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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

DOI issue:
1./2. Januar
DOI article:
Scherer, Christian: Gläser der Empire- und Biedermeierzeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0150

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vorgebracht hat. Daß Pazaurek sich dieser führenden
Meister auf dem Gebiet der Glasdekoration mit beson-
derem Hifer angenommen hat, ist selbstverständlich
und dankenswert; ist es ihm docli dadurch gelungen,
uns nicht nur über die Lebensumstände dieser Künstler
allerlei neue Hinzelheiten mitzuteilen, sondern auch ein
Gesamtbild ihres Schaffens zu entwerfen, wie es trotz
einzelner Spezialarbeiten bis'her noch nicht möglich ge-
wesen war. So braucht z. B. nur auf die äußerst sorg-
fältige chronologische Zusammenstellung der Werke
Mildners hingewiesen zu werden, die das im Jahre 1897
durch H. Minkus aufgestellte Verzeichnis an Vollstän-
digkeit weit übertrifft.

Einen besonders weiten Raum in der Glaskunst der
Biedenneierzeit nehmen bekanntlich auch die Parben-
giäser ein, die in einer fast unbegrenzten Mannigfaltig-
keit von dem in der Masse gefärbten Glas bis zu den
zahllosen Harbenkombinationen des Überfangglases be-
gegnen, nachdem sie durch die Konkurrenz mit dem
fremden, vor allem dem englischen Krystallglas, da-
neben aber auch durch die allgemein bekannte große
Farbenfreude der Biedermeierzeit ins Leben gerufen
und Mode geworden waren. Die ganze Reihe dieser,
in ihrem Äußern nahe verwandten, technisch aber sehr
verschiedenen und nicht immer leicht zu unterscheiden-
den Gläser wird uns in klarer und erschöpfender Weise
vor Augen geführt und dabei auch der verdienstvollen
Bemühungen Friedrich Egermanns aus Blottendorf bei
Haida gedacht, dessen 1829 erfundenes Edelsteinglas
oder Lithyalin, zusammen mit dem in den Gräfl. Buquo-
ischen Hütten angefertigten Hyalith, in einem besonde-
ren Abschnitt eingehend gewürdigt wird.

Natürlich würde es hier zu weit führen, wollte man
auch auf den ganzen übrigen Inhalt des vortrefflichen
Buches eingehen und z. B. die mannigfachen Einwir-
kungen der Glaskunst Venedigs auf das deutsche Em-
pire- und Biedermeierglas oder jene so eigenartige Gat-

tung der eingeglasten Pasten, bei der porzellanartige
Reliefs in Krystallglas eingeschlossen werden, an der
Hand desselben näher verfolgen. Nur auf die heute
ziemlich seltenen Musterbücher jener Zeit sei noch mit
wenigen Worten hingewiesen, da sie uns den überaus
reicheu Motivenschatz und die ganze Fülle der Phan-
tasie und Gestaltungskraft, die sich in den Formen als
solehen wie in den Dekorationsweisen des Bieder-
meierglases offenbart, vor Augen führen und daher für
die Erforschung seiner Geschichte fast ebenso wichtig
sind wie die Gläser selbst. Pazaurek bespricht diese
Musterbücher eingehend und läßt uns dabei mit Hilfe
zahlreicher Abbildungen lehrreiche Einblicke in die-
selben tun. Überhaupt ist das Buch mit Abbildungen,
die trotz der bekannten Schwierigkeiten bei Gläserauf-
nahmen- und Reproduktionen im aligemeinen als wohl-
gelungen, z. T. sogar als ganz vorzüglich bezeichnet
werden könrren, fast verschwenderisch ausgestattet,
wobei auch eine nicht geringe Zahl von Gläsern aus des
Verfassers eigener bedeutender Sammlung mit heran-
gezogen wurde. Diese Abbildungen, darunter auch
sechs prächtige Farbentafeln, bilden eine besondere
Zierde des Werkes, das, alles in allem, als eine Muster-
leistung Deutschen Gelehrtenfleißes und gewissenhafter
Forscherarbeit, als eine wertvoile und wichtige Berei-
cherung unserer kunstgewerblichen Literatur bezeich-
net werden darf, die nicht nur dem Fachmann, sondern
auch dem Kunstfreund und Sammler reiche Belehrung
bietet, nicht am wenigsten auch in den zahfreichen, viel
wertvolle Detailarbeit enthaltenden Anmerkungen, die
keiner übersehen darf, der sich ernsthaft mit dem Buche
beschäftigt. Ihnen allen sei dasselbe aufs wärmste
empfohlen; dem Autor aber gebührt unser aufrichtiger
Dank und neben ihm auch dem Verlag für die gediegene
Ausstattung und sorgfältige Herstellung der ausführ-
lichen Register, die die praktische Benutzbarkeit des
Buches ganz wesentlich erleichtern.

Anders Zorn
Radierung

Aus der Ausstellung
bei

Gutekunst und Klipstein
Bern

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