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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

DOI issue:
1./2. Märzheft
DOI article:
Zur Kuntschulreform / Kunstauktionen / Vom holländischen Kunstmarkt / Kunstausstellungen / Aus der Künstler- und Sammlerwelt / Frankfurter Kunstmesse / Neue Graphik / Englische Kunstschau / Sargents "Synagoge" zerstört / Kleine Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0216

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Buc KutaftfcbulcefoctTL

In der nachfolgenden dem „Kunstwanderer“ zuge-
sandten Äußerung nimmt der Prästdent der Aka-
demie d e r Kü n s t e zu Berlin Pro-fessor M a x
Liebermann in sehr bemerkenswerter Weise Stel-
lung ziu der viel erörterten Frage der Zusammenlegung
der Hochschule für die bildenden Künste in Berlin und
der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums.

Die Entschließung der Regiierung bezügiich der Durchführung
der Kunstschulreform, insbesondere die Maßnahme der räumlichen
und organisatorischen Vereinigung der Hochschule 'für die bildenden
Künste und der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums, hat
in Künstlerkreisen hochgradige Erregung hervorger.ufen In der
Presse wurden an die Regierungsimaßnahmen Folgerungen geknüpft,
die den Tatsachen nicht nur nicht entsprechen, sondern ihr schnur-
stracks entgegenlaufen, als ob die bisherige Hochschule für die bil-
denden Künste ednfaoh von -der Kunstgewerbeschule aufgesogen
werden sollte. Daran ist nie gedacht worden und kann nie ge-
dacht werden. Da mein Name in Verbindung mit diesen Gerüohten
genannt w.urde, fühle ich mich veraniaßt zu erklären, daß ich mich
mit den Entschließungen der Regierung in voller Übereinstimmung
befinde (was mir leider in meinem langen Leben selten passiert
ist). Und als Präsident der Akademie der Kiinste bereitet es mir
besondere Genugtuung, daß in dem Plan der Neuregelung die staat-
liche Kunstverwaltung der Akademie den Einfluß auf den gesamten
Kunstunterricht, den sie früher gehabt -hat und der ihr zukommt,
wieder sichern will.

Warum der Lärm? Daß gespart werden muß, wird niemand
bestreiten. Jetzt kommt es darauf an, nicht 25°/o mechanisch ab-
zustreichen, sondern aus der Not eine Tugend zu
machen, indem ni.ht gespart wird am Notwendigen; sondern am
Lberflüssigen. Die morschen Zweige sollen abgesägt werden, da-
mit der Baurn umso besser sich entwickeln und umso edlere
Frti.hte tragen kann. Das Talent soll gefördert werden durch
Unterdrückung der Talentlosigke.it. Platz dem Tüchtigen!
Ein tüchtiger Handwerker ist besser >als ein mittelmäßiger Kiinst-
ler. Qualität nicht Quantität! 1797 schreibt Freiherr
von Heinitz an Friedrich Wilhelm II.: ... nicht sowohl lauter
eigcntlLhe Künstler (als Maler etc.) durch die Akademie anzu-
ziehen, weil deren zu große Zahl dem Staat, der sie nicht alle be-
schäftigten und ernähren kann, im Grunde mehr schädlich als nütz-
lich ist.“ Die Kunstgewerbeschule so.ll ebensowenig eine höhere
Schule für Kuns.t werden wie die jetzige Hochschule nicht zu
einer Kunstgewerbeschule werden soll. Das wesentliche beider
Schuten soll, obwohl sie räumlich und organisatorisch zusammen-
gelegt werden, erhalten bleiben.

In der Unterstufe der neuen Kunstschule soll ;in streng ge-
regeltem Unterricht eine allgeimeine handwerkliche Ausbildung auf
allen Gebieten der Künste vermittelt werden. Die Oberstufe soll
in Meisterateliers — um diese Bezeichnung beizubehalten — dem
Schüler die eigene künstlerische Ausbildung geben: nicht durch
Unterricht, da Kunst weder gelehrt nocli gelernt werden kann,
somdern durch Ausbildung der speziellen Befähigung. S i c h
selbst zu finden, dazu soll der Lehrer dem
S c h ü 1 e r b e h i 1 f 1 i c h s e i n.

Der b-estgemalte Studienkopf ist kein Porträt: zu der Wieder-
gabe der äußeren Natur muß die Wiedergaibe der inneren Natur
des Malers sich gesellen, seine Persönlichkeit. Den Übersetzungen
der Natur muß der Künstler den Sfempel s e i n e r Natur auf-
drücken. Die Ausbildung der Pe r-s ö n 1 i c h k e i t der Schüler
'ist also die Aufgabe der oberen Stufe, und diese Ausbildung kann
keine systematische sein, sie kann sich nioht anders als auf durch-
aus freier Grundlage vollziehen. Der Lehrer soll Berater
des Sohülers werden. Und in -der strengen Selektion, die
erst durch eine genaue Kenntnis deis Charakters möglic.h w-ird,
scheint mir -das w i c h t i g s t e zu 1-iegen. Die manuellen, tech-
n-ischen Fäbigkeiten -sollen in der unteren Stufe erworben .sein, aber
über d-ie gei-stigen —• un-d von ihnen hängt alles ab —soll dre obere
Stu-fe entscheiden. Erst in ihr w-ird es sic-h zeigen, ob der Sc-hüler

etwas Eigenes in künstler-ischer Form auszudrücken- vermag,
ob der Dä-mon ,, K ü n -s 11 e r “ in ihm steckt.

Ich bin mir wohl bewußt, daß auc-h die bestgeme-inten Maß-
nahmen in ihrer Auswirk.ung abhängig sind von der praktischen
Durchfüihrung; besonders -in Kun.stan-gelegenheiten können sie nur
dan-n von Vo.rteil sein, wenn der richtige M-ann an die rich-tige
Stelle gesetzt wird. Dann erst w.ir-d das Neugeschaffene seinen
Zweck richtig erfüllen. I-n ein-em iseiner -Br-iefe schreibt L i c h t -
w a r k schon vor mehr als zw-anzig Jahren „Ist sich d-ie Schule
klar, daß sie niciht ihrerselbst willen -da ist, sondern der Volks-
wirtschaft zu dien-en hat?“

Max Liebermann.

Kuulfauktionetu

Bcrlin.

Am 1. April und folgende Tage fin-det in Rudolph Lepke’s
Kunst-Auctionsddaus ein-e Versteigerung von Antiquitäten
statt. Sie bringt -ei,ne Anzahl guter alter Möbel von der italie-
nischen Renaissance an bis zur Biedermeierzeit. Unter -den plasti-
schen Arbeiten befimdet sic-h eine schöne Holzgruppe der italiie-
mischen Renaissance-Arbeit: „Herakles mit dem Stier“, ferner ver-
schiedene Holzfiguren -des 15. bis 18. Jahrhunderts. Unter den
m-o-dernen sei -die , Reiten-de Amazone“ von Stuck und ein-e „Kin-
derfigur“ von Kraus besonders erwähnt. Die Keramik — Por-
zellane, Fayencen und Steinzeug — ist reich vertreten. Unt-er den
Met-allarbeiten werden verschiedene gute Goldschmie-dewerke -und
-dekor: tive Bronzen der Empire-Zeit, Werke der Kleinkunst, Elfen-
bun- und Silberarbeit-en, Dosen u. dgl. mehr, genannt. Daran
s hließt skh eine größere Anzahl Miniaturen aus dem Besitz eine-s
erliner Sammlers. Die Kunst Ostasiens .ist namentlich durch
..eramis.h-e Arbeiten des 18. Jahrhunderts: bunt glasierte Figuren
und Porzellane in -den verschiedensten Ausfü-hrungen vertreten.
M:t den kunstgewe;blichen Arbe-iten kommt auch eine Reihe von
Gemäl-den alter Meister (Italiener, Nie-derländer, Deutsche) zum
Ausgebot. (Ausstellung: Sonntag, -den 30. und Montag, den
31. März, 10—2Uhr.)

*

Am 8. April v-ersteigert Rudolph Le p k e einehervorragen.de
ammlung von Gemälden alter Meister, die ur-sprüng-
'i h aus c.ltem irischen Besitz stammt und vor ca. 60 Jahren nach
Deuts. hland gekc-mmen ist. Diese S-a-mmlung, -die internationalem
Interesse begegnen dürfte, beste-ht im Wesentlichen aus einer An-
zahl vorzüglich-er Werke der hollän-dischen Malerei und au-s einzel-
nen Werken des 18. Jahrhunderts. Von A. v a n Osta.de ist ein
Frühwerk „Eine Bauernschänke“, von der Rembran-dt-Scbule
Lievens mit einem ,Kopf eines jungen Mädchens“ und Pieter
de Gr-ebber mit einer biblischen Historie „Die Auffindung
Moses“ vertreten. Das schönste Stück der Sammlung ist eine
„Junge Frau bei der Toilette“ von Gerard Te r b o r c h. Von den
Gesellsciha'ftsmalern ist Antonie Palamedesz mit einem be-
d-e-utenden Werk besonders zu erwähnen, ebenso ein außerordent-
lich fe-ines Porträt von M o r e e 1 s e , ein solches von B a c k e r ,
Mderevel-d und van d e r H e 1 s t.

Besonders schön sind einige frühe Landschaften, ein großes
Bild von J-an Brueghel -d. Aelt. ein „Paradies“, staffiert von van
B-alen, ein-e Landschaft von Alexan-der Ceirincx ,mit Figuren von
Cornelis Poel-enburgh. Von -den Späteren nennen wir nocb
Frans de Hulst, -Barent Gael, Frans Post und Jan Wynants.

Von den 'italienisieren-den Landsohaftsmalern sind Abr. van
Cuylenburgh, Beerstraten, J-an 'Lingelbach un-d Freredec de Mou-
cheron rmit schönen Bildern v-ertreten; hervorragend sind von -den
Stilleben zwei von Jan van Huysum. D.ie Aussteltung ist geöffnet
von Sonnabend, den 5. bis Montag, -den 7. April von 10—12 Uhr.

*

In der Auktion von Gemälden neuerer Meister, die
am 4. und 5. März bei Lepke stattfand, brachten: Oswald A c h e n -
bachs „Nemisee“ 9000 Mark, Hosemanns „KegeLGesell-
schaft“ von 1860 3400 Mark, das von Hosemann gemeinsam mit

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