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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

DOI Heft:
Heft 10 (Oktober1938)
DOI Artikel:
Böttcher, Robert: Die nationalsozialistische Kunstpolitik und die kunsterzieherische Arbeit der Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0205

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losigkeit zu lieben. wenn wir vom volkskünstler Natur-
richtigkeit verlangen und nur darin das „Schöne" erkennen
wollten, so müßten wir jedem Nichtkünstler verbieten,
pinsel oder Schnitzmeffer in die Hand ;u nehmen und
würden damit nicht nur unsern liebenswertesten Lesrtz an
Rulturgut zerschlagen, sondern zugleich alle Guellen zu-
schütten, aus denen jegliches kulturelle Leben gespeist wird.
Was sind das für stumpfe Volksgenoffen, die einen so ab-
wegigen und engen Begriff von dem haben, was „schön"
ist. Und diese Menschen vergeffen in ihrer spießbürger-
lichen Enge auch, daß der Führer für jede Runstäußerung
Wahrheit und Rlarheit forderte. Gerade diese wahrheit
und Rlarheit als Rennzeichen jeden echten künstlerischen
Schaffens beim Rinde und Volkskünstler genau so wie bei
dem Vertreter der hohen Runst: sie gebieten uns, nicht
von unserem oder dem Standpunkt der hohen Runst allein

S. Die Bäuerin. Mädchen, 11 Iahre, Städt. Lyzeum I, Hallc.

;u urteilcn, sondern hier vom Rinde und seinem Ver-
Mögen, dort vom volkskünstler und dessen Vcrmögen aus
und dann auch der worte aus der lctzten Rulturrede ;u
gedenken, nach denen die Runst stets im Gesamten ihrer
Zeit verpflichtet ist und war als Herold und Ründcr
jcner Geisteshaltung und Lebensauffaffung.

Es ist nötig, sich diese Gcdankengänge und Sachverhalte
erst wieder gan; klar ;u machen, ehe über bildnerische
Arbeiten unserer Iugend das Urteil gesprochen oder gar
der Stab gebrochen wird, insbcsondere wcil den Gestal-
tungen der Rinder die Vortcile nicht zugutc kommen, die
die Vor-, Früh- und Volkskunst vor lcichtfertiger Ver-
urteilung schützcn.

Da ist ;. B. die farbige Zcichnung cines ojährigcn Iun-
gcn aus ciner Hallenser Volksschule, dic ich im Schuikalen-
dcr iozo veröffcntliche, und dic hier leider nur in schwarz-
weiß gebracht werdcn kann.

Man hat gcgen die Vcröffentlichung von vcrschicdenen

Seitey her Bedenken geäußert, weil die Arbeit ;u „primi-
tiv" sei und gar ;u viele „Unrichtigkeiten" aufweise. Ich
muß dazu leider sagen, daß ich zwar auch eine ganze Reihe
sachlicher und zeichnerischer „Unrichtigkeiten" sehe, daß ich
aber vor den Fehlern soviel „wahrheit und Rlarheit"
darin erkenne, daß ich die Arbeit durchaus als positive
Leistung eines s(l)jährigen werte und möchte nur wün-
schen, daß die Rameraden in der Grundschule recht viele
solcher Leistungen erzielten.

In der Runster;iehung handelt es sich
doch im wesentlichen um zwei Dinge: bei
der eigenen Arbeit um Ausdrucksfindung
und bei der Betrachtung um Schaffung des
Zuganges ;um fremden Ausdruck, also um
Ausdruckserschließung. In diesem Sinne, in dem
der Ausdrucksfindung, hat sich der Iunge voll eingesetzt,

Selbstbildnis einer 15jährigen Schülerin.

hat in dem Bild den Fehler des Verkehrssünders klar auf-
gewiesen, indem er nicht vergaß, seine Fußspuren mit;u
verzeichnen; hat in drastischer weise die Folgen solchen
verkehrswidrigen Verhaltens ausgemalt und ;ur Bild-
sprache schriftlich hinzugefügt, was die Fußgänger ;u tun
haben, um solche Unglücksfälle ;u vermeiden. Und für das
alles hat cr eine Form gefunden, die gan; und gar der
Geisteslage und dem bildnerischen Vermögcn cines yjäh-
rigen entspricht. Da ift kein Strich, dec nicht seine Be-
dcutung hätte. Da ist nichts an Fremdbeständen Ubernommcn
und unverdaut weitergegeben. Da ist nirgends ein Bruch
zwischen Gegenständlichem und Figürlichem, zwischen Bild-
und Schriftsprache, da ist kein Vertuschen der Form durch
die Farbe. Da ist kein Mehr-scheincn-wollen als man ist
und keine Gberflächlichkeit und Loddrigkeit. Da ist wahr-
hcit und Rlarheit, und deshalb schätzcn wir cine solche
Leistung als cchtcs Dokument bildncrischen Schaffens.

Damit haben wir den Finger nur auf einen kleinen
 
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