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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0065

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2. Die städtischen Akten

sagen. Die Luzerner Ratsrodel hingegen, deren Überlieferung 1489 einsetzt, enthal-
ten nur die Mitglieder beider Räte sowie die wichtigsten städtischen Amtsträger,
einschliesslich der Weibel.83 Die beiden zu diesem Zeitpunkt im Dienste der Stadt
stehenden Läufer werden darin nicht erwähnt. Ähnliches gilt für Strassburg oder
Konstanz, wo sich die Ratslisten ebenfalls nur auf die Namen der Mitglieder des
Stadtregiments beziehen. In all diesen Städten lässt sich eine stärker auf berittene
Übermittler ausgerichtete Organisation des Nachrichtenwesens feststellen.

2.3. Zeugnisse des Korrespondenzwesens und der obrigkeitlichen
Entscheidungsfindung

Diese Akten ermöglichen einen vertieften Einblick in die tagesaktuellen Hand-
lungsabläufe der städtischen Entscheidungsträger, sei es im Bereich der Aussen-
kontakte oder bei Problemen in Stadt oder Territorium. Sie werfen ein Licht auf die
Akteure der spätmittelalterlichen Entscheidungsfindung, in erster Linie Räte, die
Kanzleischreiber und alle Personen, die an der Umsetzung bzw. Verbreitung dieser
Entscheidungen beteiligt waren. Ferner beleuchten sie die davon abhängigen for-
malisierten und spontanen Abläufe - von der Ratsentscheidung über die schriftli-
che Umsetzung in der Kanzlei bis zu ihrer möglichen Verkündigung vor einer brei-
teren Öffentlichkeit sowie die darauf folgenden mündlichen oder schriftlichen
Reaktionen. Thematisch gehörte dazu allerlei Juristisches, wie private Streitigkeiten
oder Umsetzungsprobleme bei Übereinkünften zwischen den Territorien, allge-
meine Neuigkeiten, die Ergebnisse alltäglicher Ratsdiplomatie oder die Folgen krie-
gerischer Bedrohung, welche Ende des 15. Jahrhunderts vor allem den unkontrol-
lierten Reislauf betrafen. Entsprechend umfassen diese Akten nicht nur
Ratsprotokolle oder die Rodel des Stadtschreibers, sondern vor allem Briefbücher
aller Art.
Auch wenn die Quellen des Korrespondenzwesens gerade im Gesandtschafts-
wesen die Verhandlungsbefugten in den Vordergrund stellen, werden darin gele-
gentlich auch Hinweise auf die Übermittler gemacht. Die darin enthaltenen Infor-
mationen sind bezüglich ihrer Aussagekraft jedoch äusserst heterogen. Sie reichen
von der schlichten Erwähnung des Einsatzes eines bestimmten Boten, über die Be-
schreibung möglicher Sonderaufgaben, die er im Rahmen seines Auftrages wahr-
genommen hat, bis hin zu sonst nirgends erwähnten Geschenken finanzieller Art.
Gerade Missiven können aber auch Hinweise auf aussergewöhnliche nachrichten-
technische Massnahmen enthalten. Zudem ermöglichen sie gelegentlich Einblicke
in die persönlichen Beziehungen zwischen Ratsmitgliedern, Reitern und sogar
Läufern.

83 StaLU, cod. 1315, Ratsrodel von 1489, Weibel, S. 4v.
 
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