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Kunstwart und Kulturwart — 27,1.1913

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Heft 4 (2. Novemberheft 1913)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14287#0405

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anderes Bild. Mindestens ein Er-
gebnis unserer psychologischen For-
schung wurde allgemein als gesichert
anerkannt: das verschiedene
LntwicklungstempoderKna-
ben und Mädchen. Der Fortschritt
der geistigen Fähigkeiten verläust bei
Knaben und Mädchen in einem ganz
abweichenden Rhythmus, der zum
Teil durch den srüheren Lintritt der
Pubertät beim Mädchen bedingt ist.
Dabei hat nicht etwa ein Geschlecht
dauernd einen Vorsprung gegen das
andere, vielmehr divergieren und
konvergieren die Kurven des Alters-
fortschritts in mannigfacher Weise.
Freilich zeigt im ganzen die Lnt-
wicklungslinie der Knaben vom 6. bis
s8. Iahr einen regelmäßigeren Auf-
stieg, als die der Mädchen, die oft
vor und nach der Pubertät sonder-
bare Stagnationen und Rückbiegun-
gen aufweist.

Die Psychologie entwickelte aber
noch eine Reihe weiterer typischer
Unterschiede. Schon in der Kindheit
steht der größeren Rezeptivität des
weiblichen Geschlechts eine größere
Produktivität einerseits, eine größere
Oppositionslust anderseits beim Kna-
ben gegenüber. Ferner hat die ge-
samte Stellungncchme zur Welt beim
Knaben einen mehr sachlich objek-
tiven, beim Mädchen einen mehr
persönlich subjektiven Charakter. Na-
türlich sind diese Nnterschiede noch
nicht durchgängig erwiesen; wo sie
es sind, gelten sie zudem nur als
Durchschnittswerte (nicht für jedes
einzelne Individuum) und sie er-
heben sich auf einem breiten Unter-
grund seelischer Äbereinstimmungen.
Ls ist deshalb mehr ein Gegenstand
persönlicher Einstellung, wenn der eine
Psychologe vor allem die Nnterschiede
hervorzuheben, der andere mehr die
Äbereinstimmungen zu betonen neigt.

DerReferent hat die praktischeKon-
sequenz aus den psychologischen Be-
funden folgendermaßen zu formulie-
ren versucht: „Wenn dieheutigeMäd-

chenerziehung die Rangunterschiede
gegenüber dem Knaben beseitigen
will und wenn sie alle Gegen-
stände der Kultur dem Mädchen
ebenso zugänglich machen will wie
dem Knaben, so entspricht dies nur
unserer These, daß im Rang und
im Gegenstand nicht das Entschei-
dende der Geschlechtsverschiedenheit
liegt. Wenn sie aber die gleichen
Gegenstände dem Mädchen in der
gleichen Form wie dem Knaben
bietet, die gleichen Linstellungs-
weisen voraussetzt oder sordert,
die gleichen Entwicklungs-
tempi annimmt usw., dann scheint
Wesentliches der weiblichen Ligen-
art bedroht zu sein."

(Ein zweiter Beitrag folgt.)

William Stern

Kleine BerichLigungen rmd
Ergänzungen

„Dürerbund in Öfterreich"

^n dem Verzeichnisse der österrei-
«Ochischen Mitglieder unsres Ge-
samtvorstandes, das im vorigen Hefte
zu diesem^Thema erschien, ist der
Name des Reichsratsabgeordneten
Lngelbert Pernerstorfer durch
ein Versehen in der Setzerei wegge-
fallen. Auch in Österreich soll der
Gesamtvorstand des Dürerbundes
Mitglieder aller politischen Rich-
tungen umfassen, um so ein Arbeiten
für gemeinsame Ziele umfassen-
der und wirksamer zu gestalten.

Wie man echte Wirkung
nicht erzielt

Auch etwas zur vaterländischen Er-
ziehung

indern Handlungen als edle, groß-
mütige, verdienstliche zum Muster
aufzustellen, in der Meinung, sie
durch Einflößung eines Enthusias-
mus für dieselben einzunehmen, ist
vollends zweckwidrig. Denn da sie
noch in der Beobachtung der gemein-
sten Pslicht und selbst in der richtigen
 
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