Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1873

DOI Artikel:
Luschin von Ebengreuth, Arnold: Zur Geschichte der Pfarrkirche St. Jacob in Villach
DOI Artikel:
Luschin von Ebengreuth, Arnold: Zur Geschichte der Klosterkirche Göss
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25450#0326

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
283

Ankershofen am angeführten Orte ausgesprochene Ver-
muthung, dass der Bau der gegenwärtigen St. Jacobs-
kirche in Villach der ersten Hälfte des XV. Jahrhun-
derts angehöre und noch vor dem im Jahre 1462 er-
folgtem Anbau der Dreifaltigkeits - Capelle vollendet
worden sei.
Ausserdem erfahren wir von dem Dasein einer
jetzt verschwundenen Capelle der Familie Kreig. Sie
wird dem schönen Bau der Kirche zu keiner Zierde
gereicht haben, da sie den rechts vom Haupteingange
befindlichen Baum unter der Empore einnahm, und von
dem Kirchenschiffe durch einspringende Mauern abge-
grenzt war.
Das Vorhaben der Villacher Stadtgemeinde, wel-
cher wir diese baugeschichtlichen Daten verdanken,
bezweckte nun die Herstellung eines bequemeren Auf-
stiegs zu der Emporkirche Weisb'riachs. Zu diesem Be-'
hufe sollte in die südliche Seitenwand der Kirche neben
dem . zweiten Strebepfeiler entsprechend der Südost-
Ecke der Kreiger Capelle vom Friedhofe aus ein Ein-
gang gebrochen werden, und an diesen eine Wendel-
treppe unmittelbar anschliessen. Bedingung war, dass
durch diese Umgestaltung der Zweck der unteren
Capelle wenig beeinträchtigt werde, und dies erklärt
nicht allein die Wahl des Verbindungsmittels, sondern
auch den Platz, der ihm angewiesen wurde.
Da die Südwand der Kirche an der betreffenden
Stelle keinerlei Spuren eines ehemaligen Durchbruchs
aufweist, so wurde dieser Plan ungeachtet der Zustim-

mung des kirchlichen Obern, sei es wegen Widerspruchs
der Familie Kreig, sei es aus andern unbekannten Ursa-
chen, nicht verwirklicht. Wohl aber wurde im Laufe des
XVI. Jahrhunderts, vermuthlich gleichzeitig mit der
Auflassung der Kreiger Capelle oder bald darauf jene
Steintreppe hergestellt, welche noch jetzt zum Musik-
chor emporführt und in welcher Ankershofen mit Recht
den spätesten Einbau der Kirche erblickt hat.
Es erübrigt noch der Verbindung zu gedenken,
mittelst welcher man vor dem Ausbau dieser steilen
Stiege zur Empore gelangen konnte. Dass eine solche
von Anbeginn bestand, liegt in der Natur der Sache und
bezeugt überdies die mitgetheilte Urkunde ausdrück-
lich. Der Gefälligkeit des Herrn Franz Ser. Interberger
von Villach, welcher sich mittheilnelimender Liebe in das
Studium der baugeschichtlichen Details dieser interes-
santen Kirche vertieft hat, verdanke ich den Nachweis
dieses alten, in Wirklichkeit nichts weniger als comfor-
tablen Weges. Man musste nämlich das erste Geschoss
des Tlmrmes ersteigen und dann unter dem Dache des
Gewmlbes, welches diesen mit der Vorderseite der
Kirche verbindet, fortschreiten, bis man eine niedere,
jetzt durch die Orgel verdeckte Thür erreichte. Die
Öffnung derselben ist in neuerer Zeit zum Theile mit
Steinen versetzt worden, aber wie ich mich persönlich
überzeugte, noch immer deutlich erkennbar. Es liegt auf
der Hand, dass ein derartiger Zugang sehr bald der all-
gemeinen Kenntniss entschwinden, oder mindestens den
Wunsch nach grösserer Bequemlichkeit erregen mnsste.

Zur Geschichte der Klosterkirche Goss.
Von Dr. A. Luschin.

Die Wanderversammlung, welche der historische
Verein für Steiermark am 12. und 13. October 1873 zu
Leoben abhielt, war Veranlassung, dass der Herr Pfar-
rer von Göss über Intervention des Herrn Directors
Dr. Gregor Fuchs einen Holzverschlag ausräumen Hess,
in welchem angeblich eine alte Wandmalerei entdeckt
worden war. Der Augenschein bestätigte das Gerücht.
An der Aussenseite des rückwärtigen Abschlusses der
Kirche, unmittelbar neben dem Eingänge in die Sacri-
stei und gegenüber den in die Umfriedung des Kirch-
hofes eingemauerten alten Grabdenkmälern mehrerer
Abtissinen, befindet sich zwischen zwei Strebepfeilern
eine Bretterverschallung, welche gewöhnlich als Holz-
lege benützt wird. Die Rückwand lässt in zwei Reihen
obereinander sowohl die Kreuzigung, als die Abnahme
Christi erkennen. Irre ich nicht, so sind auch noch die
Personen der Stifter und Spruchbänder kenntlich. Auf
dem Strebepfeiler zur Rechten sind Spuren einer „Ver-
kündigung Mariens“ sichtbar, auf dem gegenüberliegen-
den besser erhalten, ein grosses Wappen. Da dasselbe
einen weissen Wolf im rothen Felde zeigt und die
gleiche Figur als Helmkleinod wiederholt, so dürfte es
dem aus dem oberen Lavant-Thale stammenden Ge-
schlechte der Weissenwolf angehören. Die schlichte
Gestalt der rothen, tuchartig behandelten Helmdecke
und die dreieckige Form des gelehnten Schildes, end-
lich der in’s Profil gestellte Topfhelm verweisen die
Malerei etwa in die zweite Hälfte des XIV. Jahr-

hunderts. Vermuthlich hat sie zu einem Grabbilde
gehört.
Bekanntlich hatte die Kirche von Göss, an welcher
diese Malerei entdeckt wurde, vor Zeiten nur den
Zwecken des uralten Nonnenstiftes zu dienen, während
für die Pfarrgemeinde eine eigene, gegenwärtig bis auf
den stehen gebliebenen Thurm verschwundene Kirche
bestand. Ihre heutige dreischiffige Gestalt erhielt die
Stiftskirche erst nach dem Brande von 1515, weshalb
sie auch die überwuchernden Formen der absterbenden
Gothik aufweist, wogegen das in der Breite des Mittel-
schiffes vorgelegte Presbyterium mit einfachem Kreuz-
gewölbe eine ältere Bauzeit verräth. Die aus dem Vor-
handensein des obenbeschriebenen Gemäldes für die
Baugeschichte des Münsters zu gewinnenden Folgerun-
gen bestätigen, nicht nur das der Umbau des XVI. Jahr-
hunderts bloss ein theilweiser war, sondern dürften auch
zum Aufschlüsse Uber die Zeit in Betracht kommen, wann
die Umänderung der romanischen Kirche in einegothische
vor sich ging. Inwiefern die Darstellungen der Con-
vent-Siegel, welche seit dem XII. Jahrhunderte regel-
mässig ein romanisches, seit 1489 ein gothisches Kir-
chengebäude zeigen, für die Baugeschichte benützbar
sind, bleibe dahin gestellt. Vielleicht bietet diese An-
zeige, welche sich leider auf eine sehr flüchtige Be-
augenscheinigung gründet, Sachverständigen Anregung
zu weiterer Nachforschung, dann ist ihr Zweck genü-
gend erfüllt.
 
Annotationen