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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

DOI issue:
1./2. Februar
DOI article:
Donath, Adolph: Die Bewertung moderner Graphik
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0165

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Herausg<3ber:

Adolph Ijoncilh

1./2. Februartvzft

Dic Beioct’tung modccnce Qcapbtk

oon

Adotpb Donatb

| ie S t a b i 1 i t ä t d e r Mark wirkt naturgemäß
günstig auf den Kunstmarkt ein. Das Geld ist
zwar noch knapp — für internationale Qualitäten hat
tnan überhaupt nur vereinzelt die nötigen Mittel — aber
die Mittelware ,.geht“, wenn auch nicht annähernd so
reißend wie in den Tagen der Papiermarkinflation. Un-
sere Kunstfreunde können wieder rechnen, unsere
Kunst- und Antiquitätenhändler wieder disponieren
(und auch unsere Künstler). Es gibt, glaube ich, ein
gutes Kunstmarktjahr.

Vorläufig ist m o d e r n e G r a p h i k am stärk-
sten „gefragt“. Vor einem Monat frei'lich wußte man
noch nicht, wie sich die Preise gestalten wiirden, denn
die Vorzeichen sahen scheinbar nicht rosig aus. Als
Paul G r a u p e nämlich die T a x e n fiir seine erste
große Auktion moderner Graphik veröffentlichte,
tneinte der Kunsthandel, sie seien zu niedrig — in Wirk-
lichkeit waren sie, entsprechend den Zeitverhältnissen,
bescheiden — jetzt aber, da die Berliner Auktion vom
25. und 26. Januar voriiber ist, sind die Händler und
nicht zuletzt auch die Kiinstler gliicklich, daß ihnen
diese Versteigerung die W e g e der P r e i s f e s t -
s e t z u n g gewiesen hat.

Die Sammlung, die Graupe brachte, war keine so
in sich geschlossene und an Seltenheiten iiberreiche
Kollektion wie etwa die Hamburgische Sammlung We-
ber, die Amsler und Ruthardt im Jahre 1913 versteigert
haben und in der z. B. W h i s 11 e r s „The traghetto“
Nr. 2 auf 3000 Goldmark kam, Z o r n s „La valse“ auf
2300, Liebermanns „Simson nnd Delila“ (erste

Platte) auf 1750, sondern diese Graupesche Kollektion
war ein sehr geschickt zusammengestelltes Vielerlei an
moderner Graphik jeder Art, fiir j e g 1 i c h e n Sammler
berechnet, fiir den großen, der seine Schätze komplet-
tieren wollte, fiir den kleinen, der sich manc'he's bequem
wählen mochte, und fiir den Händler, der sich „einzu-
decken“ strebte. Und sie alle wissen jetzt, auf welcher
Preisbasis sie künftig einkaufen können. Das ist ein
Gewinn, den man nicht unterschätzen so'll.

Manche Preise sind sogar über das Friedensniveau
(vor 1914) hinausgegangen. Denn die Konkurrenz war
groß. Aber Konkurrenz macht den Markt geschmei-
diger, anregendcr, aufregender. Existierte sie nicht,
dann müßte man sie „erfinden“, vorausgesetzt, daß sie
halbwegs normale Grenzen nicht überschritte. Ich sage
das absichtlich. Denn in e i n e m Falle war sie doch
zu lebhaft. Wenn wir uns nämlich erinnern, daß einst
der ganze Othello-Zyklus von Hans M e i d bei Casper
in Berlin fiir 275 Goldmark zu haben war und daß er
1913 in der Versteigerung Weber 240 Goldmark ge-
kostet'hat, so komint es uns ungewöhnlich vor, daß der
Probedruck eines einzelnen Blattes dieser Serie,
das „Rendez-vous am Dogenpalast“, 750 Goldmark er-
reichen konnte, den höchsten Preis, der diestnal bei
Graupe für eine Radierung gezahlt worden ist. Und
für den „Tod des Othello“ (2. Zustand auf Kupferdruck-
papier) ging man von eitiem ersten Anbot, das 50 Mark
betrug, bis auf 500 Mark. Andere Radierungen Meids
wie die „siidliche Szene“ und die „Flußlandschaft mit
Liebespaar“ (allerdings keine Probedrucke) braohten 45
und 75 Mark. Das sind schon reclit anständige Preise
 
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