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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,2.1930

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Heft 11 (Augustheft 1930)
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https://doi.org/10.11588/diglit.8888#0399

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werden. Überhaupk scheint neuerdings ei'n
srischerer Zug in die Si'edlungstätigkeit
zu kommen. Es ist zu hossen, daß di'e
Regi'erung endli'ch von tausend Tagespro-
blemen, die durch dcn Partei'gei'st künstlich
ausgebläht werden, die Arme zu diesen
Fragen oon Leben nnd Tod des Vater-
landeü srei bekommt. Denn schon in
greisbarer Zeit kann es zu spät sein.
Dann rväre bald Clömenceaus Traum
von den „20 Millionen Deutschen weni-
ger" erfüllt, nnd wir haben keine Neger,
die uns die Gewalt über ein entvölkertes
Land bewahrten. Unendliche Ausgaben lie-
gen noch vor dem deutschen Geiste —
ohne die Kraft, die unS auö dcm Boden
immer neu zuwächst, werden sie ungelöst
in die Nacht versinken. Erich B r o ck

Fortschritte des Tonfilms

er Sturz in den Abgrund, in den die
Lichtspielkunst durch die Erfindung
des Tonfilms gestoßen wurde, scheint zu-
nächst ein Ende gefunden zu habcn. Stark
ramponiert und nicht ohne Mühe klimmt
die künstlerischc Produktion wieder in die
Höhe. Der frühere Stand ist noch kci-
ncswegs erreicht; immerhin ist zweierler
zu bemerken: man crinnert sich wieder
an die künstlerischen Mittel deö stummen
MlmS, die man in jahrelanger Arbeit
herausgebildet und dann in der Begeiste-
rung, daß ein Hahn auf der Leinwand
richtig „kikeriki" krähte, vollständig ver-
gessen hatte; und man begnügt sich nicht
mehr mit dem bloßen Naturlaut des be-
wußten Hahnes, sondern läßt ihn nur
ertönen, wenn damit sonst noch ekwas be-
sagt wird — wie etwa der Krähenruf
in „D i e letzte Kompagnie" noch
einen unheildrohenden Laut zum düsteren
Bilde der abendlichen, nebligen Sumpf-
landschaft hinzufügt.

An dieser Kriegsepisode auS dem Jahre
1606 deutet sich außerdem etwas Drittes
an: ein Streben nach echter dramatischer
Konzentration, zu der die AuSdrucksmittel
deg Sprechfilms ganz von selbst hindrän-
gen. Die Notwendigkeit, nicht zu lange
in einer bildlich belanglosen Situation
zu vcrweilen, zwingt zur knappsten und ge-
haltreichsten Formulierung des Dialoges.
Zum ersten Male werden Umrisse einer
streng gespannten Sprechfilmdichtung
sichkbar — ein optimistischer Glaube, dem
man nicht zuletzt durch das männlich ver-
haltene Spiel Konrad Beidts und seiner

bravcn Darsteller-Kompagm'e (Karin
EvanS mit eingeschlossen) erliegt.

Auf eine andere Möglichkeit weist Erich
von Strohcims „D ergroßeGabbo"
hin, auf einen Film, der weniger durch
das Bild als durch dcn Ton einen phanta-
stischen Einfall gestaltet: Gabbo, dem
Bauchredner, ist seine Puppe Otto zum
zweiten besseren Jch geworden. Soweit
sie aus diesem Einfall sich entwickeln, ver-
mögen die Gefchehnisse an das unsentimen-
tale menschliche Gefühl zu rühren.

Ein Tummelplatz für den akustifchen
Scherz verspricht der Trickfilm zu werden.
Jn ihrem Vier-Tonfilm-Programm zeigke
die Ufa hierfür ein lustiges Heispiel. Des
weiteren wurde bewiesen, daß Helehrun-
gen zu Tieraufnahmen und Tonfilmcou-
pletö amüsant und kultiviert zu sein ver-
mögen und daß auch der Kriminalfilm
(„Der Tiger") durch die Komplizie-
rung der Technik wenigstens an Exakt-
heit gewinnen kann.

Es sei bei diesen freundlichen Ausblicken
durchaus nicht vergessen, daß in der „Letz-
ten Kompagnie" noch manches — nicht
nur technisch — hohl klingt, daß der
größte Teil des „Großen Gabbo" in kon-
ventionellen Revueaufnahinen besteht, daß
die vier Ufa-Tonfilme von vornhercin
nur sehr durchfchnittliche Unterhaltung
sein wollen; aber eö dürfte der Augenblick
gekommen sein, wo es wichtiger ist, den
in kurzer Zeit gemachten Fortschritt her-
vorzuheben, sowie die erfreuliche Tat-
sache, daß er deutschen Firmen und Künst-
lern gelungen ist. W 0 lfgang Petzet

Notizen

r^elegentlich der Berösfentlichung des
'DlBeitragS von Friedrich Rintelen
möchten wir an dessen „Reden und Auf-
sätze" (Benno Schwabe, Basel) erinnern,
die wir schon im Dezemberheft besprochen
haben. Ein bedeutender Forscher alter
Kunst — wir verdanken Rintelen das
beste Buch über Giotto (ebenda) — zeigt
sich dort als ebenso empfänglicher und
feinfühliger Denter neuerer Kunst, als
Philosoph, Literaturforscher und, nicht zu-
letzt, als hervorragender Schriftsteller.
Übcr Olaf Duun, den stärksten norwe-
gischen Epiker neben Hamsun, bereiten
wir eine größere Arbeit vor, weisen aber
heute schon auf die „Juwikinger" (2 Bde.
bei Rütten und Loenina, Frankfurt am
Main) hin.

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