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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

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1./2. Juliheft
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Schoenberger, Guido: Handzeichnungen alter Meister aus deutschem Privatbesitz: Ausstellung im Städel'schen Kunstinstitut in Frankfurt am Main. (Juli - September 1924)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0348

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gegenüber, jener wirklichkeitsnahe und voll sinnlicher
Beziehung zur Natur, dieser traumhaft vorüberhuschen-
den Eindruck gebend und von innerer Spannung erfülit.
Wenn 'irgendwann es einmal gerechterweise erlaubt
ist, Elsheimer mit Rembrandt zu vergleichen, dann mag
es bei >ihren Landschaftszeichnungen sein. Das Blatt
Elsheimers (Abb. 2), das auf kleinstem Raum die Im-
pression einer mühsam ein weites Bergland erklimmen-
den Maultierkarawane gibt, weist in seiner spukhaften
Eindringlichkeit tatsächlich auf den großen Hollän-
der hin. Wenn Rembrandt nun aber als Zeichner einen
bestimmten Vorgang erzählen will, dann merkt man
sofort, wie sehr der Impressionismus für ihn eine rein
technische Angelegenheit ist, und mit welch schlagender
Sicherheit seine scheinbar regellosen Striche unver-
gesslichen Ausdruck fixieren. Mit neun wichtigen Stu-
dien gibt die Ausstellung vorzüglich Gelegenheit dies
zu erkennen. Als ganz besonders hervorragend nenne
ich die Verstoßung der Hagar, die Taufe des Kämme-
rers, die Rückkehr des verlorenen Sohnes und eine
Scene aus der Tobiasgeschichte, die Valentiner jüngst
in Kunst und Künstler als eine Studie zur sogen. Juden-
brant veröffentlicht hat. Blätter aus dem Rembrandt-
kreis von Brouwer, Maes, Eckhout, ergänzen das BiId
dieser unerhört reichen Zeit.

Noch einmal am Ende der Ausstellung erwartet den
Besucher eine große Ue'berraschung: zwischen einer

guten Auswahl von Italienern des 16. bis 18. Jahrhun-
derts drei Tintoretto-Studien, von denen nur die eine
bisher in der Literatur erwähnt wurde (von Hadeln im
Burlington Magazin, Juni 1924). Sie gehört zur Taufe
Christi in der Scuola di San Rocco (Abb. 3). Die zweite,
auch aus einer Fjrankfurter Sammlung, ist nach Fest-
stellung von Dr. E, Schilling eine Vorstudie zu dem
Christus in der Vorhölle von 1568 in San Cassiano in
Venedig; die dritte aus der Sammlung Lahmann gibt
den Kopf des Giuliano de Medici von Michelangelo, den
d'intoretto öfters zeichnete, weil er ihm wegen seiner
momentanen Drehung offenbar besonders interessant
war. Zum Schluß seien, da es ja doch nicht annähernd
möglich ist alles Wichtige zu würdigen, nur noch die
charakteristischen und feinen Blätter Guardis und
Tiepolos erwähnt.

In den nächsten Tagen schon erschelnt im Veriag
der Frankfurter Verlagsanstalt eine Publikation, her-
ausgegeben vom Direktor des Städel’schen Kunstinsti-
tuts, Prof. Dr. Swarzenski, bearbeitet vom Leiter der
graphischen Sammlung, Dr. E. Schilling, mit 67 Abbil-
dungen wichtiger Werke. Eine weitere Publikation der
Sammlung Lahmann ist vorgesehen. So ist giückiicher-
weise dafür gesorgt, daß die Erinnerung an die außer-
gewöhnliche Ausstellung erhalten bleibt, wie es ihrer
künstlerischen und wissenschaftlichen Bedeutung ent-
spricht.

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