verloren zu seim) sind hochaltertümlicbe Gebilde; Mat-
thaei hält sie für älter als Säulen und Fries. Das ist
aber nach dem technischen Befund unwahrsche'inlich.
Die sehr zögernde Weiterentwicklung gerade dieser
be'iden Gestalten ist ja eine ganz allgemein beohachtete
Erscheinung. Man wird also das ganze Werk einheit-
lich, und zwar nach den jüngsten Merkmalen, den Säu-
len, datieren niüssen. Vor 1200 also keinesfalls. Trotz
der scheinbarem „Übergangsformen“ der Kapitelle wird
rnan aber wohl niclit zu weit in das 13. Jahrhundert vor-
schreiten dürfen. — Von Bemalung war keine Spur
mehr vorhanden, wöhl aber in scharfen Ecken ein Rest
wei Oen K reidegrundes.
N ü b e 1, Kr. Sonderburg. Ebcnfalls einer Tfiumph-
bogengruppe entstammen die beiden fast lebensgroßen
Gestalten von Nübel, die unter dem Kreuz standen
(Abb. 2, 3).5) Die wertvollere Arbeit ist die Maria. 1m
Umriß völlig Stamm; im Unterkörper überdies brett-
mäßig behandelt, erst der Oberkörper ringt sich ein
wenig aus dem Holze los. Trotz dieser stariken Bin-
dungen eine merkwürdiig irdische Körperlichkeit: die
Stellung der Füße, das fleischig lebende Gesicht, üie
Kopfneigung. Wichtiger aber die formale Lebendig-
keit: das seitliche Auf- und Niedersteigen — vom
rechten Arm der liclle Niederfall, vom linken Arm das
Ein- und Hinaufsaugen der tiefen Schattenschlucht,
beides entsprechend der Armhaltung rechts und links
— eine unvergeßliche Bewegung längs des Umrisses.
Die Lotbewegungen aneinander gebunden durch das
Kettengehänge der Schüsselfalten; darunter das spitze
Niedersacken des Gewandes zwischen den Füßen, das
nun zugleich wiedcr menschlichen Ausdruck bildet: den
des Vorgeneigten, gramvoH in sich Zusammengesun-
kenen. — Beide Werke waren oben und unten einge-
zapft. Das Eichenholz zeigte auf Kreidegrund noch
zahlreiche Farbspuren: Mantel hellblau, Untergewand
hellrot. Hände und Gesicht fleischrötlich. Augen
schwarz. Wie diese Arbeiten stamrnt aius der 1. Hälf-
te des 13. Jahrhunderts noch die thronende Maria mit
dem Kinde, mit dem noch antikisch empfundenen Ge-
fält an der Gürtung und zwischen den Unterschenkeln.
Die I m hohe, also ebenfalls annähernd lebensgroße
Eichenschnltzerei ist von der Zeit stark mitgenommen;
n'ichtsdestoweniger sind manche Reste der ursprüng-
lichen Bemalung- und Vergoldung zu erkennen. Auch
in diesen Werken könnte, wie in denen von Norder-
lügum,6) Zisterzienserarbeit vermutet werden. — Zwei
aus Nübel stammende Werke des 15. Jahrhunderts
seien hier miterwähnt: ein stehender Bischof, fast I m
hoch, dessen Unterarme und Attr'ibute fehlen; streng
frontal; über dickem Hals der mächtige Schädel, das
breite Gesicht des 15. Jahrhunderts; ein paar allzu
schematische schüsselige Querfalten. Ferner ein Kreu-
zigungrelief, 57 cm hoch, mit schon etwas genremäßig
süßlichen Nebenfiguren — der Gekreuzigte mit dem
5) Haupt, lnv. II, 414 (,-Die Nebenfi'guren . . . liegen verder-
bend auf dem Boden“).
c) Vgl. Matthaei a. a. 0.-30.
brutal-eindruckvollen Llaupte eines eingeschlafenen,
sehr bärtigen Bauern.
O x b ii 11 auf Alsen. Der Kruzifixus 7) — jetzige
Kreuzhöhe 1,72 cm — noch mit offenen Augen, aber mit
Dornenkrone und Dreinagelung, einer großen Reihe
ähnlicher schleswigscher Arbeiten zuge'hörig,8) ist ein
Werk der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Es
fehlen beide Arme, der FußnageJ, Telle der Dornen-
krone, der obere Kreuzarm und Stücke des unteren.
Der Kreuzpunkt ist zu einer Scheibe erweitert; hier
s'ind Reste von Holznägeln, die vfelleicht einen Metall-
nimbus hielten. An den Randfasen der Kreuzarme
säßen halbringförmige Zierrate, von denen nur noch
einer vorhanden. An den Kreuzenden, in bekannter
Weise, quadrattsche Erweiterungen, darauf die Reliefs
der Evangelistensymbole, mit Schriftbändern. Das
Corpus hängt mit schrägen Armen, geneigten Hauptes,
'in seinen drei Nägeln. Langes, gelocktes Haupthaar;
zarter Kinnbart, Schematiische Rippendarstellung.
Schmerzandeutung in den hochgezogenen Brauen und
in dem verkitiffenen Munde. Eingeschnitzte Seiten-
wunde. In dem tauartig gedrehten Kranze sieht man
d:ie Löcher, in denen dle Dornen steckten. Das Lenden-
tuch, an der rechten Hüfte geknotet, hängt in schönen,
großen Falten bis zu den Knieen. Zahlreiche, deutliche
Farbreste. — Alle sechs genannten Schnitzwerke des
13. Jahrhunderts sind heimteche Arbeiten. — Außer
einer Anzahl schöner Maßwerkbaldachine und gotischer
Laubwellen steht unter dem Namen „Oxbüll“ noch eine
Reihe von Blldwerken (Abb. 5), die um 1400 von e'inem
städtisch (in Hamburg?) geschulten, dann ländlich an-
gesiedelten und eingebäuerten Schnitzer hergestellt
sind; °) Christus, sehr groß, thronend und segnend;
ferner, In kleinerem Maßstab, Maria und Jöhannes der
Täufer, bei'de knieend und anbetend, und zehn noch
kleinere, frontal stehende Apostel (Matthias statt Judas
Tscharioth; es fehlen Johannes und Philippus) — edel
geschlossene Gestalten, von trefflich klarer, flächiger
Gewandbehandlung, höchst einfacher Arm- und Atiri-
butha'ltung, mit plumpen, etwas stupiden Köpfen, die
'durch die seltsame hell-kalkige Be'malung des 18. Jahr-
hunderts noch vergröbert werden. Sämtliche Figuren
sind auf scliier unglaubhaften, steinförmigen Sockeln
gearbcitet. Da diese Sockel aMe sehr knapp sind, habeii
sie die mittelalterlich kaum anzunehmende Form wahr-
scheinlich damals bekommen, als der jetzige Anstrich
aufgebracht wurde. Wie freilich die Sockel ursprüng-
lich ausgesehen haben mögen, ist scbwer auszudenken.
— M'it den BaMachinen, deren Reste schon erwähnt
wurden, werden diese Werke zum ehemaligen Haupt-
altar der Kirche von Oxbüll gehört haben.
Dem 14. Jahrhundert gehören an: die drei Figuren
aus Bröns und ein bronzenes Weihrauchfaß aus Feld-
stedt; dem 15.: der schon erwähnte Bischof aus Nübel,
7) Haupt, Inv. II, 415. „Romanisches Cruzifix, h 1,05, gut und
edel . . . Ve.r'diirbt auf dem Boden.“
p) Vgl. Matthaei, a. a. O. 29 unten und f.
”) Haupt, Inv. II, 445.
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thaei hält sie für älter als Säulen und Fries. Das ist
aber nach dem technischen Befund unwahrsche'inlich.
Die sehr zögernde Weiterentwicklung gerade dieser
be'iden Gestalten ist ja eine ganz allgemein beohachtete
Erscheinung. Man wird also das ganze Werk einheit-
lich, und zwar nach den jüngsten Merkmalen, den Säu-
len, datieren niüssen. Vor 1200 also keinesfalls. Trotz
der scheinbarem „Übergangsformen“ der Kapitelle wird
rnan aber wohl niclit zu weit in das 13. Jahrhundert vor-
schreiten dürfen. — Von Bemalung war keine Spur
mehr vorhanden, wöhl aber in scharfen Ecken ein Rest
wei Oen K reidegrundes.
N ü b e 1, Kr. Sonderburg. Ebcnfalls einer Tfiumph-
bogengruppe entstammen die beiden fast lebensgroßen
Gestalten von Nübel, die unter dem Kreuz standen
(Abb. 2, 3).5) Die wertvollere Arbeit ist die Maria. 1m
Umriß völlig Stamm; im Unterkörper überdies brett-
mäßig behandelt, erst der Oberkörper ringt sich ein
wenig aus dem Holze los. Trotz dieser stariken Bin-
dungen eine merkwürdiig irdische Körperlichkeit: die
Stellung der Füße, das fleischig lebende Gesicht, üie
Kopfneigung. Wichtiger aber die formale Lebendig-
keit: das seitliche Auf- und Niedersteigen — vom
rechten Arm der liclle Niederfall, vom linken Arm das
Ein- und Hinaufsaugen der tiefen Schattenschlucht,
beides entsprechend der Armhaltung rechts und links
— eine unvergeßliche Bewegung längs des Umrisses.
Die Lotbewegungen aneinander gebunden durch das
Kettengehänge der Schüsselfalten; darunter das spitze
Niedersacken des Gewandes zwischen den Füßen, das
nun zugleich wiedcr menschlichen Ausdruck bildet: den
des Vorgeneigten, gramvoH in sich Zusammengesun-
kenen. — Beide Werke waren oben und unten einge-
zapft. Das Eichenholz zeigte auf Kreidegrund noch
zahlreiche Farbspuren: Mantel hellblau, Untergewand
hellrot. Hände und Gesicht fleischrötlich. Augen
schwarz. Wie diese Arbeiten stamrnt aius der 1. Hälf-
te des 13. Jahrhunderts noch die thronende Maria mit
dem Kinde, mit dem noch antikisch empfundenen Ge-
fält an der Gürtung und zwischen den Unterschenkeln.
Die I m hohe, also ebenfalls annähernd lebensgroße
Eichenschnltzerei ist von der Zeit stark mitgenommen;
n'ichtsdestoweniger sind manche Reste der ursprüng-
lichen Bemalung- und Vergoldung zu erkennen. Auch
in diesen Werken könnte, wie in denen von Norder-
lügum,6) Zisterzienserarbeit vermutet werden. — Zwei
aus Nübel stammende Werke des 15. Jahrhunderts
seien hier miterwähnt: ein stehender Bischof, fast I m
hoch, dessen Unterarme und Attr'ibute fehlen; streng
frontal; über dickem Hals der mächtige Schädel, das
breite Gesicht des 15. Jahrhunderts; ein paar allzu
schematische schüsselige Querfalten. Ferner ein Kreu-
zigungrelief, 57 cm hoch, mit schon etwas genremäßig
süßlichen Nebenfiguren — der Gekreuzigte mit dem
5) Haupt, lnv. II, 414 (,-Die Nebenfi'guren . . . liegen verder-
bend auf dem Boden“).
c) Vgl. Matthaei a. a. 0.-30.
brutal-eindruckvollen Llaupte eines eingeschlafenen,
sehr bärtigen Bauern.
O x b ii 11 auf Alsen. Der Kruzifixus 7) — jetzige
Kreuzhöhe 1,72 cm — noch mit offenen Augen, aber mit
Dornenkrone und Dreinagelung, einer großen Reihe
ähnlicher schleswigscher Arbeiten zuge'hörig,8) ist ein
Werk der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Es
fehlen beide Arme, der FußnageJ, Telle der Dornen-
krone, der obere Kreuzarm und Stücke des unteren.
Der Kreuzpunkt ist zu einer Scheibe erweitert; hier
s'ind Reste von Holznägeln, die vfelleicht einen Metall-
nimbus hielten. An den Randfasen der Kreuzarme
säßen halbringförmige Zierrate, von denen nur noch
einer vorhanden. An den Kreuzenden, in bekannter
Weise, quadrattsche Erweiterungen, darauf die Reliefs
der Evangelistensymbole, mit Schriftbändern. Das
Corpus hängt mit schrägen Armen, geneigten Hauptes,
'in seinen drei Nägeln. Langes, gelocktes Haupthaar;
zarter Kinnbart, Schematiische Rippendarstellung.
Schmerzandeutung in den hochgezogenen Brauen und
in dem verkitiffenen Munde. Eingeschnitzte Seiten-
wunde. In dem tauartig gedrehten Kranze sieht man
d:ie Löcher, in denen dle Dornen steckten. Das Lenden-
tuch, an der rechten Hüfte geknotet, hängt in schönen,
großen Falten bis zu den Knieen. Zahlreiche, deutliche
Farbreste. — Alle sechs genannten Schnitzwerke des
13. Jahrhunderts sind heimteche Arbeiten. — Außer
einer Anzahl schöner Maßwerkbaldachine und gotischer
Laubwellen steht unter dem Namen „Oxbüll“ noch eine
Reihe von Blldwerken (Abb. 5), die um 1400 von e'inem
städtisch (in Hamburg?) geschulten, dann ländlich an-
gesiedelten und eingebäuerten Schnitzer hergestellt
sind; °) Christus, sehr groß, thronend und segnend;
ferner, In kleinerem Maßstab, Maria und Jöhannes der
Täufer, bei'de knieend und anbetend, und zehn noch
kleinere, frontal stehende Apostel (Matthias statt Judas
Tscharioth; es fehlen Johannes und Philippus) — edel
geschlossene Gestalten, von trefflich klarer, flächiger
Gewandbehandlung, höchst einfacher Arm- und Atiri-
butha'ltung, mit plumpen, etwas stupiden Köpfen, die
'durch die seltsame hell-kalkige Be'malung des 18. Jahr-
hunderts noch vergröbert werden. Sämtliche Figuren
sind auf scliier unglaubhaften, steinförmigen Sockeln
gearbcitet. Da diese Sockel aMe sehr knapp sind, habeii
sie die mittelalterlich kaum anzunehmende Form wahr-
scheinlich damals bekommen, als der jetzige Anstrich
aufgebracht wurde. Wie freilich die Sockel ursprüng-
lich ausgesehen haben mögen, ist scbwer auszudenken.
— M'it den BaMachinen, deren Reste schon erwähnt
wurden, werden diese Werke zum ehemaligen Haupt-
altar der Kirche von Oxbüll gehört haben.
Dem 14. Jahrhundert gehören an: die drei Figuren
aus Bröns und ein bronzenes Weihrauchfaß aus Feld-
stedt; dem 15.: der schon erwähnte Bischof aus Nübel,
7) Haupt, Inv. II, 415. „Romanisches Cruzifix, h 1,05, gut und
edel . . . Ve.r'diirbt auf dem Boden.“
p) Vgl. Matthaei, a. a. O. 29 unten und f.
”) Haupt, Inv. II, 445.
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