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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1873

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Pichler, Fritz: Das Landschafts-Zeughaus in Grätz
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https://doi.org/10.11588/diglit.25450#0046

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Das Landschafts-Zeughaus in Grätz.
Yon Dr. Fritz Pichler.

Der Tower in London, das Musee d’Artillerie zu
Paris, die historischen Museen zu Berlin und Dresden,
das kaiserliche Arsenal zu Wien, das bürgerliche Zeug-
haus ebendaselbst und die ambraser Sammlung pflegen
in erster Leihe genannt zu werden, wenn von imposan-
ten Waffensammlungen die Hede ist. Aber der Reiz
und der innere Werth fast einer jeden ist durch scharfe
Eigentümlichkeiten bestimmt. Der Tower beginnt von
Haus aus als Zeughaus und nicht als Prunksammlung,
das Beste läuft erst vom XVII. Jahrhundert ab; in der
Zeit des Bürgerkrieges ist er stark ausgeplündert und
zählt nicht über 5700 Nummern. Das pariser Museum,
erst 1788 eingerichtet, oft ausgepliindert, hat zwar viel
an den Louvre verloren; aber Napoleon III. verhalf ihm
wieder zum Ruhme der grössten Reichhaltigkeit und
Vollständigkeit, so dass es nunmehr mit 5200 Nummern
ausgerüstet dasteht. Das berliner Zeughaus hat wenig
alte Waffen, selten über die Percussions-Gewehre zu-
riickgehend, und was Monbijou mehr leistet, leidet an
dem bitteren Durcheinander dieser Sammlung.
Das dresdener Museum historischer Waffen ist ein
wahrer Juwel; es geht, beiläufig gesagt, von 1553 aus,
greift von da nicht viel über ein Jahrhundert zurück und
imponirt weniger durch Harnische, als durch seine De-
gen-Serie. Die Stückzahl ist 60.000.
Die wiener Arsenal-Sammlung, reich und umfassend,
neu gesondert, trefflich beschrieben und illustrirt, meist
Prunkstücke fürstlicher Sammler bietend, dürfte das
Tausend an Nummern noch nicht überschritten haben.
Das wiener bürgerliche Zeughaus ist eine Schö-
pfung des XV. Jahrhunderts; man findet da nicht Pracht-
stücke, aber schöne Reihen von seltenen prakticablen
Formen, grosse Bestände von Stoss- und Hiebwaffen
und namentlich mehr Setzschilde als anderswo.
In der Beseitigung alten Systemwustes haben hier
an letzteren Sammlungen Männer, wie J. Edl. v. S ch ei-
ger, Fr. von Leber und neuestens Quirin Leitner,
welcher jüngst die innerösterreichischen Lande bereiste,
Mustergültiges geleistet. Leber’s Werk über das kaiser-
liche Zeughaus vom Jahre 1846 zählt 749 Nummern.
Die ambraser Sammlung endlich geht von 1570
aus, begann mit etwa 126 Harnischen und alle Rü-
stungsstücke stammen aus der Zeit der geschlagenen
Plattenharnische (von 1450 an). An vollständigen Rü-
stungen sind über 500; wichtig ist die Beigabe von
Turnier- und Waffenabbildungen. Primiss er, Berg-
mann und Sacken haben am meisten zur Bekannt-
gabe der Schätze dieser Sammlung beigetragen.
Wenn wir jetzt die Armeria zu Turin, die Museen
zu Sigmaringen , München, von Czarskoe-Selo bei
Petersburg, zu Brüssel und einzelnen schweizer Can-
tonen nennen, so sind wir zum mindesten berechtigt,
sogleich darnach das Grätzer Zeughaus der Landschaft
anzureihen.
Wenn es den wiener Sammlungen an Pracht und
Zahlreichthum nachstelit, so hebt es sich von beiden
vortheilhaft ab durch die genaue Einrahmung seiner
Objecte, wie sie vom Kriegsbedarf des XVI. bis anfangs
XIX. Jahrhundertes gefordert werden, durch die gröss-
tentheils ganz zeitgleiche und höchst mobile Einlage-
xvur.

rungsweise der Geräthe, durch die Masse des im allge-
meinen gleichen und doch in kleinen Ausführungen
lebhaft verschiedenen Waffenwerkes. Es sind Bestände,
die in Massen ausgenützt, Bestände, die aber vielleicht
auch gar nicht zur Hinausgabe gekommen sind; festge-
arbeitete Alltagswehren und hinwieder elegante Kunst-
werke, dem Manne eigen, wie er mit Tausenden hin-
schritt, wie dem hochadeligen Anführer, der mit seinen
besten Stücken glänzte. Das schmale Haus mit den drei
Stockwerken neben dem Landhause, mit seinen eisen-
drahtverknüpften Fenstern, mit seinen Standbildern von
Mars und Bellona und mit dem Wappen Myndorf (Hof-
kriegs-Präsident), Rotenmann (Propst Andreä) , Ratt-
mannsdorf, Saurau, Eibiswald, stammt aus dem Jahre
1644. Allerdings öffnet sich das breite Einfahrtsthor
nur beim Klange der Feuerglocke. Aber das mit Unrecht
im Rufe der Unzugänglichkeit stehende altersgraue
Gebäude thut sich von der Landhaus-Hofseite jedem
Besucher auf, der in die Vorzeit eingehen will. Auch
an ganz allgemeinen Andeutungen über den hochinter-
essanten und werthvollen Inhalt fehlt es in der Lite-


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