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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

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1./2. Juliheft
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Die Büchersammlung Arthur Meyer im Hotel Drouot / Aus der Museumswelt / Kunstgewerbler und Leipziger Messe / Schweizerische Kunstchronik / Die Welt der Kunstgelehrten / Kunstauktionen / Londoner Kunstschau / Neue Kunstbücher / Mannheimer Kunstbrief
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0355

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es handelte sich darum, die schönsten Ausgaben der berühmtesten
Werke auszusuchen, und aus diesen einzigartige Exemplare zu
schaffen, durchHinzufügung von auf dieseBiicher bezüglichenZeich-
nungen oder Autogrammen. Und unverzüglich machte sich der
Neophyt ans Werk.

Unvermerkt ging es dann Arthur Meyer wie so vielen,
welche sich mit schcnen Büchern zu schaffen machen: hinge-
rissen von seiner Idee, wurde er hämlich zum begeisterten Bi-
bliophilen. Es veriangte ihn nun nach den schönsten Büchern,
den seltensten Autogrammen, den vollendetsten Einbänden, und
seine Bibliothek, rastlos vermehrt, wurde immer kostbarer.

Eigentlich setzte sich diese, wie aus dem Angeführten her-
vorgeht, aus drei, in eine einzige verschmolzenen Sammlungen zu-
sammen: einer aus Büchern, einer zweiten aus Zeichnungen, einer
dritten aus Autogrammen bestehenden. In die 607 Bände der
Bibiiothek waren iiber 3090 Zeichnungen und 15 Malereien efnge-
fügt, welche eine Kunstgalerie vom größten Interesse bildeten.
Diese Zeichnungen sind überwiegend Werke zeitgenössischer
Kiinstler; jedoch viele sind von Künstler'n des XVIII. Jahrhunderts,
der Restauration und der Romantik signiert; darunter B o u c h e r ,
von dem schöne Zeichnungen die Moliere-Ausgabe schmücken;
Cochin, Honore Daumier, Moreau der Jüngere u. a.

Die kostbarsten und ausgesuchtesten Autogramme finden sich
in größter Menge in dieser Sammlung, weiche deren iiber 1500
enthält; darunter sind solche, welche die einzigen in Privatsamm-
lungen aufbewahrt waren, z. B. diejenigen von Pascal, Cervantes,
Rabelais, Ronsard, Montaigne, Corneille, Moliere, Chenier, Maria
Stuart. Die meisten stammen aus der berühmten Sammlung Mor-
rison, welche in den Jahren 1917 und 1918 versteigert wurde. Mit
feinem Urteil sind die betreffenden Bände von Meyer ausgesucht
worden, um eine ganze Reihe Autographen von Persönlichkeiten
derselben Epoche aufzunehmen: so enthält eine Sammlung der
„Qrabreden“ von Bossuet die Autogramme der wichtigsten Per-
sönlichkeiten des Hofes des Sonnenkönigs; die „Geschichte von
Bayard“ des Jacques de MAILLES Autogramme von Franz I.,
Karl V., des Herzogs von Ferrara usw.; ein Exemplar der „Hen-
riade“ Voltaire’s Autogramme Heinrichs IV., seiner Frauen, seiner
Maitressen und seiner Minister; die Autogramme Heinrichs III.
und seiner Höflinge sind in der „Dame von Monsoreau“ von Ale-
xander Dumas vereinigt; diejenigen von Ludwig XIII., Anna von
Oesterreich, Richelieu, d’Artognan u. a. in desselben Verfassers
„Drei Musketieren“; versohiedehe Napoleon I. gewidmete Bände
enthalten kostbare Autogramme des Kaisers und seiner Familien-
mitglieder.

Das Qesamtergebnis dieser Versteigerung hat beinahe 2 Mii-
lionen franz. Francs erreicht. Man hat berechnet, daß Meyer
selbst ungefähr 600 000 Francs an seine Bibliothek gewendet hat.

Nun noch einige der für hervorragende Stücke bezahlten
Preise. Der „Ciou“ der Versteigerung waren die Werke M o -
1 i e r e s , deren Meriten der Experte Lefrancois, welcher mit Lair-
Dubreuil und Charavay zusammen die Auktion leitete, unter an-
dächtiger Stiile schilderte: sechs Bände der ersten Ausgabe, Paris
1734, mit den Jllustrationen von Francois Bouchcr, in einem alten
Einband von rotem Maroquinleder, bereichert um fünf Original-
kompositionen von Boucher, eine Unterschrift AJolieres auf einer
Quittung über 440 Livres für ein Qastspiel seiner Gesellschaft in
Saint-Germain, im Jahre 1668, und eine Quittung von Armande-
Grisinde Bejart, Molieres Witwe. Natürlich ging dieses Rarissi-
mum sehr bald über den Schätzungspreis hinaus, um schließlich
Herrn Lefrancois fiir 200 000 Francs, d. i. 239 000 mit den Kosten,
zugesprochen zu werden.

Derartige Preise waren in Paris bisher unerhört für Bücher.
Bei der Versteigerung Tanze (1911) hatte ein Moliere 175 000 Frcs.
erzielt. Selten hat ein Rekord eine so lange Lebensdauer gehabt.

Die Fabeln von La Fontaine, Paris 1755—1759, vier
Foliobände, mit Jllustrationen von T.-B. Oudry, in rotes Maroquin
gebunden und auf Bütten gedruckt, welche zu den schönsten. Bü-
chern des XVIII. Jahrhunderts gehören, mit Originalzeichnungen
von Oudry und Autographen von La Fontaine, gingen für 50 000
Francs an Seymour de Ricci.

„Les Hommes de la Revolution francaise“,
ein Poem von Costed’Arnobal, welches durch Meyer zu einem
wahren Archiv dieser bewegten Zeit ausgestattet worden war,
mit Autogrammen von Ludwig XVI., Marie-Antoinette und dem
Dauphin bis Bonaparte, über Robespierre, Marat, Danton und be-
sonders die interessante Charlotte Corday, wurde für 34 000 Frcs.
versteigert. Eine Originalausgabe von A t h a I i e mit einem Auto-
gramm von R a c i n e für 30 000 Francs. Ein sehr seltenes Auto-
gramm P a s c a 1 s , in die „Gedanken“ Pascals eingebunden, er-
zielte 25 000 Francs, und eine Zürcher Bibel (Froschauer, 1531) in
einem Einbande des XVI. Jahrhunderts von großem Reichtum
21 500 Francs.

Dr. E. De V r i j s.

Aus dev Mufeumstoelt

plensbupg.

Während des vergangenen Jahres wurde im Flensburger
Kunstgewerbe-Museum der Hauptraum für das Kunst-
gewerbe Schleswig-Holsteins fertiggestellt. Der Saal enthält
Höchstleistungen des Landes aus der Zeit von 1600—1800. Als
Wandfarbe wurde ein lebhaftes Grün gewählt, das den reichge-
schnitzten Möbeln, der umfassenden Fayencesammlung, dem
Flensburger Zunft- und Innungssilber, sowie den Gobelinwebereien
in gleicii fördernder Weise Rechnung trägt. Daneben wurde die
prähistorische Abteiiung neugeordnet und neuaufgestellt; auf
sattblauem Grund kommen u. a. die Funde aus der Bronzezeit, der
Torsberger Moorfund, der berühmte Nydamer Silberfund, wie
auch die kleine guterhaltene Sammlung römischer Gläser und
unteritalfenischer Gefäße, die den Übergang in die nachchristliche
Zeit darstcllen, hervorragend zur Geltung. —

Die „Nordmarkvorträge“ des vergangenen Winters waren
der Kunst- und Kulturgeschichte Schleswig-Holsteins gewidmet.
In Arbeitsgemeinschaften wurden Themen aus der weiteren Kunst-
geschichte behandelt. Aus der Reihe der Aussteilungen sind die
Graphik-Ausstellung von Hans Gross (Heide-Holstein) und die
Gemälde-Ausstellung von Käte Lassen (Flensburg) zu nennen, in
denen die bei den führenden Künstlerpersönlichkeiten des heutigen
Schleswig-Holsteins vor Augen geführt wurden.

JHCipnbepg.

Das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg beabsich-
tigt auch in diesem Jahre und zwar in der Woche vom 4. bis
9. August Lehrgänge für deutsche Altertumkunde zu
veranstalten: Lichtbildervorträge, Vortragsreihen und Führungen
durch die Samrnlung des Museums, wie auch durch die Kirchen,
bemerkenswertcn Häuser und Höfe des alten Nürnberg. Die
Führungen im Museum werden kostüm- und waffengeschichtliche
Gegenstände, die Technik in alten Metailarbeiten, Möbelkunst,
bäuerliche Altertümer, genealogische und heraldische Fragen und
die Technik der graphischen Künste behandeln.

War die Teilnahme an diesen Lehrgängen in früheren Jahren
auf Lehrkräfte an den höheren Schulen bescliränkt, so soll diesmal
darüber hinausgegriffen und jedem, der sich mit den reichen
Schätzen des Nationalmuseums vertraut machen oder in den Kreis
der deutschen Altertümer einführen möchte, die Teiinahme ge-
stattet werden. Die Zulassung zu den Kursen, die in erster Linie
auswärtigen Interessenten zu gute kommen sollen, da für die
Einheimischen besondcre Vorträge geplant sind, wird lediglich an
eine kurze Kennzeichnung des bisherigen Bildungsganges oder des
mit der Teilnehmerschaft verbundenen ernsten Bildungszweckes
des Antragstellers geknüpft sein. Das genaue Programm der
Lehrgänge samt den näheren Bedingungen sind von heute ab vom
Direktorium des Germanischen Museums in Nürnberg, Kornmarkt
1, kostenlos zu beziehen. Sobald sich, und zwar spätestens bis
zum 15. Juli, 50 Teilnehmer angemeldet haben und zugelassen
worden sind, darf die Abhaltung der Lehrgänge als gesichert gel-
ten; mehr als 200 Personen können zu der Veranstaltung nicht zu-
gelassen werden.

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