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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

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1./2. Novemberheft
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Kunstauktionen / Kunstausstellungen / Kunsthändler und Luxussteuer / Die Gemälde der Villa Schultheiß / Die Wiedereröffnung des kunsthistorischen Instituts in Florenz / Aus der Museumswelt / Neues aus der Kunstwelt / Neue Kunstbücher / Staatliches Bauhaus in Weimar / Vom Kunsthandel und Antiquariat
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0087

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Kun [i au k tto nen.

Amltcpdam.

Bei R. W. P. d e V r i e s wird vom 13. bis 15. Dezember
eine überaus wertvolle Sammlung 'moderner G r a p h i k aus
schweizcrischem Besitz versteigert. Sie enthält viele Probe- und
Zustandsdrucke, die zum Teil aus geschätzten Sammlungen wie
Gerbeau, Weber u. a. stammen. Der Sammler selbst, der den
Besitz zusammenbrachte, ist als Kenner bekannt. Um nur einige
Beispiele zu nennen, sei erwähnt, daß die Sammlung eine reiche
Serie Radierungen von Anders Zo r n , fast ausschließlich eigen-
händige Drucke des Künstlers, enthält. Wilhelm L e i b 1 ist mit
seinem ganzen radierten Werk vertreten, und unter den Fran-
zosen steht Cezanne an erster Stelle —• der Probedruck
seiner großen Lithographie, handaquarelliert, offenbar vom Mei-
ster selbst, interessiert besonders — ferner Marcel R o u x , der
Belgier. Umfangreich ist die Reihe der Radierungen (vorwiegend
Probe- und Zustandsdrucke) von Frank Brangwjm und nicht min-
der bedeutend die Reihe der Blätter von Edvard M u n c h. Ge-
suchte Arbeiten des Dänen Olaf Lange, dann die von Pennell, Sey-
mour Haden, Toulouse-Lautrec, Forain u. a. schließen sich an.

Am 27. bis 29. November d. J. findet in Rudolph L e p k e ’ s
Kunstauktionshaus eine Versteigerung von alten Gemälden,
Handzeichnungen und Antiquitäten statt. Der Hauptbe-
standteil entstammt einem Thtiringer Herrensitze, der im ersten
Drittel des 19. Jahrhunderts eingerichtet wurde. Der Sammler
gehörte einer alten bekannten Hamburger Familie an und hattc
offenbar regen Verkehr mit dem deutsch-römischen Kreise in
Rom und sicher auch Beziehungen zu den Künstlern Dresdens.
Nicht nur die Gemälde, die der Katalog bringt, sondern auch die
vielen Skizzen und Handzeichnungen bilden eine kleine Fundgrube
fiir die Erforschung der Nazarener und Romantiker, eine Freude
fiir die Vielen, die der Kunst des beginnenden 19. Jahrhunderts ihr
Interesse zuwenden. Es gibt dabei noch viele Entdeckungen zu
machen, nicht nur für den Historiker, sondern auch für den an-
spruchsvollen Kunstfreund, bei dem die Klassizität der Kunst
schon längst beim 18. Jahrhundert aufhörte. Bilder sehr guter
Qualität befinden sich unter den Deutschen, Italienern, Nieder-
Iändern und Franzosen des 15.—18. Jahrhunderts.

Die Möbel und das Kunstgewerbe sind im gleichen Zeitstil.
Diese Dinge entziicken nicht nur durch ihre schlichte und docli
graziöse Linie, sondern auch durch einfache und zweckbewußte
Form. — Beitriige aus anderem Besitz bringen vielerlei, was auf
dem Kunstmarkt jetzt rar, aber docli rioch erschwinglich ist. Die
Ausstellung ist geöffnet am Sonntag den 25. und Montag den
26. November 1923 von 10—2 Uhr.

JSütmberg.

Der Berliner Antiquar Heinrich R o s e n b e r g hat gemein-
sam mit Max Z i eg e r t (friiher Frankfurt a. M.) und Dr. O.
M a r t i n (Ragoczy Universitätsbuchhandlung) ein Antiquariat
gegriindet, das ein Antiquariat im guten alten Sinne sein will. Am
26. November veranstaltet dieses Nürnberger Antiquariat G.m.b.H.
seine erste Bücher-Auktion, die eine sclröne Sammlung von 455
Nummern aus Literatur, Philosophie, Geograpliie usw. auf den
Markt bringt. Der erste Katalog des neuen Antiquariats bietet
eine vortreffliche Ubersicht über die Bestände der Sammlung,
untcr deren Raritäten man die 13 Jahrgänge des Teutschen Mer-
kur (1773—1785) findet, ferner Josef v. Görres „Teutschland und
die Revolution“ (1819), Grabbes „Barbarossa“ mit handschrift-
licher Widmung des Dichters usw.

IDicn.

Am 26. bis 28. November 1923 erfolgt in der Kunstabteilung
des Wiener Dorotheums die Versteigerung der Freiherrlich
D i e t r i,c h ’ s c h e.n Kunstsammlung aus Schloß Feistritz, von

der vor allem die kostbaren alten Möbel hervorgehoben seien.
Zwei Garnituren, von denen die eine aus dem Anfang des 18. Jahr-
hunderts aus 12 Sesseln, die andere aus dem 17. Jahrhundert aus

10 Stiihlen und einem Diwan besteht, liaben Sitz- und Lehnen-
polster in reichster farbenprächtiger petit-point Stickerei, figurale
Szenen in grotesker, ornamentaler Umrahmung und sind infolge
ilrer Vollzähligkeit von iiberaus großer Scltenheit. Ein Gobelin aus
der Werkstatt des Jan van der Borght aus Brüssel um 1710 mit
der Darstellung einer kriegerischen Szene ist eine der schönsten
Tapisserien, welche in der letzten Zeit auf den Markt kamen.
Kostbare geschnittene Krystalldeckelpokale, darunter das im
Oktober-Doppelheft des „Kunstwanderers“ von Prof. Dr. E. W.
Braun besprochene Unicat aus der Potsdamer Glashütte sowie ca.

11 Gläser mit bunten Darstellungen iandschaftlicher und figuraler
Art, signierte Arbeiten des Gottlob Mohn verdienen besondere Er-
wähnung, so auch einige scliöne einzelne Möbelstücke, ein intar-
siertes Kabinett aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts, ein
Hausaltar, ein schöner Schreibkasten, endlich eine ganze Garnitur
aus der Krönung Ferdinands in Überdruckdekor. Unter den Ge-
mälden seien drei gotische Tafelbilder und ein Alexanderzyklus
von David Vinckeboons aus dem 17. Jahrhundert hervorgehoben.
Der reich iliustrierte Katalog unterrichtet über alle Einzeiheiten
der bedeutenden Sammlung.

Kunffausßellungen.

BecUri,

Die jüngeren Kräfte des Künstlerhauses haben dies-
mal gehörige Arbeit getan: ilire Herbstausstellung ist von ge-
winnender Frische. Dettmann ist da und stärker als sonst,
ebenso Plontke und Eichhorst. Das große Bild „Mensch
in Landschaft“ von F. M. Lünstrot.h wirkt als Komposition
und in seiner malerischen Ausgeglichenheit monumental. W. t e r
Hell locken jetzt die fern verschwindenden Silhouetten der
Berge, E. K o 1 b e s Strandbilder haben Bewegung und auch die
E. T. A. Hofmann-Stimmungen der Birkle’schen Malereien
interessiieren. Reizvoll sind die Potsdamer Aquarelle von Ulrich
H ü b n e r. Unter den Plastiken, die geschmackvoll in den Raum
gestellt sind, nennen wir die von Wenck, Placzek und
C h 1 a d e k. W. Hauschilds „Madonna in Emaille“ stellt
den bemerkenswerten Versuch dar, die alte Emaille-Technik
wieder zu beleben.

*

Die Juryfreie Kunstschau, um deren Zusammen-
stellung Hermann S a n d k u h 1 sicli wicdcr selir bemüht hat, ist
gar zu umfangreich geworden. Wenn man den alten Glaskasten
in Moabit gevierteilt liätte, wäre eine glücklichere Ubersicht zu-
standegekommen. So aber ist es nicht leicht, aus dem Wirrsal
der Säle das rein Künstlerische Herauszuholeri. In der Reilie der
Künstler aller Richtungen fallen auf: E. Honigberger (nur
auf Farbe gestellte Porträts), Käthe Münzer-Neumann, die
sich tüchtig weiterentwickelt, .1. G. Kern, der in seinem
„Fliederstrauß“ eine vortreffliche Probe seiner feinen Maler-Kul-
tiviertheit gibt, P. Voelker, der in großen Formaten die Wege der
primitiven Monumentalkunst zu gehen strebt, Otto Dix (man kennt
seine Art), W. Krain u. a.

*

Aucli in der Herbstausstellung der B e r I i n e r S e c e s s i o n
findet der Kunstfreund, obgleich sie nicht das stolze Niveau der
früheren Veranstaltungen zeigt, manches respektable Stück. Glän-
zend vertreten ist die alte Garde der Secession. C o r i n t h
bringt neben einem seelenvollen Porträt seiner Tochter eine „Ge-
burt der Venus“, die ein Farbenrausch in Blau ist, und eine
„keusclie Susanne“, die in der Plastik des Frauenkörpers und den
visionär emportauchenden Faunköpfen der beiden Alten seine
vehemente Malkraft beweist. Von leuchtender Meisterlichkeit sind
die beiden Blumenstücke von U r y. Eine „Dame in Schwarz“ von
Ernst O p p 1 e r gehört zur edelsten Porträtkunst, Eugen S p i r o

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