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Kunstwart und Kulturwart — 27,1.1913

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1913)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14287#0177

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und wäre diesein hochherzigen Manne unmöglich gewesen. Später hat
sein König dem in den Grafenstand Erhobenen eine bedeutende Schen-
kung gemacht. Lr hat sich das Glück gefallen lassen, ist aber wie in
seinem srüheren Zustande immer ein höherer Herr seines Mutes und Herzens
geblieben als Herren, welche das Glück machen kann, immer sern von
jeder Hosfart und Habsucht, großmütig, hilfreich, freigebig, wie die allbe-
lebende Sonne und Lust. Ich weiß durch die Erzählungen und Be-
kenntnisse vieler seiner Freunde, wie gern, wie zart und wie geschwind
er immer Herz und Hand geöffnet hat, wo er Würdigen und Unglück-
lichen irgend helfen konnte.

Nirgends aber erschien die Herrschast über die gemeinen Bedürsnisse
und Leidenschaften und über die Kümmerlichkeiten des gewöhnlichen Lebens
in diesem Manne glänzender als in seiner Haushaltung. Ich habe diese
seine Haushaltung im mittelmäßigen Zustande in Berlin, ich I)abe sie im
glänzenden Zustande in Koblenz und in Berlin gesehen. Immer war
Freigebigkeit und Anmut, später Pracht und Glanz da. Er selbst, der
leuchtende Mittelpunkt der Gesellschast voll Liebenswürdigkeit und Heiterkeit,
indem er alles durch Fülle und Herrlichkeit zu erfreuen und beleben
suchte, zeigte sich auch als Held bei den gewöhnlichen Genüssen; einsach und
mäßig in Speise und Trank, mit wenigen Gläsern Wein zusrieden, munterte
er seine Gäste zum reichsten und fröhlichsten Genuß ans nnd hatte es gern,
wenn sie sich in voller, jnbelnder Freiheit der Freude ergingen.

Alles dies, was bisher erzählt ist, hat den Menschen und Helden edel
und liebenswürdig gezeigt, aber unter keinem Schilde erscheint er größer,
als auf welchem die Inschrift steht: Ich dien. Wie er seinem preußischen
und deutschen Vaterlande und seinem Könige gedient hat, das steht mit
unauslöschlichen Zügen in den Herzen der Nochlebenden geschrieben und
wird, wir hoffen es, in den deutschen Iahrbüchern auch künftig nicht un-
geschrieben bleiben. Ich habe schon angedeutet, wie er auch politisch ge-
dient hat, welche Stelle im preußischen Heere er neben Blücher einge-
nommen hat. Obgleich von Gottes Gnaden ein Mann der ersten Ordnung,
hat er immer doch nur in zweiter Ordnung gestanden, ist von vielen, wie
es auch den Besten oft widerfährt, aus Neid oft nur als ein Mann
dritter, vierter Ordnung bezeichnet, während die, welche ihn erkannten, wann
Hardenbergs Lntschlüsse, Blüchers Siege gelobt wurden, immer auch wohl
von Gneisenaus Einsicht, Mut und Kühnheit ein Wörtlein mit drein
schallen ließen. Wer kann die Summe der menschlichen Taten berechnen,
wer kann vollends diesem zurechnen, was ihm gebührt, ihm, der immer in
verdeckter und oft in belauerter Stellung unter Hardenberg und Blücher
gedacht, entworfen und gewirkt hat? Wer will uns jetzt noch sagen, wo
Gneisenaus Einsicht, Kühnheit und Geist die andern mitbegeistert und
mitgeholt oder gar zuweilen übergeistert und übergeholt hat? Hier, wo der
Dienst der schwerste ist, wo Mißdeutung, Verkleinerung, Lntstellung, Ver-
leumdung ein so leichtes Spiel haben, weil ein verdecktes Spiel, hier
hat der Mann das Ich dien im allerschönsten Sinne bewährt. Man hat
ihn hier immer nur wie untergeordnet und beigeordnet gesehen, nie
als einen Erhobenen, oder welcher sich selbst erhoben und überhoben hätte.
Er hat dem großen Gefühle gedient, daß ein Vaterland gerettet und
verherrlicht, daß ein stolzer Königsthron wieder zu verlorner Glorie auf-
gerichtet werden sollte. Wohl hat man den lebendigen und feurigen
Mann wnndersame Vorfälle, merkwürdige Abenteuer und Taten von
 
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