auch fragen, ob solche Arbeit überhaupt
mit Schülern gemacht werden soll. Zweifellos kommt sie
cigentlich einem ausgebildeten Zeichner ;u. Dann aber
wird wohl kaum jemals eine Sippschaftstafel von diesem
Ausmaß angefertigt werden. Dem Runstunterricht tut sie
andererseits kcinerlei Abbruch, sofern sie auf ein Maß be-
schränkt bleibt, das in kur;er Frist erfüllbar ist. Sie führt
alle Schüler an cine sogenannte „praktische 2lrbeit" heran,
wie sie fast jeder in einer ähnlichen Art in seinem späteren

Ecil der Sippschaftstafel der Stadt Franrburg

Erklärung der Zeichen: Geburt, Tod und Drauung wie
üblich. Das Trau;eichen stehend, wenn der Termin der
Trauung fehlt. Doppelkreu;, wenn das Sterbedatum sehlt.
Dreieck — Einsegnung. Guadrate — Bürgereid und bür-
gerliche Aemter. Halbkreis ist aus ? entwickelt — paten-
schaft. ^ 2lbgaben werden ge;ahlt. Haus — Zlnkauf,
Verkauf oder Brand eines Hauses. Her; — unehelich. Die
anderen Zeichen kann jeder deuten.

Ein Bildausschnitt ;eigt etwa ein Viertel eines Bogens.
Insgesamt 80 Bogen.

Leben öfter;u bewältigen haben wird. Und dabei handelt
es sich doch um eine Aufgabenart, für die kein anderes
Unterrichtsfach die nötigen Voraussetzungcn schaffen kann
als nur der Runstunterricht.

Grganisatorisches: Geder Lebensweg ist linear gcgcben.
Die Linien der Ehepaare sind farbig ;usammcngchaltcn.
Rinder sind grundsätzlich nach rcchts ge;cichnet. Die Breitc
der Rinderfahne muß vorausschauend so weit gehaltcn
sein, daß für die Ein;eichnung der spätercn Generationen
genügend Raum bleibt (die Entwicklung liegt ja vor).
Die Geburten der Rinder gleicher Ehe sind mitcinander
verbunden. Bei mehreren Ehen reihen sich die Rindcr
späterer Ehen mit einer Verbindung;u dcn Eltern an dic
Rinder erster Ehe an; nötigenfalls müffen Vcrschiebungcn
auf die linke Seite vorgenommen werdcn. 2llle Linicn
habcn eine schwache Neigung nach links, die durch dic Ein-
tragung der Rinder nach rcchts bedingt ist (sonst licßcn
sich mehrere Generationen nicht übcrcinander bringcn).
Tritt in einer alteingeseffenen Familie durch Einheirat
von außerhalb ein neuer Plame auf, so wird er durch
Rotschrift hervorgehoben. Hciratet ein Mädel in eine an-
dere bodenständige Familie odcr nach außcrhalb, so wird
die lincare Entwicklung durch Eintragung der Ehe und
dcs Grtes abgeschnitten. 2luf der gan;cn Tafcl sind die Fa-
inilien alphabctisch geordnct. Dic sachgemäßerc Anordnung
der altcn Familien im Rern der Dafcl und die 2lnglicdc-
rung der Zuwanderer stößt auf unübcrwindliche Schwic-
rigkeiten, solange ein;elne Blätter vcrwendet ivcrden. Eine
crschöpfende Veranschaulichiing dcs Sippengeivcbes ciner
Gemeinschaft ist natürlich übcrhaupt nicht möglich. Da;n
ist die Verwebung ;u viclsträhnig.
 
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