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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

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1./2. Mai
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Landau, Paul: Der Schweizer Maler Wilhelm Schmid
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0279

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ren Kunsterdbebens bestanden haben. Unter ihnen
steht der Schweizer Maler Wilhelm S c h m i d mit an
erster Stelle. Seine neue Ausstellung in der Gemälde-
Galerie Carl Nicolai, die im Wesentlichen seine
Ernte von 1923 umfaßt, zeigt einen geroiften Meister,
einen Maler der reinen Formen, der harmonischen Far-
be, des erlesenen Geschmacks, des organischen Auf-
baus, kurz einen Künstler, der mit dem eisernen Fleiß
des Handwerkers und dem starken Erleben einer ei-
genartigen Persönlichkeit das hervorbringt, was aile
guten Maler der Kunstgeschichte geschaffen haben:
schöne Bilder, die ein Fest sind dem Auge und eine
innere Bereicherung dem Gemüt.

Schmid hat auch in den tollsten Tagen seines
„Sturms und Drangs“, da er in seinen grotesken Ge-

nene Reichtum an Anschauung, das Walten eines aus
alter Kultur und urwüchsiger Kraft genährten Talentes
in den Aquarellen, die er aus Italien mitbrachte. Seit-
dem ist Schmid tnit einer in unsrer schnellfertigen Zeit
überaus seltnen Zähigkeit, mit einer sachlichen Inbrunst
daran gegangen, seinen Werken die ruhige Schönheit
einer geschlossenen Form und die sinnliche Fülle der
feinsten Nüancen zu sichern, die minutiöseste Durch-
führung mit einer ganz modernen Stilisierung zu ver-
einen. Das gelingt ihm noch nicht stets. Es gibt unter
seinen großen Stilleben manche, die durch allzuviel
sKläubeln“ — wie Dürer sagt —, durch zu weitgehende
Durchbildung der Einzelheiten etwas Starres, fast
Lebloses erhalten. In einigen der neuen Gemälde und
noch mehr in den leichter gestalteten, blühender be-

Wiihetm Schmid
Stilleben mit roten Lilien

Ausstellung

in der Gemäldegalerie
Carl Nicolai
Berlin

staltungen die Note des Futurismus selbständig auf-
nahm, nie die so beliebte „Formzertrümmerung“ mit-
gemacht. Davor bewahrte den Sohn einer Rasse, in
der Germanisches und Romanisches eng verschmolzen
ist, die Ehrfurcht vor der Natur und der Instinkt für
das Harmonische. Die treue Sachlichkeit der Beobach-
tung, die starke Liebe zum Handwerk, wie sie den
stammverwandten altdeutschen Meistern, einem Kon-
rad Witz oder Nikolaus Manuel, eignet, sie brac'h bei
ihm besonders stark durch, als die Berührung mit ita-
lienischem Boden und italienischer Kunst jene kon-
struktiven architektonischen Elemente stärkte, die ihm
den Weg aus dem Wirrwarr der futuristischen Einzel-
heiten bahnten. Die Monumentalbilder der juryfreien
Kunstschau von 1920, die soviel Aufse'hen erregten,
bildeten den Auftakt. Besser noch und reicher als in
diesen Parforce-Stücken offenbarte sich der gewon-

seelten Aquarellen aber ist eine Vollendung des Stils,
eine Reinheit der Wirkung erreicht, die den reifen fer-
tigen Meister zeigen.

Da steht an erster Stelle die große Winterland-
schaft, in der gleichsam die Seele des Schnees ausge-
drückt ist. Diese stärkste Wirklichkeit des Eindrucks
o'hne jede realistische Detailierung ist es wohl, die an
Brueghels Wiener Schneelandschaft denken läßt. Auch
hier ist eine vollkommen einheitliche Note gewonnen
aus der blauweißen Resonanz des Himtnels zu dem
stumpf leuchtenden Schnee, aus den roten und hell-
grünen Mauern und Zaunplanken, deren ruhige Flä-
chen nur durch die pathetischen Senkrechten der kah-
len Bäurne unterbrochen werden. Dieselbe kraftvolle
Sachlichkeit und innerliche Kraft lebt in der hellen
Frühsommerpraoht des „Birnbaums“. Auch die Still-
leben atmen Ruhe und Fülle. Die „Kakteen“ sind ein

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