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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0031

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1. Entstehung der organisierten Nachrichtenübermittlung

Eine weitreichende Differenzierung der Ämter fand erst unter dem Druck
neuer Aufgaben statt. Seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert, als locker assoziierte
Läufer oder Reiter von ihrer Obrigkeit regelmässige finanzielle, häufig Jahrion ge-
nannte Entschädigung zugesprochen bekamen, lassen sie sich als Amtspersonen
einer Stadtverwaltung bezeichnen. Die Entschädigung mit Gratifikationen anderer
Art sowie schriftlich festgehaltene Eide kamen meist erst später dazu: So etwa das
Tragen einer Amtskleidung, die in regelmässigen Abständen von der Stadt gestellt
wurde, Schenkwein, Kornzuschüsse oder gar ad personam ausgestellte Amtbriefe.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass zwischen der ältesten Erwähnung von Läufern, die
der Rat mit Jahrlöhnen entschädigte und der ersten Verschriftlichung von Botenei-
den in manchen Städte mehr als 100 Jahre vergehen. Zudem zeigt der räumliche
Vergleich, dass benachbarte Städte nicht nur auf ähnliche Weise über ihr Botenwe-
sen Buch geführt sondern zur selben Zeit auch ähnliche Entwicklungsphasen
durchlaufen haben. Dies war mitunter Folge des regen Austausches von Kanzlei-
personal. Da sie durch langfristig angelegte, vielschichtige Kontakte verbunden
waren, soll im Folgenden die Entwicklung der Nachrichteninstitutionen in den
Städten Strassburg, Basel, Bern, Freiburg i. Ue., Solothurn, Luzern, Schaffhausen
und Konstanz vergleichend zur Sprache kommen.

1.1.2. Strassburg
Die Frühformen des Botenwesens gehen in Strassburg sehr wahrscheinlich auf die
bischöfliche Verwaltung zurück, deren Differenzierungsgrad bereits im 12. Jahr-
hundert sehr hoch war.11 In Fragen des Informationsaustausches wurde vorerst nur
repräsentativen und diplomatischen Aufgaben Rechnung getragen. Das zeigt sich
schon im ersten Stadtrecht von 1146/47, dessen Niederschrift der Strassburger Bi-
schof Ruprecht veranlasst hatte. Neben einem nicht unbedeutenden Mitarbeiterstab
aus Vogt, Schultheiss, Burggraf, Zöllner sowie elf Zünften, nennt das Stadtrecht
auch 25 Boten, bei denen es sich allerdings nicht um Läufer handelte, sondern um
nuntii, verhandlungsberechtigte Gesandte aus dem städtischen Patriziat.12 Ihre
Nachfolger werden noch um 1400 als Statt-botten oder erber botten bezeichnet.13 Läu-
fer - cursores - werden im ältesten Stadtrecht nirgends genannt. Auch wenn die nun-
tii durchaus Informationen transportiert haben, muss angenommen werden, dass
der Bischof für die reine Übermittlung von Nachrichten in erster Linie auf eigene
und die Knechte seiner nuntii zurückgegriffen hat, allerdings auch auf freie Boten
und einfache Bürger. Den verhandlungsberechtigten Stadtboten wurden vom Rat
noch um 1400 jeweils vier städtische Diener zur Verfügung gestellt, denen ebenfalls
Aufgaben in der Nachrichtenübermittlung zugewiesen wurden.14
Als Stadtläufer im Artikel 447 des Stadtrechts von 1322 erstmals genannt wer-
den, ist Strassburg bereits seit Jahrzehnten eine Freie Reichsstadt, deren patrizi-
11 Dollinger, Bischofsstädte, 1982, S. 134-148, Kiener, Bischöfe von Strassburg, 1912.
12 Zum Stadtregiment allg.: Heusinger, Die Zunft, 2009, Alioth, Gruppen, 1988, Dollinger,
Strassbourg, 1981.
13 Eichler, Postverkehr Strassburg, 1904, S. 13.
14 Gachot, Louffende Boten, 1964, S. 2-20, S. 2.
 
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