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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

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1./2. Mai
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Friedländer, Max J.: Das Jubiläum der National Gallery in London
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0271

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Herausgcber: iVdOlpri DOHQtP

1./2. Mai Ucft

Das lubüäum dev JHational Qaüccy in London

uon

jvtax l, fviedländet

Geheimrat Dr. Max I. Friedländer, der Direktor des
Kupferstichkabinetts Berlin, der sich unter den offiziell
eingeladenen deutschen Autoritäten bei der Hundertjahr-
feier der National Ga’llery än London befand, hatte die
Freundtichkeit, auf die Bitte des „Kunstwanderers“ nach-
stehenden Aufsatz iiber das Jubiläum zu schreiben.

\\ / ürdig und ohne Aufregung hat man in London den
* * Geburtstag der National Gallery gefeiert. Hun-
dert Jahre besteht dieses Museum und fst in all der Zeit
ununterbroohen gediehen und gewachsen. Mit berech-
tigtem Stolze blickt die Gemeinde der englisohen
Kunstfreunde auf das Erreichte und mit Vertrauen in
die Zukunft. Zu übertreffen an Quantität, Qualität und
Universalität ist diese Galerie nicht mehr. Amerika
mag mit iiberlegenen Mitteln den europäischen Kunst-
besitz noch so arg bedrohen: von den Errungensehaften
britischer Sammelpassion ist im Laufe eines Jahr-
hunderts so viei der National Gallery zugeflossen durch
Erbschaft, Zuwendung und Ankauf, daß keine Stadt in
der neuen Welt hoffen kann, ein Biidermuseum von
dieser Bedeutung zu erlangen, wie sich auch immer die
Geldmacht und die Generosität der Amerikaner noch
steigern mögen.

Man hatte Museumsleute aus aller Welt zu der
Feier nach London geladen und beging den Tag nach
englischer Sitte durch ein offizielles Dinner, unter dem
Vorsitze des Premierministers Ramsay Macdonald.
Gefolgt waren der Einladung zwei Herren aus Frank-
reich, nämlich der Direktor der Gemäidegalerie des
Louvre, sowie R. Koechlin als der Präsident der „so-
ciete des amis du Louvre“, zwei Spanier, dabei der
Herzog von Alba, zwei Holländer, je ein Herr aus

Schweden, Norwegen, Belgien und Italien, endlich vier
Deutsche, dabei Herr v. Falke als der Generaldirektor
der preußischen Museen.

In den ausgezeichneten Trinksprüchen, die dem
Dinner folgten, begrüßte Macdonaid die Gäste, Lord
Curzon toastete auf die Gründer und Wohltäter der
National Gallcry; der Dank und die Glückwünsche der
Gäste wurden von Koechlin und dem Herzog von Alba
beredt ausgedrückt.

Anwesend in dem verhältnismäßig kieinen Kreise
waren abgesehen von leitenden Beamten der britischen
Museen die Trustees der Galerie sowie einige hervor-
ragende Kunstfreunde, zumal Herren, die sich um die
National Gallery verdient gemacht haben.

Ein Nachmittagsempfang in der Galerie selbst um-
faßte einen weit größeren Kreiis. Beträchtliche Mengen
nähmen Teil an dem Gedenkfest, indem site das Er-
gebnis hundertjähriger Sammeltätigkeit genossen und
überprüften. Die Direktion hatte Besonderes für den
Tag bereit gestellt, nämlich einige Geschenke, die zu
dem Fest eingetroffen 'waren, sie hatte in einem
Saal die Angerstein-Sammlung' durch deren An-
kauf die Regierung 1824 das Museum begründet
hat, 'im wesentlichen vereinigt und so aufgestellt,
wie sie einstens aufgestellt gewesen war, die
Bilder in drei Reihen übereinander, reich dekorativ,
aber unbequem für Kunstforscher. Neben dieser altmo-
dischen Anordnung tritt die Leistung der neuen Auf-
stellung, die Sir Charles Holmes, der gegenwärtige Di-
rektor der Galerie, in den letzten Jahren durchgeführt
hat, umso leuchtender hervor. Die Galerie wirkt auf
den Kunstfreund vom Kontinente, der lange Zeit keine

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