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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

DOI issue:
1./2. Januar
DOI article:
Schweinfurth, Philipp: In terra Aegypti
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0137

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Herausgßber: iVdOlplTl DOHQtP

7ahrgarig 1924 V2- ^anuarfiefl-

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Der Dozent an der Lettländischen Universität in Riga
Dr. Philipp Schweinfurth, der im vergangenen Jahre eine
Studienreise nach Ägypten unternahm, hat fiir den
„Kunstwanderer“ den nachstehenden Aufsatz über seine
Eindrücke geschrieben. Vor einigen Tagen (8. Januar
1924) hielt übrigens Dr. Schweinfurth in der Deutschen
Orient-Gesellschaft zu Berlin einen mit großem Beifall
aufgenommenen Vortrag über „die ägyptische und die
griechische Kunst in ihrer Stellung innerhalb der allge-
meinen Kulturentwicklung“.

and und Volk der Ägypter rechtfertigen stets aufs
neue für jeden, der zu den Nilufern gelangt, die alte
Bewunderung und die vieltausendjährige Fabei, mit der
die Phantasie späterer Geschlechter das wunderbare
uralte Erstlingsvolk umgeben hat. Von mächtigen fun-
kelnden Wüstenflächen umzogen, voll regesten Oasen-
lebens, heute noch ebenso fruchtbar wie im grauen
Altertum, dabei völlig verschieden von allen übrigen
Ländern der Erde und dementsprechend überragt von
Gebilden menschlicher Denkmalskraft, wie man sie
sonst nirgends sieht — das ist der Eindruck der Gegend
von Kairo, wo sich Altertum und Gegewart zu leben-
diger Einheit verbinden. Ein glühender tropischer
Hauch, aufsteigend vom staubigen afrikanischen
Wüstenboden, auf dem ganz unvermittelt üppig be-
büschelte Palmenhaine stehen, das fröhliche Elend der
Fellachendörfer zwischen ihren Stämmen beherber-
gend; ins formlos negroide verstümmelte grauviolette
Steinkolosse zu beiden Seiten der den Nil entlang lau-
fenden Prozessionsstraße der Pharaonen, an deren
Ende braunroten Steinbrüchen gleich die Baumassen
von Karnak auftauchen, hinter den sich überschneiden-

den Linien der Pylonen, die zunächst hier als das einzig
architektonisch greifbare erscheinen; auf der anderen
Seite des Stromes die blendende Gebirgsmasse der
libyschen Wüste, mit einem superbem Felsvorsprung in
die schmale Zone des Fruchtlandes hineinragend, an
dessen seltsam flachgetürmten Aufbau man die Fels-
löcher von Gurna, die herrliche Steilwand von Der el
Bahari und die Höhen von Biban el Moluk im Hinter-
grunde erkennt — das ist die Stätte des alten Theben
bei Luxor, heute ganz Vergangenheit, ein Traum in
blendendem Tageslicht, unter einer unerschöpflichen
Sonnensphäre. Das Größte an dieser Vergangenheit ist,
daß sie gegenwärtig geblieben ist. Bei der Neuein-
schätzung der ägyptischen Kunst, die wir seit den letz-
ten zehn Jahren erleben, sind manche Einseitigkeiten
und Übertreibungen unterlaufen. Es ist aber ohne Ein-
seitigkeit bisher noch nie jener Enthusiasmus aufge-
bracht worden, der jede bedeutende neue Erkenntnis
auf künstlerischem Gebiete eingeleitet hat. Die Über-
treibungen fallen fort, wenn sich das Neue zu festigen
beginnt. Bei unseren Betrachtungen der ägyptischen
Dinge sind wir heute bereits auf dieser reiferen Stufe
angelangt. Untersuchungen sehr verschiedener Art und
Methode beginnen auf dem Gebiete der ägyptischen
Kunst zu gleichen Resultaten zu führen. So weiß sich
u. a. auch Schreiber dieser Zeilen, dem als neuerem
Kunsthistoriker die Gebiete der ägyptischen Kunst
Grenzgebiete bedeuten, in den Hauptsachen völlig eins
mit den Grundsätzen ihrer Betrachtung, die neuerdings
von einer Autorität auf dem Gebiete der Ägyptologie
aufgestellt worden sind. In einer ausgezeichneten
kleinen Schrift von 40 Seiten, die als Abschluß eines

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