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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,2.1930

DOI Heft:
Heft 8 (Maiheft 1930)
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Stoessl, Otto: Erinnerung an Anton Faistauer
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https://doi.org/10.11588/diglit.8888#0100

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ekwa zu einem schier geistlichen oder aristokratisch-diplomatischen Zug. Die
Vornehmheit unbedingter Künstlerschaft und des Bewußtseins davon, die
gelassene Haltung, eine ständige Gefaßkheit bestärkten diesen ersten äußeren
Eindruck wie die Nede. Er schien sich um jede Antwort erst ties zu besinnen,
bevor er sie gab, aus V'erantwortungsgefühl, aus Vorsicht. Er suchke nach
der zugleich bestimmtesten, aber auch verbindlichsten Form, nach Gültigkeit
und Annehmlichkeit, als wollte er sich und dem Gesprächspartner unter einem
genügen. Er wußte Abstand zu halten als besten Selbstschuh und legke sich
deutlich eine gewisse Behutsamkeit gegenüber Menschen und Eindrücken auf, die
ihn selten verließ. Um so wohlkuender empfand man seine freundschaftliche
Wärme, seine wohlabgewogene Nkeigung wie eine würdigende Wahl.

Nach dcm Zusammcnbruch verließ er Wien und wohnte jahrelang in Salz-
burg, oben auf dcm parkartig bebauken und besicdclken Mönchsberg, in einem
behaglichen alten Miethause, von dessen Fenstern er über Bäume und die ab-
sallende Höhe eine weite Aussicht hatke auf die Skadt unten, aus den Fluß
nnd die Berge des anderen Ilfers, ein Bild, das er zu allen Jahreozeitcn
wieder und wicder malte. Nach Salzburg war er in jeder Weise zuständig.
Seine Eltern besaßcn nahe vom Zeller See, in Maishofen, einen großen
Gasthos samk Bauernguk, und in der näheren und weikeren llmgebung Lrisst
man den Nramen Faistaner bei ähnlichen Wirtschafken, denn es ist einc wcit-
vcrbreitete, durch die ganze Landschaft gcschlungene Familie. Nichk nur der
Krieg, der Hunger und die N!ot Wiens, sondern auch eigenes kummervolles
Schicksal und cin starkes Hcimatgefühl führten Faistauer damals nach Salz-
burg zurück. Er hatte seine erste Frau verloren, an der er schr hing und
mit der im Grab vereinigk zu werden sein lehter Wunsch war. „Sie wissen
wahrscheinlich, wie schön es hier ist. Wenn ich zu aller SchönheitZeik und cin
frohes Herz hätte, könnte ich glücklich scin. Nasch schwindet die Zeit hinter
meinem llnglück wcg und meine llntiefe zu Dingen wic der Tod sehk mein
augenblickliches Dasein ins Licht der Albcrnheit und Hde.... Früher war
ich Iakob, meine Kunst die Leiter, die Frau cin ganzer hoher Himmel. Jch bin
elend, wütend und betreten, ängstlich, ofk süß durchschauernd, geängstigk, hilss-
bedürftig, Fran snchend, mütkerlich besorgt um das Kind, geängstigk um mich
selbst und gekränkt von meiner Frau... Zch habe meine Frau ekwa vierzig-
bis sünfzigmal gemalt und Bilder von ihr hängen an vielen Orten zwischen
Stockholm und Nom. Sie war ein Wcrk mciner Pinsel und bog sich dem
leisesten Druck dcr Farbe als das graziöscste Modell, und ich sürchte entseht,
sie sei an den vielen Bildern gestorben."

Jn der ersten Ausstellung waren etliche dieser Bildcr aufgefallen: das licblich
melancholische junge Wesen, mädchenhaft, im Pelz oder mit Huk, oder nn'k
schön ausgenommcnem reichen Haar, in eincr heute schon altmodisch amnuten-
den Tracht, in sinnendcr Halkung, mit gencigkeni Kopf allein, odcr ihren Kna-
ben zärtlich umsangend oder im Kreis einer Familie. Auch spätere andcre
Frauenporträts behielten cinen verwandten Ausdrnck blütenhafter Sinnig-
keit, als sähc er die Züge der Geliebten in allen schönen Frauen wieder, alle
sind sie einander verwandt im Traum der Sehnsncht. Das stille, pflanzen-
hafte Wesen weiblicher Schönheit hat er mit zärtlicher Besinnung inimer wie-
der dargestellt, und die Werbung einer sinnlich feurigen Männlichkcit und

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