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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1873

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Henszlmann, Imre: Die altchristliche Grabkammer in Fünfkirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.25450#0074

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57

Die altchristliche Grabkammer in Fünfkirchen.
Von Dr. Emerieh. Henszlmann.
(Mit 2 Tafeln und 12 Holzschnitten.)

In den Hügel, auf welchem sich die Kathedrale
von Fünfkirchen erhebt, ist eine mit Wandgemälden
geschmückte unterirdische Grabkammer hineiugebaut,
welche den Kammern der Cömeterien von Rom durch-
aus analog erscheint. Unser kleines Gebäude stosst an
den südöstlichen der vier Thürme der Kathedrale und
erstreckt sich von da südwärts. Koller, ehemaliger
Domherr von Fünfkirchen, beschreibt die Kammer fol-
gends in seinen „Prolegomena in histor. episc. Quinque-
eccl.“ S. 25 u. f. i.
„Unser Denkmal ist ein Heiligthum, auf welches
die Arbeiter i. J. 1780 bei Gelegenheit der Abtragung
des an den nördlichen Thurm der Kathedrale gelehnten
Szakmärischen Hauses stiessen. Sein Gewölbe wird von
den in Essek vorkommenden ähnlichen, mit IMP. N. be-
zeichneten Ziegeln gebildet ; es wurde demnach ohne
Zweifel von den Römern zur Zeit ihrer Herrschaft Uber
Pannonien erbaut. Ich behaupte daher, das es älter sei,
als der Einfall Attila’s i. J. 441. Nicht nur die Kammer
selbst, sondern auch deren kleine Vorhalle war bemalt,
wie dies überall ersichtlich, wo Alter und unterirdische
Feuchtigkeit den Bewurf noch nicht loslösten. Die
Christen pflegten in-den ersten drei Jahrhunderten die
Kammern ihrer römischen Cömeterien mit Wandbildern
zu schmücken, und Aringhi liess in seiner „Roma
subterranea“ diese Wandbilder in Kupfer stechen. Die
Gemälde der Fünfkirchner Vorkammer waren erhalten
und ähnlich jenen der sechsten Kammer des an der via
labicana befindlichen St. Marcelin - Cömeteriums; wie
diese Aringhi (L. IV. CXIV. 35.) gibt. Im Mittelpunkte
des Gewölbes der Kammer selbst und auf der dem
Eingänge entgegenstehenden Wand sehen wir das von
einem Kranze umgebene Monogramm Christi. Dieses
war der Christen Symbol lange vor Constantin (dudum
ante Constantinum M.), der dessen Abbildung auf seine
Fahnen zu setzen befahl 2.
Die gemalte Einrahmung der Rückwand ist jener
fast ganz gleich, welche Aringhi von einem Arcosolium
des an der via salaria liegenden Cömeteriums der Pri-
scilla copiren liess (L. IV. C. XXXVII. S. 117. Fig. 3),
ebenso jener des dritten Cubiculums des Cömeteriums
Calixti (L. III. C. XXII. S. 311. III. T.) oder noch mehr
jener der ersten Kammer des an der via nomentana
gelegenen Cömeteriums Stae. Agnesae. Die unter dem
Monogramme befindlichen beiden Figuren sind meiner
Ansicht nach die zweier Apostel, denn sie sind in
Tunica und Pallium gekleidet, wie man sie zu jener
Zeit bildete, nach dem Zeugnisse Aringhi’s (L. VI. C.
XXVIII). Ich glaube, rechts steht Paulus; denn er hält
die Schriftrolle mit der Linken; hieran erkennt ihn
Aringhi (L. X. C. X. 192. pag.). Links steht Petrus. Es
ist bekannt, dass diese beiden Apostel häufig die Plätze
von links und rechts wechseln; obschon auf den Bildern,
auf welchen in der Mitte Christus, oder das Kreuz steht,
wie dies auch hier der Fall, des Heilandes oder des
1 Es scheint nothwendig, die Beschreibung Koller’s hier anzuführen,
da einerseits dieses Werk selten, anderseits in dieser Beschreibung manches
noch erklärt -wird, was seither verschwunden ist.
3 Koller bemüht sich hier, diesen Satz zu beweisen; wir kommen auf
diese Beweise zurück, wo wir von dem Monogramme sprechen werden.
XVIII.

Kreuzes Rechte als rechte Seite zu betrachten ist; hier
jedoch ist der Fall umgekehrt, d. h. rechts und links ist
vom Beschauer zu verstehen.
Auf der westlichen Mauer sieht man Noah, der die
Taube entweder aus der Arche fortfliegen lässt oder die
zurückgekehrte empfängt, die Darstellung ist ähnlich
jener eines vaticanischen Sarkophags (Ar. L. II. C. X.
197. 199 u. 201 T. I.) sowie einer anderen des zweiten
Cubiculums im Cömeterium Calixti (Ar. L. III. C. XXII.
S. 313); ferner der eines bei S. Sebastiano ausgegra-
benen Steinsarges (S. 349) oder jener eines bei der
Kirche S. Lorenzo gefundenen (Ar. L. IV. C. XVIII.
S. 61). Überall steht Noah in einem viereckigen Kasten
und erhebt die' Hände zum Himmel.
Das zweite Bild dieser Seite ist das der drei
Magier, die dem Neugebornen ihre Geschenke auf
Schusseln darbringen; ebenso kömmt diese Darstellung
auf einem im Cömeterium der Priscilla i. J. 1751 ent-
deckten Sarkophage vor, den man nach St\ Maria in
Trastevere übertrug und den Bianchini publicirte (Hist.
Eccl. Quadr. Saec. I. T. I. 28. T. II. Cubic. XIV. Coem.
SS. Marcellini et Petri, apud Ar. L. VI. C. XIV. S. 377).
Zwischen Noah und den Magiern war dort, wo
gegenwärtig der Bewurf ganz abgefallen ist, die Krippe
des Herrn dargestellt.
Die auf dem Gewölbe derselben Seite in Medail-
lons sichtbaren beiden Köpfe sind die von Heiligen,
deren Namen ich jedoch nicht anzugeben weiss. Unter
den Medaillons stehen zwei einander zugekehrte Pfaue,
die nach Aringhi nicht fehlen dürfen (L. VI. C. XXXVI),
da er diesen Vögeln eine mystische Bedeutung zu-
schreibt, welche er an mehreren Beispielen erklärt (vom
Cömet. d. Priscilla L. IV. C. XXXVII. S. 130 und
am Porphyr-Sarkophag der heil. Constantia L. IV.
C. XXV. S. 69).
Zwei Bilder der Ostseite unserer Kammer sind
gänzlich verschwunden, das dritte hat sich erhalten, es
stellt die Geschichte des vom Wallfische verschlunge-
nen und nach drei Tagen wieder ausgespieenen Jonas
auf demselben Bilde dar, ebenso wie dies der Fall ist
auf einem vaticanischen Sarkophag. (Ar. L. II. C. X.
S. 201) und auf einem andern aus dem Cöm. Calixti
stammenden (L. III. C. XXIII. S. 347 u. 349) 1 * 3.
Hieraus ist ersichtlich, dass wir es hier mit Bege-
benheiten des alten und neuen Testamentes zu thun
haben, wie wir auch dem Christus-Monogramme keine
heidnische Bedeutung geben können.
Die beiden Medaillonköpfe an der Ostseite des
Gewölbes vermag ich nicht zu erklären, unter ihnen
sind, wie auf der entgegenstehenden Seite, zwei Pfaue
sichtbar; und dies ist Alles, was uns von den Wand-
bildern übrig blieb.
In der Mitte der Hinterwand befindet sich eine
quadratische Öffnung, welche wahrscheinlich beim Got-
tesdienste, ich weiss nicht, zu welchem Zwecke, diente.
Im Umfange des Heiligthumes fand man einige
stärkere Menschenknochen; die Thüre war mit Steinen
3 Koller führt noch mehr Beispiele an, nachdem die Geschichte des
Jonas am häufigsten ahgebildet wurde.
 
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