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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0109

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4. Die Akteure aus dem städtischen Dienstpersonal

4.1.2. Aufgaben in Nachrichtenübermittlung und Diplomatie
Die unterschiedlichen Aufgaben in enger Zusammenarbeit mit der Stadtführung
machen deutlich, warum städtische Weibel im Gegensatz zu ihren Kollegen in Ver-
waltungssitzen des städtischen Territoriums nur selten als Nachrichtenboten be-
schäftigt wurden. Die Situation in Bern, das um 1450 über eines der grössten selbst-
finanzierten Nachrichtenwesen im eidgenössischen Raum verfügte, ist daher für
jene Städte symptomatisch, deren Verwaltung auf zähringischen oder habsburgi-
schen Rechtstraditionen aufbaut. Der Anteil der Weibel an der städtischen Nach-
richtenübermittlung betrug hier nur 3%, wobei es sich meist nicht um die Über-
mittlung alltäglicher Korrespondenz handelte.33 Betrachtet man allerdings die
Ausgaben für Gesandtschaften aller Art, so wurden Weibel neben den Stadtreitern
am häufigsten eingesetzt, um Schultheiss, Stadtschreiber oder sonstige Ratsherren
bei inner- und ausserterritorialen Angelegenheiten zu begleiten. Entsprechend
häufig stand die Briefübermittlung durch Weibel im Zusammenhang mit solchen
Gesandtschaftstreffen, möglichen Privilegienbestätigungen, der Rechnungslegung
in den Territorien oder heimlich such, weshalb sie nur selten als eigenständiger Pos-
ten auf den städtischen Abrechnungslisten auftaucht. Dabei fällt allerdings auf,
dass nicht alle Weibel gleich häufig in besonderen Diensten eingesetzt wurden. Ei-
nige übernahmen regelmässig Aufgaben, über die sich ihre Amtseide ausschwie-
gen. Auch später sollten sie darin keinen Eingang finden. Von einer Professionali-
sierung des Amtes durch Sonderaufgaben kann deshalb keine Rede sein. Die
Zuständigkeitsunterschiede zwischen den Inhabern des selben Amtes wurden
durch andere Voraussetzungen bestimmt.
Alle Zwölf im Jahre 1448 vereidigten Berner Weibel nahmen die üblichen Aufgaben
ihres Amtes wahr. Dazu gehörte auch etwa das Vorladen von Personen vor das
städtische Gericht und das Verfolgen von Delinquenten, Schuldnern oder Reisläu-
fern in den Untertanengebieten. Ihre Einsatzhäufigkeit stand meistens in direkter
Abhängigkeit von ihrem Dienstalter und der Wertschätzung durch den Rat, die sich
auch in der Reihenfolge manifestiert, in welcher die Schreiber ihre Namen im Bur-
gerrodel aufführten. Sieben von ihnen - ihre Namen figurieren beinahe auschliess-
lich im Mittelteil dieser Liste - wurde eher sporadisch ausserhalb der Stadt einge-
setzt. Ihnen oblagen vor allem stadtinterne Wächterdienste sowie die Ausführung
kleinerer Aufträge für den Rat, die keinerlei Zusatzkosten generierten.34 Die Erstge-
nannten Henman Truckdenrein und Heinrich Slosser, gehören hingegen zu den
vom Rat offensichtlich besonders geschätzten Stadtweibeln. So überstiegen nicht
nur die Zahl ihrer täglichen Einsätze als Weibel deutlich diejenigen ihrer Kollegen.
Sie wurden überdies regelmässig mit Aufträgen im Rahmen von Gesandtenbeglei-
tung und Botenwesen bedacht. Dabei bewegten sie sich nicht nur zwischen der

33 Siehe Anhang, Tabellen und Diagramme.
34 Dazu gehörten Cuntzman Bader, Bendicht Matter, Henslin von Altrüw, Hensli Henman, Peter
Brösemli, Clewi Schenk und Michel Rubi.
 
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