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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0252

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6.4. Die Ausweitung der Bündniszone - Nachrichtenübermittlung mit den Eidgenossen 239

schickt. Dies hing vor allem mit der stärkeren Ausrichtung der Stadt auf den savoy-
ischen Raum zusammen. Moudon als Hauptort der Waadtländer Städte sowie Sitz
der savoyischen Gerichtsbarkeit und Verwaltung war im gleichen Zeitrum 61 Mal
Ziel Freiburger Übermittler - ein Umstand, der sich erst nach den Burgunderkrie-
gen veränderte, als Freiburg 1477 reichsfrei wurde. Auch wenn der Grossteil des
Freiburger Korrespondenzaustausches mit den eidgenössischen Verbündeten in
die Zeit nach 1477 fällt, lässt sich nicht feststellen, dass sich Freiburg aufgrund des
Nachrichtenaustausches grundlegend auf die Eidgenossenschaft ausgerichtet
hätte. Die wichtigsten Ziele seiner Übermittler blieben auch zu Beginn des 16. Jahr-
hunderts neben Bern die gemeine Herrschaft Murten sowie Payerne.

6.4.2. An der langen Leine - die Nachrichtenkontakte zu den Landorten
Das Verhältnis zwischen Landorten und städtischen Eidgenossen war alles andere
als egalitär. Besonders deutlich wurde dies bei den Zusammenkünften der Tagsat-
zung, an denen die Städte spätestens nach 1415 den politischen Kurs Vorgaben. So
durften sich die städtischen Mitglieder bei Umfrageverfahren stets vor den ländli-
chen Gesandten äussern. Gleiches galt für die Reihenfolge beim Siegeln von Urkun-
den oder Verträgen: Auch dabei hatten die Stadtorte Bern, Luzern und Zürich Vor-
rang, wobei die schwächsten Mitglieder, Zug oder auch Glarus bei Sachfragen, die
sie nicht unmittelbar berührten, bisweilen sogar von den Gesprächen ausgeschlos-
sen wurden. Überdies wurden die Gesandten der Landorte auf den Präsenzlisten
der Tagsatzungen immer erst nach jenen der Stadtorte aufgeführt.137 Ähnliche Hier-
archien bestanden auch auf der Ebene des Korrespondenzwesens: Viele der an
Schwyz und Uri und Unterwalden gerichteten Missiven fanden ihren Weg erst über
Luzern, das in diesem Raum eine Verteilerfunktion hatte. Zug aber auch Glarus
wurden hingegen häufig auf dem Umweg über Zürich informiert.
Da beide Städte für den Nachrichtenaustausch mit den Innerschweizer Orten
grösste Bedeutung hatten, wurden die meisten Nachrichten aus dem Westschwei-
zer Raum ebenfalls zunächst über Luzern und Zürich geleitet. Direkte Briefkon-
takte zur Innerschweiz waren selbst in Bern eher die Ausnahme. So verzeichnen die
Rechnungsquellen des ausgehenden 14. Jahrhunderts nur drei Botengänge nach Uri
und Schwyz, während jene des 15. Jahrhunderts auch nur vier direkte Übermitt-
lungsaufträge erwähnen. Einzig zwischen 1503 und 1527 schenkte die Berner Ob-
rigkeit diesen eidgenössischen Gebieten grössere Aufmerksamkeit. Letzteres hing
mit dem Interesse der inneren Orte an Unternehmungen in Oberitalien zusammen,
während Bern sich eher auf savoyische Gebiete ausrichtete.138 In diesem Zeitraum
waren die Landorte allerdings auch 20 Mal Ziel Berner Übermittler, was sich vor-
wiegend in den Kriegsjahren 1515 und 1516 abspielte. Das aus Westschweizer Per-
spektive eher abgelegene Schwyz wurde dabei kurzzeitig zum Umschlagplatz für
Nachrichten von den Kriegsschauplätzen in Norditalien, wobei der Ort auch aktiv

137 Jucker, Kommunikation schafft Räume, 2005, S. 30.
138 Glarus wird 3 mal (1516,1527), Schwyz 6 mal (1507,1508,1513,1515,1518), Zug sogar 10 mal
(1509, 1513, 1516, 1521, 1527) von Berner Übermittlern direkt aufgesucht, siehe auch: Esch,
Söldner, 1998, S. 255.
 
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