Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1873

DOI Artikel:
Grueber, Bernhard: Die Kunst des Mittelalters in Böhmen, [3]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25450#0328

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
285

Vlasäk das Jahr 1246 als Gründungszeit anführen und
die Einweihung durch den Bischof Nicolaus von Prag
im Jahre 1257 vollziehen lassen.
Bei solchen Widersprüchen, indem man sich
beiderseits auf Urkunden beruft, bleibt nur die archäo-
logische Untersuchung übrig und diese lässt die spär-
lichen Ruinen als ein Bauwerk erkennen, welches jeden-
falls nach 1280, aber auch vor 1310 angelegt worden
ist. Dessen unbeschadet kann die Nachricht von be-
sagter Einweihung richtig sein, da häufig einzelne
Altäre oder Capellen mit grossen Feierlichkeiten
consecrirt wurden, ehe der Kirchenbau vollendet war.
Drei Fensterpfeiler, dem Chor-Schlusse der Kirche
angehörend, sind die einzigen Reste des berühmten
Stiftes und geben Kunde, dass der edle Stifter alles
aufgeboten hat, um seinem Werke die höchste Voll-
endung zu verleihen. Aus den Vermessungen ergibt sich,
dass der Chor einen fünfseitigen Schluss hatte, aber
nicht wie die nahe Pfarrkirche aus dem Zehneck,
sondern aus dem Neuneck construirt war. Die lichte
Weite des Chores und Hauptschiffes dürfte 27 bis
28 Fuss betragen haben, und zwar von den gegenüber-
stehenden Vorsprüngen der Wandpfeiler an gemessen.
Der hier entwickelte gothische Styl ist glänzend und

dabei streng kirchlich, die Rundstäbe in den Fenster-
leibungen sind nach alter Weise unterhalb der Bogen
mit Capitälen versehen, und die Profilirungen aus grob-
körnigem Granit mit bewunderungswürdiger Sorgfalt
ausgeführt. Die Pfeiler ragen heute noch über 80 Fuss
in die Luft und sind durch zwei Lanzetbogen verbunden.
Die in diesen Bogen noch vorhandenen Masswerke sind
aus Sandstein gemeisselt und zeigen keine Spuren des
grossen Brandes, welche sowohl an den aufrecht stehen-
den Pfeilern wie den umherliegenden Bruchstücken
sichtbar werden. Es scheint, als ob nach dem Brande
eine Restauration eingeleitet worden sei, welche aber
aus Mangel an Fonds nicht durchgeführt werden
konnte, w^esshalb nach Reparatur einiger Fenster das
Unternehmen aufgegeben wurde.
Seit etwa 1600 wurden die Ruinen als Steinbruch
benützt und man erblickt an den in der Nähe befind-
lichen Häusern unzählige Bruchstücke von Pfeilern,
Gesimsen, Gewölberippen und andern Steinarbeiten,
welche der Minoriten-Kirehe entnommen sind; hie und
da begegnet das Auge auch einem eingemauerten
Sculpturwerke, dessen Ursprung nicht zweifelhaft ist.
Grosse Beachtung verdient ein aus Sandstein ausge-
führtes, dem Schlüsse des XIII. Jahrhundert ange-



Fig. 119. (Beneschau.)
 
Annotationen