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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1873

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Kohn, N.: Der angebliche Votiv-Altar des Tribunen Scudilo
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Luschin von Ebengreuth, Arnold: Ein vergessenes Grab zu Strassburg in Elsass
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https://doi.org/10.11588/diglit.25450#0023

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12

Nun aber lautet der Schluss unserer Inschrift dahin, dass
der Tribun den Altar auf Befehl seines Fürsten errich-
tet habe (jussu prineipis sui aram istam posuit). Welcher
christliche Kaiser dieser Zeit hätte es wagen dürfen,
seine Religion verläugnend dem Jupiter einen Altar
zu weihen! Man bedenke nur, welchen Sturm der
Entrüstung ein solches Vergehen in der ganzen Kirche
hätte hervorrufen müssen. Wenn Herr Dr. Knabl die
Worte: „jussu prineipis sui“ nicht auf die Denkmals-
Errichtung , sondern auf die im Voranstehenden ange-
deutete Mission des Tribunen bezieht, wonach also der
fragliche Officier sagen wollte, was sich im Grunde
von selbst versteht, dass er auf Befehl des Kaisers die
Reise angetreten, so muthet er unserer Inschrift eine
Wortfolge zu, die eine Versündigung am Geiste der
lateinischen Sprache wäre. Es ist übrigens bekannt, dass
in Fällen, wo Votivgegenstände nicht im eigenen Namen,
sondern auf Befehl eines Zweiten errichtet werden, der
Stifter derselben durch Vorsetzung der Formeln „ex
auctoritate“ oder „ex jussu“ vor seinen Namen zur
Kenntniss gebracht wird, ähnlich wie sonst bei Inschrif-
ten dieser Art die göttliche Veranlassung zur Widmung
durch die Formeln: ex visu 16, ex proscripto, jussu *7,
ex imperio“ u. dgl. zum Ausdrucke gelangt.
Endlich muss es Wunder nehmen, dass Gelehrte wie
Gruterund Muehar ein Denkmal, dessen Errichter
sich einen Tribunen der zehnten prätorischen Cohorte
nennt, seiner Entstehung nach in die Zeit des Constan-
tins Gallus versetzen konnten. Auch Herr Dr. Knabl
erinnert sich erst in den Nachträgen zu seinen Inschrif-
ten-Publicationen (9. Heft der Mittheil- des hist. Ver.),
dass die Prätorianer bereits im Jahre 312 n. Chr. von
Constantin dem Grossen aufgehoben worden. Da es
ihm aber fast zum Dogma geworden ist, der Inschrift-
stein könne unmöglich „auf irgend eine andere Bege-
benheit als auf die Entsetzung des Cäsars Gallus
bezogen werden“, so müht er sich ab, auch diesen
Einwurf eines nackten historischen Factums zu ent-
kräften. Von den alten Prätorianern, welche Constantin
in die Legionen und in die Palasttruppen vertheilte,
könnte — wie Herr Dr. Knabl meint — „ein oder der
andere Veteran von jener Zeit her sich noch von seiner
Cohorte zu schreiben gewohnt gewesen sein.“ Denn

im Grunde genommen seien die Palatini der eonstan-
tinischen und rach-constantinischen Zeit von den Prä-
torianern nur dem Namen nach verschieden gewesen.
— Auch diese Hypothese ruht auf schwachen Füssen.
Die historischen Nachrichten erlauben es nicht, die
Palatini der späteren Kaiserzeit als mit den Präto-
rianern identisch anzusehen. Sie kamen diesen weder
an Privilegien noch an angemasster Gewalt gleich.
Indem Constantin im Jahre 312 n. Chr. dieses zügellose
Corps, das wiederholt nach seinem Gutdünken Kaiser
ein- und abgesezt hatte, auflöste und grösstentheils
niedermetzelte, war es ihm offenbar nicht um eine
blosse Namensänderung zu thun. Zwischen diesem
Factum und dem tragischen Ausgange des Gallus liegt
übrigens der lange Zeitraum von 42 Jahren! Bei dem
Hasse und dem Abscheu, der sich an den Namen der
Prätorianer knüpfte, hätte auch kaum jemand es für
angezeigt gehalten, sich auf einem öffentlichen Denk-
male als ehemaligen Angehörigen dieser Truppe zu
bezeichnen. Überdies ist es ein noch im Dienste ste-
hender Tribun, von dem unsere Inschrift spricht. Man
erwäge nur, um sich die Sache zu vergegenwärtigen,
ob es wohl wahrscheinlich ist, dass heutzutage ein
activer Officier der k. k. österreichischen Armee, der
auf einem Denkmale seinen Rang angeben will, auf
eine Charge zurückgriffe, die er in einem seit 42 Jahren
nicht mehr bestehenden Corps bekleidet hatte, —
vollends wenn dieses Corps wegen wiederholter Meu-
terei und Zuchtlosigkeit mit Schimpf und Schande auf-
gelöst werden musste!
Was sonst noch von Herrn Dr. Knabl vorgebracht
wird , gehört nicht zur Sache. Dass es auch im IV.
Jahrhunderte Tribunen und Cohorten gab, wird nie-
mand in Abrede stellen wollen. Den Beweis aber, dass
auch in nach-constantinischer Zeit cohortes praetoriae
bestanden, ist er schuldig geblieben, musste er schuldig
bleiben. Was übrigens Scudilo anlangt, dem Muehar
und Knabl unseren Votiv-Altar vindiciren, so sind wir
durch Ammianus Marcellinus in den Stand gesetzt,
seinen militärischen Rang genau zu kennen. Er war
begreiflicher Weise nicht Tribun einer prätorischen
Cohorte, sondern „scutarioriun tribunus“ 18, oder „scu-
tariorum rector“ 19.

Ein vergessenes Grab zu Strassburg in Eisass.
Von Dr. A. Luschin.

Hat man in der schönen romanischen Thomaskirche
zu Strassburg Pigalle’s Arbeit — das Denkmal des
Marschalls von Sachsen, welches den Chor-Abschluss
des Hauptschiffes einnimmt, bewundert, und folgt man
dem erklärenden Küster auf seiner gewöhnlichen Runde,
so gelangt man rechter Hand in die Abseite des öst-
lichen Seitenschiffes. Hier fällt ein aufrecht eingemauer-
ter Grabstein von etwa iya Fuss Breite und 4*/s Fuss
Höhe vielen der Vorübergehenden in die Augen. Der
gewissenhafte Cicerone dieser Sehenswürdigkeiten,
welchem freilich auch Sehöpflin und einige andere
Elsässer, deren Büsten an gleichem Orte aufgestellt
sind, „französische“ Gelehrte waren, bezeichnet den
16 Jabornegg - Altenfels Nr. CCIII.
17 Orelli 1445, 1475.

fraglichen Denkstein den Neugierigen regelmässig als
das Grabmal jenes Strassburger Bischofs, von welchem
dieser Tlieil der Kirche erbaut worden sei. Es lässt
indessen schon ein flüchtiger Blick erkennen, dass das
Bassinet eines Kriegers, für die Mitra eines Kirchen-
fürsten angesehen die Veranlassung zu einem beständig
abgeleierten Irrthume abgibt. Meine Theilnahme wuchs,
als mich die Inschrift belehrte, dass ich vor dem Steine
eines im XIV. Jahrhunderte verstorbenen österreichi-
schen Ritters stünde. Leider gebrach es an Gelegen-
heit zu einer förmlichen Zeichnung, ich musste mich
auf eine rasch gemachte Skizze und eine möglichst
genaue Copie der Umschrift beschränken.
18 Amm. Marc. L. XIV. C. 11.
'9 Ibid. C. 10.
 
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