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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1873

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Gradt, Johann: Die schmiedeisernen Leuchter der Stiftskirche zu Heiligenkreuz
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Gradt, Johann: Der Stadtmetzen von Wels
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https://doi.org/10.11588/diglit.25450#0380

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licli gewundene Stäbchen begleiten den Röhrenständer,
von welchem sie sich in strammer Ausbiegung nach
oben an die Schale mittelst volutenförmig gehaltener
Endigung, nach unten mittelst zungenförmiger Abplat-
tung anschliessen.
Die Arbeit fällt in die Ausgangszeit des Romanis-
mus; in der Periode der Gothik hätte es der Werks-
meister nicht über das Herz gebracht, dem Geiste seiner
Zeit durch die Anbringung eines typischen oder sehe -
matischen Ornamentes am Fuss, Ständer oder an der

Schale gerecht zu werden und seiner Leistung den
Stempel seiner Zeit äusserlich mit mehr Schärfe aufzu-
driieken.
Es ist ein Glück zu nennen, dass sich diese zwar
unscheinbaren, aber selten mehr vorfindlichen Werke
mittelalterlicher Technik unter der Obhut des kunst-
sinnigen Stiftes befinden; denn dasselbe ist uns Bürge,
dass die Leuchter den Nachkommen erhalten bleiben
und als mustergültige Arbeiten zur Nachbildung anregen
werden.

Der Stadtmetzen von Wels.
Von Joh. Gradt.
(Mit 1 Holzschnitt.)

Wie das alte betriebsame Nürnberg seine berühmte
öffentliche Stadtwage hatte , auf welche es mit Recht
stolz sein konnte, weil der Erzgiesser Kraft in künst-
lerisch vollendeter Form dieses Werk geschaffen hatte,
und wie auch andere industriereiche deutsche Städte,
wie z. B. Wien, Freiburg, im Mittelalter verschiedent-
liche, an öffentlichen Gebäuden angebrachte Urmasse
besassen, um den Bedürfnissen des öffentlichen Ver-
kehrs gerecht zu werden, so hielten es auch die öster-
reichischen Handels-Emporien im Mittelalter mit den im
Verkehr üblichen Mass- und Gewichtseinheiten. Sie
standen unter der Controle des Stadtregimentes und
unter der Aufsicht öffentlicher Organe und waren wie
die Wahrzeichen der Stadt selbst Gegenstand pietäts-
voller Pflege und dessbalb gegen muthwillige Verletzung
gefeit. Ein solches aus dem Mittelalter stammendes Mass
besitzt die Stadt Wels an dem sogenannten Stadtmetzen,
welcher am Platze in der Stadt nächst dem Magistrats-
gebäude angebracht ist und wovon Fig. 1 eine Ansicht
gibt.
Solche Überreste haben, ganz abgesehen von der
Form, in welcher sie auf uns überkommen sind, in der
Gegenwart insofern ein erhöhtes Interesse bekommen,
weil sie als Mass-Einheiten der V ergangenheit den Schlüs-
sel zur Beantwortung einer in der Gegenwart mit Recht
wichtig gewordenen Frage, zur Geschichte der Preise
enthalten, weil sie Uber den Verkehr, dessen Ausdehnung,
Art und Weise der Geschäftsabwicklung und anderer
culturgeschichtlich merkwürdiger Verhältnisse gar
manche Aufschlüsse zu bieten im Stande sind. Von
diesem Geschichtspunkte verdienen solche Mass-Ein-
heiten eine besondere Werthschätzung, und aus diesem
Grunde würde es sich empfehlen, dass das erwähnte
Denkmal, welches schon lange her ausser Gebrauch
gesetzt ist, an einem Orte aufbewahrt werde, wo es den
Unbilden der Atmosphärilien, oder was mehr noch zu
befürchten ist, zufälligen oder muthwilligen Beschädi-
gungen weniger ausgesetzt wäre. Vor allem scheint
mir dazu das Museum Francisco-Carolinum in Linz be-
rufen, diesem vaterländischen Denkmale eine schützende
Stätte zu gewähren.
So hat sich auch für den in der rasch emporblühen-
den Handelsstadt Wels seiner Zeit und noch dermalen
lebhaften Marktverkehr namentlich in Körnerfrüchten,

deren Abschlüsse für die benachbarten Länder Ober-
Steiermark, Salzburg , Bayern, Böhmen und Nieder-
Österreich noch immer von Einfluss sin di, im Mittelalter
aber im höheren Grade waren, als ein unabweisliches
Bedürfniss eine, keinen Schwankungen unterliegende
Mass-Einheit herausgestellt, um den internationalen Ver-
kehr mit Ländern, in welchen abweichende Einheiten
üblich waren, zu regeln und zu erleichtern. Dieser-
wegen wurde unter der Controle und Autorisation der
Stadtbehörde der dem Verkehr zu Grunde liegende
Metzen aus einem dauerhaften, der Abnützung nicht
leicht unterliegenden Materiale angefertigt, aus dem
bunten Marmor, welcher in den Steinbrüchen der im


Fig. 1.

XVIII.

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