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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

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1./2. Dezemberheft
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Schottmüller, Frida: Italienische Möbel
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0110

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Abb. 3. Toskana nacli 1500. Klosterschrank mit Intarsien

sten Form. So sicherte man die diinnen Bretter am
Rand durch schmale Leisten, und aus ihnen entstanden
in weiterer Ausgestaltung die rahmenden Profile. Von
den Einlagen einfacher Kandlinien aus hellerem Holz
gelangte man allmählich zu irnmer reicherem Intarsia-
dekor. Um 1500 dürfte auch die Zurichtung gebogener
Hölzer möglich gewesen sein. Die Truhe kam dadurch
von ihrer bisherigen Grundform, dem rechteckigen
Kasten los; und im sogenannten Sävonarolastuhl feierte
die neue Technik ihre ersten Triumphe. Auf Fournie-
rung größerer Flächen hat man damals fast durch-
gehends verzichtet; obwohl Bemalung und Stuckbelag,

Leder- und Sammetbcspannung immer seltener Ver-
wendung fanden. Man hatte die Schönheit des Holzes
entdeckt, und ließ sie dunkelgebeizt und stark ge'wachst
zur C.eltung konnnen. Waren frühcr verschiedene Hoiz-
arten verwendet worden, seit dem Ausgang des 15.
Jahrhunderts, steht Nußbaum mit seiner feinmaserigen,
festen Struktur durchaus an erster Stelle. Diskrete Ver-
goldung wird auch in seinen Schnitzereien gelgentlich
angebracht, aber sie erhöht nur den Reiz der warm-
braunen, mattglänzenden Fläche, die bei guter Erhal-
tung fast die Schönheit von alter Bronze hat. —

Die Entwicklung des italienischen Mobiliars ist frei-
lich nicht ganz aus der Holzbearbeitung zu erklären;
die Architektur hat schon früh zunehmenden Einfluß auf
die Schwesterkunst gewonnen. Man darf nicht ver-
gessen, daß dieselben Künstler — nur an Giuliano da
Maiano und Michelangelo sei hier erinnert — Paläste,
Kirchen und ihre Innenausstattung entworfen haben.
Säulen und Baluster, Hermen und Gebälk finden seit
Ausgang. des 15. Jahrhunderts aucli beim Möbel Ver-
wendung; Einstab und Zahnschnitt, Fratzen, Wappen
und andere Motive der Steindekoration, ja große figtir-
liche Reliefs und freiplastische Bildnereien muß der
Holzschnitzer hier anbringen. Er besaß aber ein siche-
res Gefiihl fiir die Art seines Werkstoffs und paßte die
jeweilige Aufgabe ihm an, so gut, daß man die Herkunft
vieler Motive aus einer andern Technik übersie'ht. Auch
das ist ein Beweis für die hohe Blüte der damaligen
ital-ienischen Kultur.

Zu Anfang der Epoche war die Truhe das Univer-
salrnöbel im italienischen Haus; ja noch in den Inven-
taren des 16. Jahrhunderts überwiegt ihre Zahl be-
trächtlich gegenüber allen anderen Einrichtungsstücken.
Etliche von ihnen umgaben die breite Lagerstatt, andere
begleiteten wie ein niedriger Soc'kel ringsum die
Wände, dienten zum Sitzen und Liegen, sowie zur Auf-
bewahrung von Wäsche, Kleidern und Gerät; und die
derberen waren als Reisebehältnis unentbehrlich. Die
reichsten unter ihnen aber sind die Hochzeitstruhen
gewesen, die mit Heiratsgut gefüllt die Jungvermählten
in die neue Heimat begleiteten. Ihr Schmuck läßt oft
diese besondere Bestimmung erkennen, sei es durch
das Wappen der Ehegatten oder durch Symboie Dar-

Abb. 2. Florenz utn 1550. Truhe mit Schnitzerei. Besitzer: Herrmann Gerson, Berlin
 
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