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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1873

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Semper, Hans: Donatello, seine Zeit und Schule, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.25450#0306

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Donatello, seine Zeit und Schule.
Von Dr. Hans Semper.
(Fortsetzung.)

Goldschmiedkunst, resp. Metallotechnik des
Mittelalters.
Ein jedes Metall ist dehnbar, schmelzbar und
sch neidbar. Vermöge seiner Dehnbarkeit kann es
zu Blättchen, Blech oder Platten geschlagen
und gewalzt, vermittels Hämmerns verdichtet
und geformt, vermittels Ziehens zu Fäden und
Draht gedehnt werden.
In Folge seiner Schmelzbarkeit kann man es
in die verschiedensten Formen giessen.
Seine Schneidbarkeit endlich gestattet eine
Ausschneidung dünner Platten nach bestimmten Zeich-
nungen, oder aber eine Musterung seiner Oberfläche
durch Wegnehmen von Theilen.
Solche ausgehöhlte Stellen einer Metallfläche
können mit andern Stoffen ausgefüllt werden, um den
Schmuck zu erhöhen.
I. M e t a 11 als dehnbarer Stoff.
a) Arbeit mit Metallblech.
Es dient zur glänzenden Bekleidung einer weniger
edeln Unterlage und wird gewöhnlich mit Zeichnungen
in Relief geschmückt.
Die Herstellung solcher getriebener Metallblech-
tafeln geschah in kurzem folgendermassen: Eine Metall-
tafel wird gegossen und gehämmert oder gewalzt, bis
sie gleichmässig dick und ohne Risse ist. Mit einem
Eisengriffel werden hierauf die Umrisse der Figuren
eingekratzt und sodann durch Hämmern auf weicher
Unterlage, wie Pech, in Relief herausgetrieben, oder
auch durch Stempel hineingepresst.
Diese Technik fand schon in den mythischen Zeiten
des Alterthums ihre Verwendung, kam in der classi-
schen Zeit etwas in Abnahme, um unter den Alexandri-
nern und römischen Kaisern wieder mit Vorliebe zum
Schmuck von Möbeln, Geräthen und selbst Wänden ver-
wendet zu werden. In der besten Zeit wurden beson-
ders Metallgefässe auf diese Weise geschmückt, so im
Nationalmuseum von Neapel mehrere schöne antike
Silbergetässe mit getriebenen Centauren, Amorinen,
Masken, Frauen, die Toilette machen etc. Die getrie-
bene dünne Platte dient als Bekleidung einer stärkeren
glatten Metallunterlage.
Im christlichen Cult fand ganz besonders diese
Technik der Goldschmiedkunst Aufnahme, seitdem
dieselbe durch Constantin zur Staats-Religion erhobem
worden war. Dem beginnenden Verfall des Ge-
schmacks entsprechend wog diese Technik vor dem
Bronceguss, vor, da sie leichter auszuführen ist, als der
Guss. In Rom Hess Constantin vermuthlieh in dieser
Technik einen Silbergiebel von 2025 Pf. Gewicht
mit den 12 Aposteln und Christus in Relief an
der Basilica seines Namens herstellen; in derselben
Kirche errichtete er 7 Altäre, die mit getriebenem Sil-
ber im Gewicht von je 200 Pf. bekleidet waren u. s. f.

Im folgenden Jahrhundert (c. 432) erneuert Kaiser
Valentinian auf die Bitte des Papstes Sixtus III. den
Silbergiebel der constantinischen Basilica, der von den
Barbaren geraubt worden. Derselbe Kaiser stiftete über
der Confession von S. Peter ein „goldenes Bild“ (imago)
mit den 12 Aposteln und Jesus unter 12 Bögen (cum
duodecim portis) etc.
Von Constantin war ein neuer Kunst-Impuls auch
nach Byzanz, und von dort wieder schon bald darauf
nach einigen Punkten Italiens getragen worden. Con-
stantinopel war die eigentliche Heimstätte für den mit-
telalterlichen Blech-Styl und alle zur Flachheit ver-
kümmerten Reliefdecorationen.
Das sechste und siebente Jahrhundert waren, aus-
genommen vielleicht in Ravenna, eine Zeit tiefen Verfalls
aller Künste und so auch der Goldschmiedekunst. Ur-
sache hievon waren einmal die Kämpfe Constantinopels
gegen die Gothen, sodann die Einfälle der Longobarden,
welche sich anfangs keineswegs als Freunde feinerer
Kunst erwiesen, vielmehr Städte, Kirchen und Paläste
schonungslos niederbrannten, ja selbst Rom mit solchem
Schicksal bedrohten, dessen monumentreiche Umgebung
sie schrecklich verwüsteten. Gleichwohl ist der Wieder-
aufschwung der Künste in Italien, der mit dem achten
Jahrhundert wieder eintrat, wohl eben so sehr der festem
Gestaltung des Longobardenreichs und der Kunst oder
Prunkliebe einiger seiner Könige, als den ravennatischen
und byzantinischen Einflüssen zuzuschreiben, welch’
letztere gewiss nicht gering waren, und in Rom selbst
vorwiegend. In Byzanz hatte nämlich Leo der Isaurier
im Jahre 726 eine Massregel ergriffen, wodurch er das
dem christlichen Cultus drohende Zurückversinken in
heidnische Götzenverehrung verhüten, und dadurch dem
politisch-moralischen Vortheil des, wie ein Phänomen
aufgetretenen, jeden Bilderdienst verscheuchenden Islam
entgegenwirken wollte. Er verbot den Bilderdienst und
vertrieb die Bilderverehrer und Bilderverfertiger. Der
römische Papst, der auf einer Synode das Vorgehen des
byzantinischen Kaisers als Ketzerei erklärte, empfing
die vertriebenen Künstler mit offenen Armen in Rom.
Diess dauerte unter Constantinus Koproymos fort. In
Folge davon beginnt, trotz des gleichzeitigen Krieges
gegen die Longobarden, unter dem Pontificat Gregors,
III. (731—4) die Kunst in Rom wieder einigen Auf-
schwung zu nehmen. Da aber, wie wir schon andeuteten,
in Byzanz die Kleinkünste die monumentalen Künste
die Goldschmiedkunst , die Mamorsculptur, Mosaik
und Teppichstickerei, die Malerei verdrängten, so dass
dort selbst alles plastische oder architektonische Detail
einen flachen mosaikartigen Charakter annahm, —
so trat mit dem Eindringen byzantinischen Einflusses in
Rom hier auch eine Zunahme der Metallblech-
technik und eine Abnahme gegossener Metall-
arbeit oder erhabner Marmorsculptur ein. —
Wo von jetzt an im Liber ponificalis des Anastasius von
Metallfiguren die Rede ist, heisst es fast immer: „inves-
titur argento“ etc. — So liess Gregor III. (731 — 741)
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