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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

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1./2. Januar
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Strauss, Rudolf: Prager Bibliophilen
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Szkolny, Felix: Kunstrechtliche Zeit- und Streitfragen, [1]: Kunst und Verkehrssitte
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0146

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chischer Sprache trägt. Jedenfalls einerseits ein Zei-
chen hoher Buchkultur, andrerseits, wie der Verfasser
aktuell bemerkt, die höhere Schweiz in Ehe und Biblio-
philie. In getreuer Nachbildung sind in dem Werk zum
Teil in Versen verfaßte deutsche Flugblätter so'wie cha-
rakteristische Abbildungen aus jener Zeit gebracht, die
neben künstlerischen Portraits der Hingerichteten, zum
Beispiel Aegidius Sadeiers, interessanterweise bunteste
Abstufungen aufweisen, von der präzisen Darstellung
der verschiedenen Exekutionstadien durch einen orts-
kundigen Augenzeugen bis zu den einfachsten, für Jahr-
marktszwecke bestimmten, rohen Holzschnitten ohne
jede Ortskenntnis. Der Herausgeber verbindet sie
mit historischen und kulturellen Ausführungen, zu

denen ihn seine wissenschaftliche Kenntnis der Epoche
wie keinen anderen in Stand setzte. Die damaligen Er-
eignisse haben iibrigens durch den Umsturz in der
Tschechoslovakei erhöhte Bedeutung dadurch gewon-
nen, daß mehrfach Maßregeln der letzten Jahre, so na-
mentlich die Bodenreform, zielbewußt an sie anknüpfen.

Die genannten Pragensia - Bände sind in je
300 Exemplaren bei A. Haase, Prag, vorbildlich ge-
druckt und nur für Mitglieder der Geseilschaft deutscher
Bücherfreunde in Böhmen *) erhältlich.

*) Der Jahresbeitrag der Mitglieder dieser Gesellschaft be-
trägt 100 Kc. Anmeldungen sind an Dirdktor Dr. Lothar Morecki,
Prag II, Stepänskä ul 49 zu richten.

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Über diese Materie wird Justizrat Dr. Felix Szkolny
in Berlin von Zeit zu Zeit im „Kunstwanderer“ Aufsätze
veröffentlichen, die nicht nur die Sammler, Kunstfreunde
und Kunsthändler, sondern auch die Künstler und die
Kunstwissenschaft interessieren dürften.

I lbgleich jede Rechtsordnung als der Niederschlag
des rastlos strömenden staatlichen, wirtschaft-
lichen und gesellschaftlichen Lebens die Tendenz zeigt,
über die jewe'ilige Gestaltung hinaus zu drängen, wirkt
sie vertnöge ihrer geschichtlichen Bedingtheit, ihres
Zwanges und ihrer formalen Struktur in vielen Be-
ziehungen mit der Starrheit und Unerbittlichkeit eines
Mechanismus. Darauf beruht es, daß sie, auf den
Durchschnitt gegründet, dem individuellen Erfordernis
des einzelnen Falles oft Zwang antut, ja bisweilen ver-
hängnisvoll werden kartn. Sie muß daher selb'st die
Möglichkeit schaffen, daß innerhalb ihrer Grenzen den
Individuen und Gemeinschaften ein Spielraum zu selb-
ständiger Entwicklung ihrer Kräfte verbleibt. Aus
diesem Grunde erkennt das Gesetz die Verkehrssitte,
oder wie man zu sagen pflegt, die U s a n c e , wenn
auch nicht als Rechtsquelle, so doch als Rechtsfaktor
an und schreibt ihre Anwendung vor. Nach § 157 des
des Bürgerlichen Gesetzbuches sind Verträge so aus-
zulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die
Verkehrssitte es erfordern. § 242 desselben Gesetzes
verlangt, daß auch bei der Feststellung der Le'istungs-

pflicht des Schuldners die Verkehrssitte zu beachten
ist. Nach § 346 des Handesgesetzbuches ist unter
Kaufleuten auf die im Handelsverkehr geltenden Ge-
wohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen.

Die Verkehrssitte ist der lebendige Springquell des
Fortschrittes. Im Gegensatz zu der Zähigkeit und
Schwerfälligkeit des geschriebenen Rechtes vermag sie
sicli den wec'hselnden Verhältnissen anzupassen. Daß
sie auf schwankendem Grunde ruht, ist ihre Recht-
fertigung. Usance ist, was i m Verkft.hr b e i G e -
schäften gewisser Art tatsächlich Re-
gel ist. Die Verkehrssitte kann auf bestimmte Per-
sonenkreise, z. B. Kaufleute, beschränkt sein. Soweit
sie gilt, muß sie auch derjenige gelten lassen, dem sie
unbekannt ist. Denn es ist ein Erfordernis der Rechts-
sicherheit, daß die Vertragspartei eine Erklärung so auf-
fassen kann, wie es der Übung der betreffenden Kreise
entspricht. Eine Anfechtung wegen Irrtums wird wohl
nur selten in Frage kommen.

Diese Macht und Eigenart der Verkehrssitte for-
dern aber auch, wenn nicht der Willkür das Tor ge-
öffnet werden soll, eine zweifelsfreie Fest-
s t e 11 u n g ihrer Existenz. Der Nachweis wird nicht
immer leicht zu führen sein, denn es muß eine gleich-
förmige, allgemeine in den beteiligten Kreisen inne-
gehaltene Übung vorliegen, die daher auch eine ge-
wisse Dauer bedingt. Manches wird als wünschens-

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