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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1873

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Lind, Karl: Passau, 3
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Grueber, Bernhard: Die Kunst des Mittelalters in Böhmen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.25450#0107

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90

etwas auszustellen ist, so ist es, dass diese mitunter zu
eingreifend, besonders an Werken der Sculptur, durch-
geftibrt wurden, wodurch der Charakter derAlterthttmlich-
keit derselben arge Einbusse litt. Neben dem Kirchen-
schiffe ist eine ganz kleine Capelle, als die Betzelle
Severin’s bezeichnet, Uber deren Alter jedoch die jetzige
Restauration gar keine Vermuthung mehr zulässt. Der
Chor ist ein gothiseher Bau, der im Jahre 1476 anläss-
lich einer in der Kirche nothwendig gewordenen Haupt-
reparatur aufgeführt wurde. Wir finden da stark profilirte
Rippen, hohe schmale Fenster und aussen die übliche
Strebepfeileranlage.
Von alten Werken der Sculptur erscheinen erwäh-
nenswerth drei Grabsteine von Pfarrern, davon zwei in
die Mitte des XIV. Jahrhunderts zurückreichen (früher
im Fussboden, jetzt an der Wand aufgestellt), eine fast
lebensgrosse Madonna, vielleicht noch dem XIII. Jahr-
hundert angehörig, eine etwas ältere Statue des heil.
Severin, die Statuen der heil. Elisabeth und Maria aus
dem XIV. Jahrhundert, ein Relief, den Tod Mariens
vorstellend, aus dem XV., und (wahrscheinlich etwas
jünger) die Statuen des h. Sebastian und Wolfgang.
Zunächst des Einganges steht ein Römerstein, der
jetzt, oben entsprechend ausgehöhlt, als Weihwasser-

stein benützt wird. Seine Inschrift lautet: D. M. | Fau-
stini | ano vect j illyr vil J ingenus | fil. et felix J C. S. C.
ex vi | ejus b. m. pp.
Die am linken Ilzufer gelegene Ilzstadt steht zwar,
an Altehrwürdigkeit den anderen Theilen Passau’s nach,
doch finden sich schon im XI. Jahrhundert Spuren
dieser Ansiedlung, die bald in innigen Veiband mit
Passau selbst trat. Hier hatten Schiffer und Schiffbauer,
auch Juden ihren Wohnsitz aufgeschlagen. Hier war
die Zollstätte des Klosters Niedernburg für die Handels-
leute, welche den mit Böhmen die Verbindung herstel-
lenden goldenen Steig benützten.
Die dem heil. Bartholomäus geweihte Pfarrkirche,
ein stark restaurirter und umgestalteter Bau des XV.
Jahrhunderts, davon einigeTheile noch älter sein mögen,
wie die untere Partie des Thurmes (Ende des XIII. Jahr-
hunderts), enthält als einzige Sehenswürdigkeit einige
noch dem XV. Jahrhundert angehörige Glasmalereien,
die aus der Collegiatkirche St. Salvator hielier übertra-
gen wurden. Sie enthalten die in ihrer Art eigenthüm-
lichen Darstellungen eines vermeintlich von den Juden
an heil. Hostien begangenen Frevels.
(Schluss folgt.)

Die Kunst des Mittelalters in Böhmen.
Von Bernhard Grueber.
Fortsetzung.
(Mit 34 Holzschnitten.) *

Die Pfarrkirche in Kouffm.
Die ehemalige Kreisstadt Kouffm gehört zu den
ältesten Orten Böhmens, wurde jedoch erst mit Kolin
zur Stadt erhoben, in welcher Zeit auch die Erbauung
der Pfarrkirche und der zum Theil noch in gutem Zu-
stande befindlichen Stadtmauern erfolgte. Bereits im
XII. Jahrhundert war Kouffm der Sitz eines Erzdecans
und besass eine von den dreizehn Hauptkirchen Böhmens,
doch hat sich von diesem Gebäude nicht die mindeste
Spur erhalten.
Die dem heiligen Stephan gewidmete Pfarr- und
Decanal-Kirche zeichnet sich, von einigen Verzopfungen
der Aussenseite abgesehen, vor allen Übergangsbauten
des Landes durch gleichmässige Detailbildung aus;
das Innere ist beinahe vollständig erhalten und lässt
erkennen, dass das Ganze ohne Unterbrechung in kurzer
Zeit ausgeführt worden ist. Das Kirchenhaus ist drei-
schiffig und hält die Basilicaform ein ; zu beiden Seiten
stehen drei quadratische mit runden Mitteldiensten
versehene Pfeiler von ähnlicher jedoch viel schlankerer
Gestalt, als wir sie in Kolin kennen gelernt haben.
Sowohl der hohe Chor 'wie die Abschlüsse der Seiten-
schiffe sind auf die übliche Weise aus dem Achteck
gezogen, ein Querhaus ist nicht vorhanden, doch wird
die Kreuzform durch zwei neben das Presbyterium
gestellte, über den Seitenschiffen sich erhebende Tliürme
ausgedrUckt.
Das für eine städtische Pfarrkirche ungewöhnlich
lange, um 8 Stufen erhöhte Presbyterium gibt Kunde,
welch hohen Rang die Koufimer Kirche eingehalten

habe. An beiden Seiten sind in die Wand je neun
Nischen eingelassen, welche anstatt der Chorstühle
für die sich hier versammelnden kirchlichen Würden-
träger dienten. Unter dem hohen Chor befindet sich
eine achteckige, von einer Mittel-Säule unterstützte und
der heil. Katharina gewidmete Krypta, in welche man
auf schmalen in der Mauerdicke angelegten Treppen
hinabsteigt.
Die Hauptmasse zeigen sich wie folgt:

Lichte Länge des Hauptschiffes von der Westwand bis

an den Triumphbogen.
lichte Länge des Presbyteriums und Chor-
. 66
Fuss
Schlusses zusammen.
. 55
V
Weite des Langhauses.
Weite des Mittelschiffes zwischen den
. 56
n
Pfeilern.
. 231
■A„
Pfeilerstärke.
4
1 2 51
Höhe des Mittelschiffes.
. 45
77
Höhe der Seitenschiffe.
. 24
77
Der Fussboden der Krypta liegt 15
Fuss
unter

dem Pflaster des Presbyteriums; die Krypta hält im
geraden Durchmesser 22 Fuss und ist bis in den
Gewölbescheitel 12V2 Fuss hoch. Unterhalb derselben
liegt noch eine ältere nicht mehr zugängliche Begräbniss-
capelle. Kirche und Krypta sind einheitlich und es
zeigt sich in der Behandlungsweise der hier und dort
vorkommenden Decorationen, Rippen und Gewölbe-
bildungen nicht der leiseste Unterschied. Die Laub-
werke, Blumen und Bandverzierungeu sind genau in
derselben Weise entworfen und ausgeführt, wie die in
 
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