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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

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Heft 10 (Oktober1938)
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Die große Kulturrede des Führers auf dem Reichsparteitag "Großdeutschland 1938": Kunst als Künder und Herold - Scharfe Absage an kultische Verirrungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0196

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so aber um so mehr materiell Gewinnenden; denn die-
ser stellt die so wichtigen Leziehunyen zwischen dem
produzenten und Ronsumenten her, das heißt, er
organisiert jene Runstkritik, die nichts mehr ;u tun
hat mit dcr Betrachtung oder gar Beurteilung künst-
lerischer Leistungen als vielmehr in der Vorbereitung
dec Marktfähigkeit des produktes odec in der 2luf-
hebunA dieser Marktfähigkeit die ausschließliche 2luf-
gabe sieht.

Das Getriebe, oder bcffer das Geschiebe dieser
Runstmacher haben wir in Deutschland jayc-
zehnteläng beobachten können. Es wird in weni-
gen Iahren vollkommen vergessen sein. Denn der
minderwertigen Moral dieses ganzen Betciebes
entsprach nicht nur die Gualität und damit auch
die Dauerhaftigkeit der produkte. Das Volk aber
hatte an diesen Dorgängen überhaupt keinen
inneren Anteil.

Freilich, wenn eine dekadente Gesellschafts-
schicht den höchsten Nachweis ihres wertes darin
sieht, mit dem Volke nichts ;u tun ;u haben, mag dies
für diese Art von Runstbetrieb ;umindest so lange
nützlich sein, als diese Gesellschaftsschicht sich im Besitz
der materiellen Mittel befindet. Denn letzten Endes
kommt es ja bei diesem Betrug ohnehin auf etwas
anderes nicht an. Nur dort, wo man aus das Volk auf
die Dauer doch nicht Ver;icht leisten konnte, weil in
ihm allein auch der Dräger der finan;iellen
Erhaltung ;u sehen war, mußte man sich wohl
oder übel ;u Ron;essionen bequemen.

Denn dies Volk begann ansonsten ;u streiken. Die
verrückten Bilder hattc es ohnehin nie ge-
kauft. Die konnte man nur einer finan;iell reichen,
aber kulturell blödseligen Schicht von Empot-
kömmlingen, Spießern oder dekadenten
Hohlköpfen aufschwatzen. Die Dheater aber
;. B., die mußte das Volk füllen, und diese wurden
allmählich leer. Die Ausstellungen verlocen die
Besucher. Von den an sich ja, sehr unbedeutenden
öffentlichen Bauten nahm die breite Maffe
keine Noti;. Aber nicht etwa, weil sie an sich keine
Stellung ;ur Runst hatte und daher kein Intereffe
daran vorhanden war, sondern im Gegenteil, weil sie
der ein;ige gesunde Rern unseres Vol-
kes war, der da;u überhaupt noch eine unverdorbene
Einstellung besaß.

wie sehr das Volk an den künstlerischen Leistungen
einer Zeit Anteil nehmen kann, wiffen wir aus ;ahl-
reichen Beispielen der Vergangenheit und erleben es
aus ebenso vielen beglückenden 2ln;eichen der Gegen-
wart. Die größten Meisterwerke der antiken Baukunst,
die Leistungen ihrer Bildhauerei und Malerei galten
als Nationaleigentum, ja als Nationalheiligtümer,
aber nicht infolge irgendeines kaufmännischen wertes,
der etwa den von den heutigen Händlern gemachten
Marktpreisen entsprochen haben könnte, nein, sondern
infolge der inneren Anteilnahme, in der ein gan;es
Volk, ja, damals ein gan;er Staat, die Geburt und
das werden eines solchen werkes erlebt hatten.

Und dies war in den großen Epochen der inittel-
alterlichen Runst nicht anders.

Die großen Rünstler aber waren in solchen Zeiten
die Lieblinge des Volkes, die ein;igcn wirklichen
Rönige von Gottes Gnaden, weil in ihnen die
sonst so stumme Seele eines Volkes die Rraft
ciner durch Gott begnadeten Aeußcrung erhielt.

Es ist dahcr aber auch nur ;u verständlich, daß
nicht nur das Volk eine innere Anteilnahine an seiner
wirklichen Runst ;u allen Zeiten besessen hat, sondern

daß umgekehrt auch die Rünstler in innerstec Anteil-
nahme all dem gegenüberstanden, was die Völker er-
lcbten, d. h. was die Menschen im FUHlen, Denken
und Handeln beherrschte. Und dies nicht nur in dem
mehr bildhaften Sinn, daß der Ablauf des ein;elnen
mcnschlichen Lebens in Glück und Unglück, Reichtum
und Armut, Höhe und Niedertracht, Liebe und Haß
seine Motive abgab sür die prägung der künstlerischen
Rraft des Dichters, Sängers oder Bildners, daß sich
aus des Volkes Rampf die Helden abhoben und so für
den beschreibenden Dichter, den gestaltenden plastiker,
den Maler oder den Dramatiker den lebensvollen Vor-
wurf lieferten.

Nein! Die Runft war stets Lm Gesamten
ihrer Zeit verpflichtet

Sie mußte dem Geist ihrer Zeit dienen und gehor-
chen, oder es gab keine Runst. Ga, noch mehr: Sie
stand darüber hinaus überhaupt im Dienste der Auf-
gaben ihrer Zeit und half damit selbst an ihrer Gestal-
tung und Ausprägung mit. Das wesen ihres wirkens
liegt nicht in der rein beschaulichen wiedergabe des
Inhalts und Ablaufs, als vielmehr in der eindrucks-
vollsten Demonstration der Rräfte und Ideale eines
Zeitalters, mögen diese nun religiöser, kultureller,
politischer Herkunft sein, oder mögen sie aus einer
neu gewordenen Gesamtschau stammen, die ihre wur;el
in der Erkenntnis eines ewigen Gesetzes hat, das dem
Menschen bisher als Dheorie vielleicht verborgen ge-
blieben war, als unbewußte oder geahnte Rräfte ihn
aber in seinem gan;en Dasein und seinem Lebens-
kampfe stets beherrschte.

Soistdie Runst des Griechentums nicht
nur eine formelle wiedergabe griechischer Lebens-
gestaltung oder griechischer Landschaften und ihrer
Menschen, nein, sie ist eine proklamation des
griechischen Rörpers und Geistes an
s j ch. Durch sie wird nicht Propaganda geleistet für
ein ein;elnes werk, für das Sujet oder den RUnstler,
sondern Pcopaganda geleistet für die im Griechentum
uns gegenüberstehende griechische welt als solche. Ein
Rulturideal steht vor uns auf, das uns dank seiner
Runst und unserer eigenen blutmäßig verwandten
Herkunft auch heute noch eine ;wingende Vorstellung
vermittelt von einer der schönsten Epochen der mensch-
lichen Entwicklung und deren lichtvollsten Drägern.

Und genau so ;eugt die römische Runst für
die imperiale Macht der römischen welt.

Der artfremd werdende Lharakter derselben römi-
schen Runst fällt nicht durch Zufall ;usammen mit der
gesellschaftlichen Entartung und dem daraus resul-
tierenden allmählichen staatlichen Zusammenbruch des
antiken weltreiches.

Ründer unserer Geifteshaltung

Ebenso aber sehen wir in der christlichen
Runst den Herold eines Zeitalters, das
in seinem gesamten wesen, seinen Vorstellungen, sci-
ncm Denken und Handeln einen wahrhaft schlagenden
Ausdruck findet in seinen Rirchen, seinen Skulpturen,
seinen Bildwerken, seiner Musik und so wciter, und
darüber hinaus in der sonstigen gcsamten künstlerischen
Behandlung des allgemeinen Lebens.

Es wird daher heute die Runst aber ebenso der

Herold und Ründer jener gcsamten Geisteshaltung

und Lebensauffaffung sein, die die jetzige Zeit
beherrschen.
 
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