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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 10.1896-1897

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Heft 6
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Avenarius, Ferdinand: Das Talent bricht sich Bahn?
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.11731#0096

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tionsmalern, Koinödianten, Rezensenten, Beamten
u. s. w., u. s. w. wirklich um K u n st zu thun wäre,
glauben wir in Zukunft nur ihren Thaten,

und zwar ihren w o h l g e p r ü f t e n Thaten! Mit
unserer Leichtgläubigkeit nehmen wir ihrem Reiche die
Hauptstütze. A.


1K u n d

Dicktung.

* Scböne Literatnr.

Sylvester von Geyer. Ein Menschenleben. Von
Georg Freiherrn von Ompteda. (Berlin, F. Fou-
tane L Co., Mk. 12.)

Der eigentliche Gegenstand dieses Buchs ist der alte
dentsche Armeeadel, sind jene einfachen, wenig bemittelten,
in manchen Gliedern geistig beschränkten aber fast immer
dnrchaus achtbaren Familien, deren Leben uon Geschlecht
zn Geschlecht dem Dienste des Königs gewidmet ist- „Es
ist das Holz, aus dem unsere Helden der Befreiungskriege
geschnitten sind, aus dem die Leute wuchsen, die durch
Blut und Eisen das Reich einten. die einen Moltke her-
vorgebracht haben als höchsten, unerreichten Vertreter!"
Sylvester von Geyer, den Helden des Buchs, begleiten
wir von seiner Geburt durch Schule und Kadettenhaus
ins Regiment nach Meitzen, auf die Kriegsschule, wieder
ins Regiment, wir verfolgen seine Entwicklung, sein Grämen,
Hoffen und Sehnen, seine Verliebtheit und das Keimen
seiner echten Liebe. Nun steht das Glück vor ihm, aber
da stirbt er.

Das Werk macht nur in seinem ersten Bande den
Eindruck, daß die Milieuschilderung seinen Verfasser be-
engt habe. Denn zwar ist diese Milieuschilderung auch
hier trefflich gelungen, aber die Erzählung steht so augen-
scheinlich in ihrem Dienst, daß sie uns nur unruhig
und abgerissen, gleichsam brockenweise gegeben wird. Jm
zweiten Bande jedoch ist Omptedas Kunst wesentlich freier
geworden; von dem Eintritt Sylvesters in die Armee bis
bis zuseinem Tode entwickelt sich die Handlung, entwickeln
sich an der Handlung die Charaktere des Helden und der
Nebengestalten ungezwungen, anschaulich und klar, wäh-
rend auch die Schildernng der Umwelt dieses Menschen-
lebens nicht im mindesten verwaschen wird.

Jch habe dns Buch mit immer wachsender Teilnahme
gelesen. Wird zunächst noch mehr der Kopf als das Herz
von diesen zum Teil recht wunderlichen Leuten interessirt,
so empfindet der Leser je später je mehr den Hauch einer
wohlthuenden inneren Wärme, der Liebe des Verfassers
zu seinen Gestalten. Diese sind durchaus mit den Kunst-
mitteln eines dichterischen Realismus und zumeist bis zu
wahrhaft überraschender Körperlichkeit dargestellt. Obgleich
der „Roman" kaum an irgend einer Stelle komische Wir-
kungen erstrebt, obgleich er an Tiefernstem reich ist und
mit dem rührenden Tode seiner Hauptperson abschließt,
ist sein tiefster Geist dem des echten Humoristen verwandt,
der ja bekanntlich ein sehr ernster Mann zu sein pslegt.
Wir beglückwünschen den Verfasser zu seinem schönen Buch
und den deutschen Armeeadel zu diesem Schilderer. A.

Oas ewige Licht. Erzählung aus den Schriften
eines Waldpsarrers von Peter Rosegger. (Leipzig,

L. Staackmann.

Dieser Roman ist eine Fortsetzung oder, wenn man !

s cl) 3 u.

lieber will, ein Seitenstück zu einem der frühesten Bücher
des steirischen Dichters, zu den „Schriften des Waldschul-
meisters". Wie dieses Werk das Eindringen menschlicher
Kultur in eine steirische Waldwtldnis darstellt, gibt uns
die neue Arbeit die Schilderung des Untergangs rein
bäuerlicher Kultur, die sich vom Geist der Zeit noch unbeein-
flußt gehalten hat, durch eben diesen Geist der Zeit, den
sogenannten Fortschritt. Die von aller Welt abgeschlossene
Gemeinde St. Maria im Torwald wird zuerst Kur-, dann
Jndustrieort, was den Untergang der gesamten alten bäu-
erlichen Bevölkerung bedeutet, ohne daß etwas Lebens-
kräftiges an ihre Stelle tritt. Rosegger hat ähnliches bereits
in seinem Roman „Jakob der Letzte" dargestellt; es unterliegt
keinem Zweifel, daß er von in seiner Heimat beobachteten
Verhältnissen ausgeht. Die Verwandtschaft des vorliegen-
den Romanes mit dem erstgenannten, den „Schriften des
Waldschulmeisters" zeigt sich vor allem auch noch in der
Form; wir erhalten nicht bloß ein Kulturbild,. sondern
auch ein Einzelschicksal, dort das eines vor der Welt flüch-
tenden Schulmeisters,hierdas einesreformatorisch gesinnten
und deswegen aus der Welt verbannten katholischen Pfar-
rers gespiegelt. Künstlerisch, meine ich, bedeutet der neue
Roman einen großen Fortschritt; währsnd in dem Tage-
buch des Schulmeisters noch die Betrachtung, die Reflerion
eine große Rolle spielt, ist sie hier fast überall soweit zurück
gedrängt oder so persünlich gestaltet, daß sie notwendig mit
zur Charakteristik gehört. Der Pfarrer Wolfgang Wieser
wird sicherlich jedem Leser ans Herz wachsen, aber sein
Schicksal, der Wahnsinn, ist freilich sehr traurig und das
Kulturbild außerordentlich düster. Mir will, im Hinblick
auf dieses und ähnliche Werke der letzten Zeit, manchmal
scheinen, als brüche eine neue Periode des Pessimisnius
herein, der Verzweiflung an der Möglichkeit, die sozialen
Fragen unserer Zeit zu lösen. Möge ich mich täuschen!
Rosegger selbst bringt zum Schluß einen sozial gesinnten
Menschen, einen reichen Juden, der die Sünden seines
Vaters zu sühnen versucht. Ob es ihm aber geliugen
wird? Auf alle Fälle ist dies Buch wieder ein Beweis,
daß der steirische Dichter unendlich viel mehr als ein
Geschichtenschreiber und dem Kern nach so „modern" wie
irgend eine unserer Tagesgrößen ist. Jch wünschte wohl,
jedes deutsche Land hätte seinen Rosegger. Vielleicht
erhielten wir dann auch hoffnungsfreudigere Bilder.

A. B.

Ass alide. Dichtung aus der Zeit der provenvalischen
Troubadours von Julius Wolff. (Berlin, G. Grote-
sche Verlagsbuchhandlung, Mk. 6.—)

Es war lange her, daß ich etwas von Julius Wolff
gelesen hatte. Nachdem ich mir vor Jahren aus seinen
tzauptwerken, vor allem dem „Wilden Jäger" und den
Rattenfüngerliedern „Singuf", ein Urteil über ihn gebildet,
war ich auch mit ihm fertig und nahm seine neueren
Werke, „Lurlei", die „Pappenheimer", den „Fliegenden
Holländer", und wie sie alle heißen, nicht mehr in die
 
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