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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

DOI Heft:
1./2. Februar
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Schönberg, Donald von: Erinnerungen an Ferdinand von Rayski
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0173

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Er konnte sich mit verbissenem Eifer wochen- und mo-
natelang in die Arbeit vertiefen, dann wieder über der
Jagd und anderen Vergnügungen das Malen gänzlich
vergessen. Von seinen Bildnissen gelangen die Damen-
porträts am wenigsten. So fügte er sich auch nur selten
und ungern den Wünschen seiner Freunde in dieser
Richtung. Geschah es, so endete es häufig mit Ärger
und Mißmut. Nicht immer war der Erfolg dieser Stim-
mung ein so unerwartet schöner wie bei den „Wild-
schweinen“ der Dresdner Staatsgalerie. Rayski sollte
das Bildnis einer Dame aus dem Hause Bieberstein
malen. Die Sache gefiel ihm aber nicht und, nachdem
er sich einige Tage geplagt, drehte er das Hochformat
quer und haute in seinem Ärger in zwei bis drei Stun-
den mit den auf der Palette vorhandenen Farben die
Schweine auf die Leinewand. Bei genauer Betrach-
tung kann man noch die Conturen des Damenrockes
und andere Teile des ursprünglichen Bildes durch-
schimmern sehen.

Von meiner jungen, sehr schönen Stiefmutter, einer
Engländerin, hat er in Herzogswalde drei Bilder ge-
malt. Das erste ganz verschollene, im Hut, wurde in
Rayskis Zimmer gemalt, und ich stand oft dabei. Die
braune Untermalung imponierte mir sehr, als aber
Farbe dazukam und einige Tage der Arbeit hingegan-
gen waren, wollte das Bild mir garnicht mehr wie
meine Mutter vorkommen. Bis zur Fertigstellung aucli
des Kleides kam es nicht. Da Rayskis Zimmer Mittags-
licht hatte und er das Mißlingen dieses Bildes auf die
schlechte Beleuchtung schob, baute ihm mein Vater nun-
mehr im Dachgeschoß des Herrenhauses ein Atelier mit
einem großen Nordlichtfenster. Es entstanden dort, wo
ich weniger zugelassen wurde, noch zwei Bilder, von
denen das eine ganz unähnliche und nach meiner Er-
innerung am wenigsten gelungene in der Berliner Na-
tionalgalerie hängt. Zuletzt packte ihn der Ärger, und
bei einer Abwesenheit meines Vaters verschwand der
Sonderling ohne Abschied mit allen drei Bildern nacli

Dresden. Niemand sah sie wieder, bis das oben er-
wähnte wieder auftauchte. An die Entstehung des bei
Grautoff abgebildeten „Pferd und Raucher“ genannten
Bildes, das ein Porträt eines irischen Jagdpferdes mit
meinem Vater im Hof von Herzogswalde ist und
zwischen 1865 und 1868 entstanden sein muß, kann ich
rnich dagegen kaurn erinnern. Es ist in diesem Zusam-
menhang insofern interessant, als hinter den beiden, auf
dem Bild sichtbaren Bogen sich das erwähnte große
Herthagemälde befindet. Auch dieses Bild wurde nicht
abgeliefert, da Rayski wieder einmal nicht zufrie-
den war.

Rayskis Dresdener Atelier auf der Bürgerwiese
war für niemand außer einer alten Aufwartefrau zugäng-
lich. Es sah aus wie ein ungeordnetes überfülltes Ma-
gazin von Bildern, Zeichnungen und Skizzen. Ich kam,
wohl für ungefährlich gehalten, als Junge einmal hinein.
Nur eiues ist mir im Gedächtnis geblieben, die heute in
der Dresdner Staatsgalerie hängenden „Rebhühner“.
Sie waren damals sehr viel schöner und gefielen mir
sehr als höchst naturwahr. Heute sind sie etwas steif,
kein Wunder, denn an detn Bild hat Rayski wohl zwan-
zig Jahre gearbeitet. Ungezählte Modellrebhühner
schickte ihm alljährlich tnein Vater, wolil mit dem Hin-
tergedanken, daß er sie essen würde. Sie verfaulten
aber alle, denn so materiell, sie zu essen, war der
große Künstler nicht.

Nach meinem fünfzehnten Jahre sah ich Rayski nur
selten in meinen Gymnasialferien, zudem war mein
Vater durch seinen ungarischen Besitz sehr in Anspruch
genommen und viele Monate abwesend, so daß aucli
Rayski seltener kam. Als er das Alter kommen fühlte
und fürchtete, Ansprüche machen zu müssen und nicht
mehr der lustige Gesellschafter sein zu können, zog
er sich in seiner stillen bescheidenen Art ganz in seine
Dresdner Klause zurück. Dort ist er auch, von seiner
alten Aufwartefrau betreut, hochbetagt und einsam ge-
storben.

August Gaul,

Liegender junger
Lövve
Meißen

Böttgersteinzeug

Zur Eröffnung der
Ende Februar im
Antiquitätenhaus
A. Wertheim in Berlin
stattfindenden
Ausstellung der
Staatlichen Porzellan-
Manufakturen Berlin,
Meißen und
Nymphenburg

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