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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

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1./2. Mai
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Engelmann, Max: Das Horologium Mirabile Lundense
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Szkolny, Felix: Kunstrechtliche Zeit- und Streitfragen, [2]: Kunstverleger und Graphiker - Steuerfragen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0277

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bilder für die vier Weltpfeiler und die vier Himmels-
richtungen, stehen zu dem kosmischen System der Uhr
in e'benso sinnvoller Beziehung, wie die Zwischen-
gruppe der Huldigung derWeisen aus dem Morgenlande
vor der thronenden Himmelskönigin mit dem Christ-
kinde. In den heiligen drei Königen neigen sich die
Völker der Erde vor dem Herrn, der Himmel und Erde
regiert.

Bei dieser Automatengruppe des Huldigungszuges
hielten sich die Restauratoren ebenfalls getreulich an
die älteste Beschreibung des Mogens Madsen. Auch
die nahezu gleichzeitige erste Münsteruhr in Straßburg
besaß diesen Huldigungszug. Zu jedcm Mittagsschlag
beginnt das Spiel, des'sen Ursprung wir in den mittel-
alterliehen kirchlichen Mysterienspielen zu suchen
haben. Ein Herold klopft an die Tür links von der
Maria; Fanfarenstöße ertönen von den beiden vor den
äußeren Nischen stehenden Posaunenbläsern. Die Wei-
sen, begleitet von ihrem Gefolge, wenden sich in ihrem
Vorbeizug vor der Gottesmutter und verneigen sich
huldigend. Dieses Spiel geht unter dem alten Hymnus:
„In dulci jubilo, nu singet und seid froh‘‘ vor sich.4)

Mit jedem Uhrschlag betätigt sich die als Bekrö-
nung des Lunder Werkes angebrachte Turniergruppe.

4) Von den ältesten erhaltenen Mechanismen gleicher Dar-
stetkmg wurde derjenige am Uhrturm zu Venedig (gegen 1500 er-
richtet) laäs mechamsches Vorbild gewählt. Eine ganz ähnliche
Automatentechnik besitzt die älteste erhaltene deutsche Krippe
von Hans Schlottheim, Augsburg um 1585, im Mathematischen
Salon in Dresden. Sie-he „Kunstwanderer“ 1921, 1. Dezemberheft.

Sie ist eine Neuschöpfung und entstammt, wie verschie-
dene Plastikarbeiten an der Uhr, der Hand des schwe-
dischen Künstlers Anders 0 1 s o n. Dieser Auto-
mat lehnt sich an ähnliche alte Vorbilder an. So schuf
Isaak Habrecht an der Rathausuhr zu Heilbronn zwei
gegeneinander stoßende Widder, in Roskilde finden wir
einen kämpfenden Ritter Gorg, und das Münchner Rat-
haus besitzt ein der Lunder C.ruppe ganz ähnliches,
gleichfalls in der Neuzeit errichtetes Turnierstechen.
Wahlin bezeichnet diese Gruppe als „Jaquemarts“.
Nachi meiner Auffassung sind nur die wirklichen
Glockensohlagfiguren so zu benennen, ganz abgesehen
davon, daß diese Turniergruppe räumlich weit von den
Glocken entfernt ist. Dijon besitzt die älteste dieser
überaus volkstümlieh gewordenen Schlagfiguren. Mehr-
fach findet man sie auch noch von mittelalterlicher Her-
kunft in England. Der Begriff „Jaquemart“ leitet sich
wohl am ungezwungensten von dem Attribut solcher
Figuren, dem Hammer, her, „Jaques Marteau“ wurde
im Argöt zum „Jaquemart“. Die von verschiedenen
Historikern vertretene Ableitung von „jaccomachiadus“
oder von der „jaque“, dem anliegenden Militärrock,
dürfte weniger stichhaltig sein.

Das Lunder Wer'k ist als eins der ältesten erlial-
tenen Uhrwerke seiner Art zu betrachten. Mit der
Wiederherstellung dieses Kompendiums der astrono-
mischen, kirchlichen und bürgerlichen Zeit- und Ka-
lenderrechnung des Mittelalters setzte sich Schweden
ein Denkmal, gleichbedeutsam für seiu lebhaftes kul-
tur-, volks- und kunstgeschichtliches Fülilen.

Kunüt’ecbtttcbe 2ettc und Stveitfvagen

Kunßoet’Icget? und Qt?apbtKet? — Steuet?ft?agen*)

oon

fctix Sskotny

or dem Krtege haben die Graphiker häufig mit
’ Kunstverlegern Verträge abgeschlossen, in denen
sie den Kunstverlegern das Urheberrecht an einem
graphischen Werke, namentlich an Radierungen, gegen
eiine bestimmte Summe übertrugen und sich gleioh-
zeitig verpflichteten, die Künstlerdrucke hand-
schriftlich ohne besondere Entschädigung
zu unterzeichnen.

In der letzten Zeit haben sich die Künstler nun
wiederholt geweigert, diese Signierung vorzunehmen.
Sie stellen sich dabei auf den Standpunkt, daß infolge
der Umgestaltung der wirtschaftlichen Verhältnisse
während des Krieges und nach dem Kriege ihnen nicht
mehr zugemutet werden könne, auf unbestimmte Zeit
hinaus eine beliebige Zahl von Künstlerdrucken kosten-

*) Juslizrat Dr. Felix Szkolny hat dies-e Serie von Aufsätzen,
die er für de-n „Kunstwanderer“ schreibt, in unserem Jan-uar-
Doppelheft begonnen.

los zu signieren, auch handle es sich vielfach um
Jugendarbeiten, deren Signierung dem Rufe des Künst-
lers, der sich inzwischen entwickelt habe und damit
auch seinem wirtschaftlichen Fortkommen schaden
würde. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß dieser
Standpunkt der Künstler auf die bekannte clausula
rebus sic stantibus hinausläuft, die vor dem Kriege nur
noch einer „ehrenvollen Erwähnung“ in den Lehr-
büchern des bürgerlichen Rechtes gewürdigt worden
war, infolge der wirtschaftlichen Umwälzung aber eine
fröhliche Auferstehung gefeiert hat. Die Kunstverleger
häben diesen Standpunkt der Künstler nicht anerkannt,
sondern die Frage zur gerichtlichen Entscheidung ge-
bracht. Diese Prozesse sind, soweit mir bekannt ge-
worden ist, in allen Instanzen zu Ungunsten der Künst-
ler entschieden worden. Die Einwände der Künstler
sind in der Tat nicht stichhaltig, zunächst kann keine
Rede davon sein, daß dem Künstler zugemutet wird.
er solle in alleEwigkeit Abzüge von der Platte kostenlos

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