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Kunstwart und Kulturwart — 27,1.1913

DOI issue:
Heft 4 (2. Novemberheft 1913)
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Avenarius, Ferdinand: Freideutsche Gesinnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.14287#0333

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der eigenen Verantwortlichkeit. Deshalb wählen wir für die frei--
deutfche Arbeit unsre Führer felber.

2. Wir wollen Deutfche fein. Das Beste, was uns gegeben ward,
erhielten wir durch unser Volk, das Beste, was wir erreichen können,
wollen wir unserm Volke geben. Wir wollen Menschen der Heirnat fein,
die wir Pflegen und lieben, aber auch die Deutschen in Ssterreich und der
Schweiz gehören zu uns. Unsre Bewegung kennt Volktums-, aber keine
Landesgrenzen.

3. Wir wollen uns in jeder Weise körperlich tüchtigen. Wir
wollen unsern Leib mit Muskeln und Sinnen üben. Wir wollen in
jeder Beziehung gesund leben. Wir wollen Verweichlichung sowohl wie
Vergistung vermeiden.

Wir wollen beweisen, daß man auch ohne künstliche Reizmittel,
insbesondere ohne Alkohol und Läikotin froh sein und daß man so allein
jene echte Freude Pslegen kann, die Ausdruck der Tatsache ist, daß
Körper und Geist sich wohlig nähren.

5. Wir wollen gegenüber dem steigenden Luxus bewußt und ent--
schieden die Linsachheit der Lebenshaltung pslegen.

6. Wir wollen in der Kleidung wie bei innerlichen Dingen die bleibenden
Sachforderungen gegen die Moden unterstützen.

7. Unter Freiheit verstehen wir die FLHigkeit und das Recht, nach
der eigenen Äberzeugung zu leben. Wir wissen aber, daß ost
für eine Äberzeugung gehalten wird, was doch nur Suggestion ist, und
ferner, daß sich auch ehrliche Äberzeugungen beim Wachsen der Er--
sahrungen wandeln. Deshalb lehnen wir für unsre jungen Iahre und
für die Allgemeinheit unsres Bundes jede Bindung aus irgend-
eine Parteirichtung ab. Der Einzelne wird sich anschließen, wo
er's sür richtig hält, und dort in freideutschem Sinne wirken.

6. Wir streben nach unbedingter Wahrhastigkeit bei uns
selber und bei den andern, wir bekämpsen die Lüge, gleichviel, ob sie sich
bei uns, unsern Geistesverwandten oder unsern Gegnern, ob sie sich geheim
oder öfsentlich, ob sie sich in privatem oder angeblich „höherem" In--
teresse zeigt.

9. Wir wissen, daß die Iugend nicht berufen sein kann, die Älteren
zu lehren. Aber wir glauben, daß wir trotz unsrer Iugend in unserm
Volk nützlich und sür manche erzieherisch wirken können durch unser
Beispiel. Damit wollen wir zwar nicht auftrumpsen. Meinen aber:
wenn unsre Scharen in Stadt und Land bei einsachster Lebensführung
sroh sind und eben dadurch Alkohol, Nikotin und Lurus jeder Art zum
allermindesten als entbehrlich zeigen, wenn sie die alten und neuen
Kunst- und sonstigen Kulturgüter unsres Volkes überall in Lhren halten
und da und dort durch ihre eigne Pflege vielleicht wieder zu Lhren
bringen, wenn sie zeigen, wie strenge Selbstdisziplin mit höchster
Freiheit der Iugend vereinbar ist, wenn sre zeigen, daß sie Anders-
denkende zu achten und von Andersdenkenden zu lernen wissen, so wird
das ohne viel Worte manchem Altersgenossen die Augen öffnen, der

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