DOI Heft:
1./2. Augustheft
DOI Artikel:Schuster, Julius: Goethe als botanischer Zeichner: zum 28. August 1924
DOI Artikel:Krause, Hermann: Von alten Gemälden und ihren Krankheiten
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0383
Hs kaun geschehen, daB die Analysen der Wissen-
schaft wie die Formen der Kunst starr werden. Dann
ist es Zeit, zti den Müttern hinabzusteigen und sich jung
zu trinken an der Quelle der alten ewig jungen Weise.
In diesem höheren Sinne werden Goethe’s bota-
nische Zeichnungen, wie die Metamorphose nur ein
Glied in der strahlenden Kette seines Lebenswerks, für
alle Zeiten lebendiger Besitz bleiben.
Uind das Vergangene
Lehrt mit Vertrauen
Vorwärts zu schauen,
Schauen zurück.
Goethe, Weinranke
Dornburg 1828
Goethe-
und
Schiller-Archiv
Don atten Qemätden und itjven Krankbciten
uon
Hccmann Kcause^Köslin
\\/ohl jeder Sannnler oder Käufer alter Gemälde hat
v * wohl meistens neben der Freude über den Er-
werb eines Bildes (soweit der Künstler noch nicht fest-
gestellt ist) auch noch einen kleinen Nebengedanken:
Vielleicht ist das ge'kaufte Bild noch besser als das An-
gebot lautete. Auch befinden sich viele Gemälde, die
stets in guten Sammlungen waren, nicht in dem Zu-
stande, den eigentlich eine Kostbarkeit in schöner Um-
gebung haben sollte, um alle Vorzüge und Reize seiner
ursprünglichen Schönheit zur vollen Geltung und unge-
trübtem Genuß kommen zu lassen. Und hier setzt
die Tätigkeit des Restaurators ein. Erste Bedingung
ist natürlich für ilm Liebe zur Arbeit, denn manches
Gemälde erfordert durch die beim Restaurieren auf-
zuwendende Geduld größte Liebe zur Sache, um etwas
Vollendetes zu erreichen, und zweitenS muß der Aiif-
traggeber volles Vertrauen zu seinem Restaurator ha-
ben und in ihm rticht nur den augenblicklichen Arbeiter
sehen, sondern den Berater und Freund mit geme'in-
samen Interessen. Denn nur so kann ein Arbeiten
beiden Teilen zur Zufriedenheit werden.
Was kann ich aber von einern guten Restaurator
verlangen? Denn leider wird von vielen Künstlern,
die zwar gute Maler sind, aber deshalb noch lange nicht
die Kenntnisse fiir die richtige Restaurierung eines
Gemäldes besitzen, der Beruf des Restaurators in Miß-
kredit gebracht, und manchem Restaurator ist es da-
durch schon gründlich verleidet worden, seine Bilder
restaurieren zu lassen, so nötig es auch wäre. Wie oft
schon liabe ich Bilder bekommen, die dies auch be-
stätigten, denn was war da durch Uebermalen gesün-
digt worden und nur deshalb, weil dem betreffenden
Maler speziell fiir die Restaurierung eines Gemäldes
das richtige technische Können fehlte, trotzdem er als
moderner Künstler etvvas leisten konnte. Und wie leid
tut es einem manchmal um die gute Leistung eines
alten Meisters, die auf solche Weise ihrer Schönheit
beraubt wurde. In vielen Fällen weiß ja 'zwar der Be-
sitzer alter Gemälde oft garnicht, daß seine Bilder ei-
gentlich restauriert werden müßten, oder wie ich es
auch schon gehört habe, sagte jemand: „Die Bilder
müssen so aussehen, die sind ja alt!“ Doch oft ist
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schaft wie die Formen der Kunst starr werden. Dann
ist es Zeit, zti den Müttern hinabzusteigen und sich jung
zu trinken an der Quelle der alten ewig jungen Weise.
In diesem höheren Sinne werden Goethe’s bota-
nische Zeichnungen, wie die Metamorphose nur ein
Glied in der strahlenden Kette seines Lebenswerks, für
alle Zeiten lebendiger Besitz bleiben.
Uind das Vergangene
Lehrt mit Vertrauen
Vorwärts zu schauen,
Schauen zurück.
Goethe, Weinranke
Dornburg 1828
Goethe-
und
Schiller-Archiv
Don atten Qemätden und itjven Krankbciten
uon
Hccmann Kcause^Köslin
\\/ohl jeder Sannnler oder Käufer alter Gemälde hat
v * wohl meistens neben der Freude über den Er-
werb eines Bildes (soweit der Künstler noch nicht fest-
gestellt ist) auch noch einen kleinen Nebengedanken:
Vielleicht ist das ge'kaufte Bild noch besser als das An-
gebot lautete. Auch befinden sich viele Gemälde, die
stets in guten Sammlungen waren, nicht in dem Zu-
stande, den eigentlich eine Kostbarkeit in schöner Um-
gebung haben sollte, um alle Vorzüge und Reize seiner
ursprünglichen Schönheit zur vollen Geltung und unge-
trübtem Genuß kommen zu lassen. Und hier setzt
die Tätigkeit des Restaurators ein. Erste Bedingung
ist natürlich für ilm Liebe zur Arbeit, denn manches
Gemälde erfordert durch die beim Restaurieren auf-
zuwendende Geduld größte Liebe zur Sache, um etwas
Vollendetes zu erreichen, und zweitenS muß der Aiif-
traggeber volles Vertrauen zu seinem Restaurator ha-
ben und in ihm rticht nur den augenblicklichen Arbeiter
sehen, sondern den Berater und Freund mit geme'in-
samen Interessen. Denn nur so kann ein Arbeiten
beiden Teilen zur Zufriedenheit werden.
Was kann ich aber von einern guten Restaurator
verlangen? Denn leider wird von vielen Künstlern,
die zwar gute Maler sind, aber deshalb noch lange nicht
die Kenntnisse fiir die richtige Restaurierung eines
Gemäldes besitzen, der Beruf des Restaurators in Miß-
kredit gebracht, und manchem Restaurator ist es da-
durch schon gründlich verleidet worden, seine Bilder
restaurieren zu lassen, so nötig es auch wäre. Wie oft
schon liabe ich Bilder bekommen, die dies auch be-
stätigten, denn was war da durch Uebermalen gesün-
digt worden und nur deshalb, weil dem betreffenden
Maler speziell fiir die Restaurierung eines Gemäldes
das richtige technische Können fehlte, trotzdem er als
moderner Künstler etvvas leisten konnte. Und wie leid
tut es einem manchmal um die gute Leistung eines
alten Meisters, die auf solche Weise ihrer Schönheit
beraubt wurde. In vielen Fällen weiß ja 'zwar der Be-
sitzer alter Gemälde oft garnicht, daß seine Bilder ei-
gentlich restauriert werden müßten, oder wie ich es
auch schon gehört habe, sagte jemand: „Die Bilder
müssen so aussehen, die sind ja alt!“ Doch oft ist
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