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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

DOI Heft:
1./2. Dezemberheft
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Bode, Wilhelm von: Vandyke über Rembrandt
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0105

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Herausgeber: /XdOlptl DOHÜI f 1

7ahrgang i$23 1/2. Dezemberhefl

Üatadyke Cibeü Rembüandt

troti

lÜUbHtn üon Bode

\/andyke über Rembrandt. Aber nicht Anton van
v Dyck! Ein Wort dieses großen Zeitgenossen iiber
Rembrandt wäre uns wertvoller ge'wesen als dieses
dicke Buch, das ein Namensvetter des alten Meisters
unter dem Titel „ R embrandt a n d h i s s c h o o 1 “
in New York herausgegeben hat. Es hat den Erfolg
gehabt, daß die Kabel um die ganze Welt davon gesun-
gen haben — ein Erfolg, den ein ernsthaftes Werk iiber
Rembrandt gewiß nie gehabt hat und nie haben wird.
Um die Zeitungen iiber einen alten Künstler so in Auf-
regung und Unkosten zu versetzen, bedurfte es schon
einer recht abenteuerlichen Aufstellung, die alle bis-
herigen Ansichten über diesen am meisten gefeierten
Künstler über den Haufen werfen soll.

Der Kunsthistoriker Vandyke ist in Amerika kei-
neswegs ein unbekannter Mann, der einer großen Sen-
sation bediirfte, um seinen Namen zu lancieren. Seine
kunstästhetischen Schriften sind drüben viel gelesen,
namentlich sein Buch: „New Guides to old masters“.
Aber ich fiirchte, daß dies sein Werk iiber Rembrandt
auch die Zuversicht seiner Landsleute driiben und seine
Berechtigung, andere Leute iiber die Art, Kunstwerke
zu betrachten und zu beurteilen, stark erschiittern wird.
Der Gelehrte aus Princeton hat die löbliche Absicht, die
Kenntnis des wahren Rembrandt dadurch zu fördern,
daß er sein Malerwerk von allen Schulbildern, Nach-
ahmungen und Fälschungen säubert. Vor seiner Kritik
bestehen nur etwa 40 Gemälde als Originale, während
die letzten Veröffentlichungen von Dr. Hofstede de
Groot und von Dr. W. Valentiner sein Oeuvre schon
iiber 700 Gemälde gebracht zu haben glaubten. Bereits
vor fast einem Mensc'henalter hat sich die Welt schon

einmal in ähnlicher Weise iiber einen Angriff auf Rem-
brandt und sein Werk aufgeregt; aber damals solite
der Künstler als solcher iiberhaupt entthront werden:
ein gewisser Lautner erklärte ilm für einen bloßen
Unternehmer, der Ferdinand Bol fiir sich malen ließ
und dann seinen Namen auf die Bilder setzte und die
Gelder dafür einstrich. Es dauerte Jahr und 'ßag, bis
sich iiber diesen Unsinn, der mit dem größten Selbst-
bewußtsein und unter der ktihnen Behauptung, daß sich
bei genauer Untersuchung auf den Bildern die echte
Bezeichnung F. Bol erkennen iieße, die fiir Kunst inter-
essierte Welt beruhigte und an ihren Rembrandt wieder
glaubte.

Der Fall Vandyke—Rembrandt ist eigentlich ein-
facher und scheint auf den ersten Blick auch weniger
gefährlich als der Fall Lautner—Bol zu sein schien.
Prof. Vandyke leugnet keineswegs die Bedeutung Rem-
brandts: im Gegenteil, er will dessen Überlegenheit
iiber alle Maler noch dadurch heben, daß er sein
„Oeuvre“ von den zahllosen Schulbildern, Nachahmun-
gen, Schund und Fälschungen reinigt, die jetzt seiner
Meinung nach den weitaus größten Teil des ihm Zuge-
schriebenen Oeuvres ausmachen. Nicht 700 Gemälde,
wie Dr. Valentiner angibt, auch nicht 500, wie der
iirgste Ske'ptiker Dr. Martin will, sondern nur 40 Bilder
darunter sind wirklich Originale von Rembrandt! So
will Prof. Vandyke. Und das dekretiert er keineswegs
bloß vom grünen Tisch in Wild-West, sondern er liat
anscheinend in allen Museen und größeren Privatsamm-
lungen nach den Rembrandt zugeschriebenen Bildern
und sogar nach denen seiner Schüler seit Jahrzehnten
Umschau gehalten. Er gibt auch nicht nur das Ver-

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