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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1873

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Correspondenzen und Notizen
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Vom Alterthums-Vereine zu Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.25450#0303

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260

sperger aus Cöln zusammengetreten, um die natur-
grossen, vom Maler Bethune d’Ydewalle ausgeführten
Cartons an Ort und Stelle zu begutachten.
Anfänglich hatten unter den Commissionsmitglie-
dern zwei abweichende Anschauungen Platz gegriffen;
Prof. J. Klein aus Wien, von Reichensperger warm
unterstützt, vertheidigte die Cartons, die im Geiste der
carolingischen Epoche gehalten sind, die übrigen Mit-
glieder standen aber anfänglich für eine Durchführung
ein, welche sich die älteren musivischen Werke, wie sie
sich in der Sophienkirche in Constantinopel, St. Vitale
in Ravenna u. s. w. vorfinden, zum Vorbilde genommen
hatte. Erst nachdem am letzten Tage das aufgestellte
Gerüste gefallen war und sich die Vertheidiger der
letzteren Anschauung die Überzeugung verschafft
hatten, dass sowohl die Raumvertheilung als auch die
Farben Wirkung den Anforderungen entsprechen, -so
Vom Alterthums
Wir haben das Erscheinen eines weiteren Bandes
der Publicationen dieses Vereines, des XIII., zu regi-
striren, In Ausstattung den früheren nicht nachstehend,
bietet sein Inhalt viel des Werthvollen zur allgemeinen
und Kunstgeschichte Nieder-Österreichs,
Der erste Aufsatz stammt, sowie die beigegebenen
Zeichnungen aus der Feder des Herrn Emil H litt er,
dem man die gelungene Aufnahme vieler seither ver-
schwundener Partien des alten Wien zu verdanken hat.
Der erwähnte iUifsatz hat die grosse Glocke bei St.
Stephan in Wien zum Gegenstand , bespricht ihren
Guss, die Zeit (1710) und den Ort ihrer Anfertigung
und ihren Meister Joh. Ai c hing er, ihre künstlerische
Ausstattung, ihren Transport in die Stadt zur Kirche,
ihr Aufziehen und ihre ersten Schicksale. Das beige-
gebene interessante Bild, eine getreue Copie des im
städtischen Archiv erliegenden Originals, zeigt den
Moment, wie die mit Bändern geschmückte Riesen-
glocke auf einem massiven Wagen von vielen hundert
Menschenhänden gezogen, von ihrem Gussorte am
Neubau durch das Fischerthor bereits in die Stadt
gebracht, in der Bischofsgasse zunächst dem Eck der
Wollzeile anlangt.
Im nächsten Aufsätze stellt Prof. A. Sembera
mit grossem Scharfsinne die bisher nicht fixirte Stätte
in Nieder-Österreich fest, auf welcher im Jahre 1221
jener Kirchencongress stattfand, durch den der viel-
jährige Streit zwischen König Premysl Otakar I. und
dem Prager Erzbischöfe Andreas um die Privilegien des
Prager Bisthums beigelegt wurde. Prof. Sembera
macht es zweifellos, dass die Stelle, wo jener
Staatsact geschlossen wurde und den die Chronik
„MonsScas“ nennt, der Schatzberg ist, der sich zwischen
Retz und Seefeld in Nieder-Österreich, südlich von
Znaim in der Nähe der mährischen Grenze, erhebt.
Grosses Interesse erregend und reiche Belehrung
enthaltend sind die kunsthistorischen Bemerkungen und
Beiträge, gesammelt von Dr. .11 g, in Wien und auf
Wanderungen durch Nieder-Österreich. Wenn auch
Nieder-Österreich durch die alten Topographien eines
W e i s k e rn und Fischer, durch die späteren Arbeiten
Schmidl’s, Scheig.er’s, Tschischka’s, dann, seit
jene Untersuchungen in wissenschaftlicher Weise ge-
halten werden, von Hei der, Feil, Camesina,

gaben sie ihren Standpunkt auf, und so wird dem-
nächst die alte ehrwürdige Kuppel des Aachener
Domes in der ursprünglichen Farbenpracht ihre Ver-
herrlichung erhalten. a

Über Antrag der Redaction beschloss die k. k.
Central-Commission sich an der Wiener Weltausstel-
lung zu betheiligen und wurden die Jahrgänge der
Mittheilungen von 1867 bis 1872, die Separatdrucke
der Sava’sehen Fürstensiegel und Grueber’schen Kunst-
denkmale Böhmens, ferner Parthien des archäologischen
Atlas in der Gruppe XXVI zur Ausstellung gebracht.
Die Preisjury sprach diesen Publicationen die Fort-
schrittsmedaille zu. Auch der Wiener Alterthums-Verein
erhielt für seine ebenfalls ausgestellten Publicationen die
Verdienstmedaille.

Vereine zu Wien.
Sacken, Weiss u. a. in kunst-archäologischer Hin-
sicht als ein durchforschtes Land angesehen weiden
darf, und nur mehr im kleinen Einzelnen, in der Fein-
arbeit noch zu schaffen übrig ist, so hält es der Ver-
fasser und mit ihm die Redaction der Schriften des
Althertlmm-Vereines und der Referent für ganz zweck-
mässig und angezeigt, dass über selbst bekannte Monu-
mente die oft divergirende und manches Neue zu Tage
fördernde Ansicht verschiedener Fachgenossen registrirt
und der Öffentlichkeit übergeben wird.
Ilg’s Wanderungen beginnen mit der Wiener Ste-
phanskirche, woselbst Einzelnheiten derselben einer ein-
gehenden Betrachtung unterzogen werden. Den ersten
Gegenstand bilden die prachtvollen, leider noch nirgends
genügend publieirten Chorstühle. IIg gibt zu, dass an
einzelnen Sculpturen die Meisterhand L e r c h ’s zu erken-
nen ist, dass in der Construction des Werkes im Ganzen
und Grossen und in der Ordnung der Sitze, in der Ver-
wendung der Baldachine die Möglichkeit eines Antheils
Lerch’s liegt, glaubt jedoch, dass die Ausführung zahl-
reichen Meistern, deren erster Rollinger liiess, über-
tragen war und ein nicht unbeträchtlicher Tlieil der Bild-
werke, von zierlicheren und beträchtlich jüngeren Händen
aus der Renaisanceperiode stamme. Auch die wenigen
alten, noch erhalten gebliebenen, farbigen Fenster-Ver-
glasungen werden besprochen und insbesondere wird dem
Wunsche Ausdruck gegeben, dass die seit einiger Zeit
aus der Halle unter dem grossen Thurme entfernten
alten Glas-Mosaike, vorstellend österreichische Fürsten-
Bilder, recht bald an einem passenderen Orte ihre Auf-
stellung wiederfinden möchten. Über das Madonnabild des
Speisaltars, ein von einem Wiener Bürger 1493 gestiftetes
Tafelgemälde, über die Consecrationszeichen, über einen
verschwundenen Grabstein, wie auch über den Flügel-
altar in der Scliatzkammer-Capelle finden wir interes-
sante Mittheilungen,* dass dieser Flügelaltar der von
Bischof Ludwig Ebner um 1507 consecrirte ist, der in
seiner abseitsgelegenen Aufstellung sein Heil, sowie
seine Erhaltung während der Zeit des Zopfes fand,
scheint ihm ausser Frage; dass Wolgemut an diesem
Altäre keinen Antheil, ist dem Verfasser unzweifelhaft,
eher dürfte es möglich sein, dass ein Meister aus der
Schule Dürer’s daran, namentlich an den Gemälden
gewirkt habe.
 
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