Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0255

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
7. (Zwischen)bilanz
Die spätmittelalterlichen Botenwesen der Städte im eidgenössischen und oberdeut-
schen Raum zeichneten sich durch offene, nur in ihrem Kern verfestigte Organisati-
onsstrukturen auf, die einander aufgrund der räumlichen Nähe und der Intensität
langjähriger Kontakte stark glichen. Sie waren aus der verfassungsrechtlichen Not-
wendigkeit entstanden, das eigene, häufig noch wenig ausdifferenzierte Gemein-
wesen nach aussen zu vertreten, häufig parallel zur Entstehung eines zunächst ru-
dimentären Gesandtschaftswesens. Gesandte und Boten wurden dadurch zum
Ausdruck städtischer Teilautonomie in einem von Königtum und Adel bestimmten
Umfeld. Schriftliche Zeugnisse zu Botenwesen tauchen vor allem in jenen Städten
früh auf, deren Führungsgruppen sich bereits an bestehenden Strukturen orientie-
ren konnten - sei es, dass sie auf vergleichbare Organisationsformen ihrer Bischöfe
zurückgriffen, wie in Strassburg und Konstanz, oder solche, die durch Fernhandel
treibende Kaufleute begründet worden waren, wie etwa in Basel und Fuzern. In
den ehemals zähringischen Gründungen Bern und Freiburg i. Ue. gingen erste For-
men städtischer Botenwesen auf ihre Durchsetzung gegenüber lokalen Herren zu-
rück. Zu den wichtigsten Dynastien im Schweizer Mittelland gehörten die Kybur-
ger, bis ins späte 14. Jahrhundert allerdings auch die Tiroler Finie der Habsburger.
Nachrichtenwesen von Bischöfen oder Kaufleuten hatten bei der Entstehung der
Botenorganisationen in den Westschweizer Städten keine Rolle gespielt. Wichtiger
war hierfür die Umsetzung eigener Gerichtsrechte in einer sich formierenden
Fandschaft.
Städtische Nachrichtenwesen lassen sich häufig bis ins 13. Jahrhundert zurückver-
folgen. Schriftzeugnisse sind jedoch kaum vor dem im 14. Jahrhundert zu erwarten.
Allerdings dokumentieren die Ersterwähnungen dann oftmals einen bereits länger
bestehenden Zustand. Erste Nachweise für Botenläufer stellen in Stadtrechtsquel-
len keine Seltenheit dar - so etwa in der Freiburger Handfeste von 1249 oder dem
Strassburger Stadtrecht von 1322. Sie sind jedoch nur selten Abbild einer bereits be-
stehenden Organisationsform. Die Entwicklung zu einer abgegrenzten Institution
mit schriftlich festgehaltenen Aufgaben und Kompetenzen, die als Teil der städti-
schen Verwaltung angesehen wurde, vollzog sich in den meisten Städten deutlich
später. Hauptdistinktiv der Professionalisierung war im Falle der Übermittler der
Anspruch auf eine feste Jahresgratifikation. In den Städten mit einer zähringischer,
später habsburgischer Verwaltungstradition spaltete sich das Fäuferamt vom Auf-
gabenbereich der Stadtweibel ab, die zunächst vorwiegend in der stadt- und land-
ständigen Gerichtsbarkeit eingesetzt wurden. Aufträge wie die Übermittlung von
Gerichtsentscheiden oder die Verkündigung von Ratsbeschlüssen gehörten ebenso
dazu wie die einfache Nachrichtenübermittlung. Aus dem Amt des Weibels gingen
zwischen 1350 und 1400 auch die Ämter des Stadtreiters und Stadtläufers hervor.
Allerdings war diese Aufteilung zumeist rein formaler Natur, denn eine scharfe
Trennung der Zuständigkeiten innerhalb der niederen Ämter ist bis zum Ausgang
des Mittelalters in keiner der untersuchten Städte nachzuweisen.
 
Annotationen