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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

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1./2. Mai
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Dresdner, Albert: Der Begründer der norwegischen Kunst
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Neues aus der Museumswelt / Kunstauktionen / Kunstausstellungen / Sammlung Glückstadt Kopenhagen / Die Frankfurter Bilder / Vom holländischen Kunstmarkt / Schweizerische Kunstchronik / Londoner Kunstschau / Aus der Künstlerwelt / Moderne Geigenbaukunst / Neue Graphik /  Neue Kunstbücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0282

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Bilder im Ganzen organisch nennen: es sind nicht ro-
mantische Schauspiele, sondern natürliche Lebensfor-
men der Landschaft. In einem Meisterwerke, wie der
„Birke im Sturm“ von 1849 steigert sich Dahls Natur-
schilderung bis zur Höhe des Symbolischen: so wie
diese Birke, zäh im kargen Felsboden eingewurzelt,
hoch iiberm Abgrunde dem wild an ihr reissenden
Sturme standhält, so hat Björnson in Norwegens Na-
tionalhymne das Land selbst charakterisiert, das „zer-
runzelt und wetterzerbissen aus dem Wasser“ auf-
steige.

In den Erinnerungen von Ludvvig Richter, von
Friedrich Preller und Louis Gurlitt klingt noch das
gewaltige Aufsehen nacli, das Dahls „schlagende Natur-

wahrheit“ unter der deutschen Kiinstlerjugend erwcck-
te. Daß sein Einfluß auf Blechen und iiber ihn wohl
auch auf Menzel gewirkt hat, ist besonders durch Kern
wahrscheinlich gemacht worden; er wäre vermutlich
weiter gedrungen, wäre der Dresdener Lehrstuhl fiir
Landschaftsmalerei ihm und nic'ht Ludwig Richter
iibertragen worden. So blieb Dahls Lehrkraft, die ge-
rade darnals fiir die deutsche Kunst hätte etwas be-
deuten können, unausgenutzt, und diese seine Isolie-
rung wird dadurch fast ins Tragische gesteigert, daß
er auch in seiner Heimat keine Scbule hat bilden und
einen entscheidenden Einfluß auf die fernere Entwick-
lung der norwegischen Kunst nicht hat gewinnen
können.

Edvard Munch
Bei Naaht
Radierung

Aussteilung

bei

Heinrich Trättler
Frankfurt am Main

JHeues aus dec jYlufeumsiüelt

Heffifcbß Nufeumsplänß.

Seit einigen Wocheri tobt in Anhalt, zumal in Dessau, ein
heftiger Streit. Das anhaltische Staatsministerium hat denr Land-
tag eine Vorlage zur Errichtung eines Landesimu'seurns für Kunst
und Kunstgewerbe vorgelegt. Man wird sicli erinnern, daß im
Januar 1922 das Friedrich-Theater, das ehemalige Hoftheater, in
Dessau bis auf die Vorhalle und den dahinter gclegenen Konzert-
saal durch Brand völlig vernichtet wnrde. Übcr zwei Jahre sind
seither vergangen, dem Theater ist in der ausgebauteri herzog-
lichen Reitbahn ein provisorisches, immerhin hn allgemeinen glän-
zendes neues Heim bereitet worden, die Ruinen in der Kavalier-
straße stehen immer noch, der Platz liegt völlig brach. Die Vor-
lage des anhaltischen Staatsministeriums geht nur dahin, die Kunst-
halle (ein 1901 zu diesem Zwecke ausgebautes Gebäude des 18.
Jahrbunderts) an einen Dessauer Geschäftsmann zum Prcise von
275 000 Mark zu verkaufen und mit diesem Gclde auf dem Platze
des abgebrannten Theaters das Museum zu erric.hten. So- würde
auf der alten Kulturstätte sicli eine neue erheben und die prächtige
kliassizisische Fassade würde einer neuen Bestinununig d.ienen.
Gegen diese Pläne wird nun von den manniigfacnsten Seiten oppo-
niert und Sturm gelaufen. Das Herzogliche Haus Anhalt und mit
.ihim die Rechtsparteien des Landtages wünschen das Theater
wieder auf dem alten Platze neu erstehen zu lassen, etwas, was
amgesichts der tiberaus ungünstig engen Ptatzvcrhältnisse (die sjcli
beim iBrande furchtbar gerächt hiaben) aus baupoHzeilichen C.riin-
den niemals erlaubt werden darf umd .auch me erlaubt werden
wird. Der Streit hat im Parlament zu lieftigen .Debatten geführt,
da man beiderseits die Din.ge zu sehr mit Politik verbrämt hat und
außerdem hatte das Herzogliche Haus den anhaltischen Staat ver-
klagt, doch ist eine gütliche Einigung in der Theaterfrage erfotgt,

wodurch das Gelingen der staatlichen Museumspläne erhofft
werden kann.

In diescrn Streit in Parlament und Presse ist die betrüblichste
Erschein.ung, daß immer wieder erklärt wird, die Schaffung eines
Museums sei keine dringende Notwendigkeit, man solle lieber
Wohnungen bauen. Dagegen ist sohärfste Verwalirung einzu-
legen, das anhaltische Landesmuseuim ftir Kunst und Kunstgewerbe
muß dringend gefordert werden. Anhalt ist ein an nlte.n Kunst-
schätzen reiches, im Verhältnis zu seiner Größe sogar sehr reiches
Land, Das Herzogliclre Haus hat durch Erbschaft und Kauf in
friiheren Jahrhunderten reichen Kunstbesitz erworben, der teil-
weise heute seit 1918 der Kulturstiftung gehört. Andere Stiftungen,
wie die Amatienstiftung in Dessau, liaben gleichfalls wertvolles
Kunstgut geeribt uud die Stadt Dessau hat eine zwar an sich un-
bedeutende, aber docli schließlich vorliandene Sammliung neuerer
Kunst in Besitz.

All diese Scliätze sind im Lande zerstreut: in Dessau an ver.
schiedenen Stellen, ,in Wörlitz desgleichen und sonst in Schlöss'ern.
Umd vor allem: die Art der Aufbewahrung ist in mehr a'ls einer
Hinsicht zu beanstanden. Im Gebäude der Dessauer Amalienstif-
tung hängen die Bifder so gut wie systemlos, schlecht belichtet und
wahllos Gutes Erstklassiges neben absoluter Dutzendware, im
Gotischen iHause in Wörlitz ist teilweise dasselbe zu beobachten,
wozu noch die Schäden durch Feuchtigkeit und Kälte kominen.
Das alles im Verein mit einer gewissen Umständliciikeit, die der
Besichtigung entgegensteht, hat dazu geführt, daß einmal dieser
wertvolfe Kunstbesitz nieht in dem erwünschten Maße der kunst-
freudigen Öffentlichkeit wie auoh der Wissenschaft zugängig ist

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