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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

DOI Heft:
1./2. Dezemberheft
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Schottmüller, Frida: Italienische Möbel
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0109

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1/ unstwerke von gleicher Qualität sind wic Mitglieder
einer Gesellschaftsschicht. Sie mögen Gemälde
oder Teppich, Keramik oder Bildwerk heißen, in den
meisten Fällen vertragen sie ein nahes Beieinander,
während Arbeiten von geringerer Güte in ihrer Nähe
wie unberufene Eindringlinge erscheinen. Hochwertige
Schöpfungen können hingegen aus ganz verschiedenen
Ländern und Zeiten stammen und passen doch zu ein-
ander; nur darf ihr Stil nicht ganz entgegengesetzte
Tendenzen zum Ausdruck bringen, uird eine freiwillige
Unterordnung ist hier — wie sonst auch unter C.leich-
gestellten — Voraussetzung der Harmonie. Ein zartes
Gemälde verträgt die Nähe von Einrichtungsstücken
mit eigner Sprache, Bilder mit starken Form- und Far-

Erst zu Ende des Mittelalters hatte die Arbeits-
weise des Zimmermanns wieder der edleren des
Schreiners Platz gemacht, der es verstand, bei Mate-
rialersparnis und leichterem Gewicht dieselbe Festig-
keit wie sein älterer Kollege zu erreichen. Sehr nahe
liegt ein Vergleich mit dem romanischen und gotischen
Baustil. Auch hier vermochte die neue Zeit mit einem
Bruchteil des Werkstoffs größere Stabilität und rei-
chere Wirkungen zu erzielen durch die gesteigerte und
verfeinerte Arbeit.

Zu Beginn der Frührenaissance ist das italienische
Möbel — Truh'e und Tisch, Stuhl und Bett waren damals
die wesentlich gebrauchten — aus derben Brettern zu-
sammengefügt; ihr Schmuck sind Kerbschnitt mit

Abb. 1. Florenz 15. Jahrh. Truhe mit Malerei und Stuckreliefs. National-Museum Florenz

benkontrasten erfordem hingegen die Nachbarschaft
strenger schlichter Möbel als volle, aber monotone Be-
gleitung.

Auch in der italienischen Renaissance ist das die
Regel gewesen. Als der Wandschmuck noch ohne
kräftige Plastizität die Flächen teppichmäßig füllte, war
das Mobiliar vergoldet und reich bemalt oder mit Holz-
intarsien und Beineinlagen reich geschmückt, oder
buntfarbige Tücher verbargen das grobgearbeitete
Holzwerk. Aber dies ward einfarbig belassen und blieb
massiv bei reicher und stärker betonter Gliederung, als
das Bild an der Wand eine laute, volltönende Sprache
zu reden begann. Der besondere Wert des italie-
nischen Möbels liegt ferner nicht zuletzt in seinem Zu-
sammenhang mit primitiver Formgestaltung und der
raschen Entwicklung zu verfeinerter Technik ganz aus
dem Handwerklichen heraus.

Flächenmustern oder buntfarbige Malerei und bei
prächtigeren Stücken bemalte oder ganz vergoldete
Auflagen aus reliefiertem Stuck. Wahrscheinlich ist
diese letztgenannte Technik als Nachahmung der kost-
bareren Verzierung durch getriebene Metallplatten ent-
standen, wie bei kleinen Kästchen weißliche Reliefs aus
Reismasse damals Elfenbein imitierten. Auch Bespan-
nung der Kastemnöbel und Stühlsitze durch Leder oder
Webstoffe scheint in jener Zeit schon vorgekommen
zu sein.

Bald aber erwuchs aus der Schreinerarbeit, der
Berechnung von Druck und Gegendruck bei Rahmen-
werk und Füllung eine materialgemäße Flächenteilung,
wie sie so ausdrucksvoll durch Schnitzerei nicht zu er-
reichen war und auch vordem nie angestrebt worden
ist. Denn das ästhetische Bedürfnis erwuchs auch hier
aus der Technik und der Erkenntnis der zweckmäßig-

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