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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0262

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8. Jenseits des Übermittlungsalltages -
Perspektiven und Ausblicke

Die raumübergreifende, wenn auch nicht gleichmässige und gleich schnelle Infor-
mationsverbreitung wurde am Ende des 15. Jahrhunderts europaweit von ähnli-
chen, herrschaftsnahen Trägergruppen - organisierten Kurieren, Fussläufern, No-
taren oder Gesandten - bestritten. Trotz zahlreicher Unterschiede zwischen den
Organisationsformen war die Absicht der Auftraggeber, die sie aussandten ähnlich:
Sie kannten den flüchtigen Wert der frischer Information sowie die Bedeutung ih-
rer Kontrolle. Wie anpassungsfähig die Nachrichtenwesen waren, lässt sich selten
an ihren täglichen Einsätzen messen. In den folgenden Kapiteln sei auf Ausnahme-
situationen der Informationsverbreitung hingewiesen; so etwa wenn eidgenösische
Städte hochadeligen Destinatären gleichrangig gegenübertreten wollten. Bedeutsa-
mer war jedoch der bereits an vielen Stellen erwähnte Einfluss kriegerischer Kon-
flikte auf die Nachrichtenübermittlung, insbesondere jener, der die friedenszeitli-
chen Einsatzstrukturen durch Sonderaufgaben wie etwa Spionage- oder
Kundschafterdienste aufweichte. Nachrichten wurden zum Medium der Kriegs-
führung und die sonst im Hintergrund agierenden Boten gerieten zwischen die
Fronten. Dazu die folgenden Beobachtungen, welche küntige Forschungen anregen
sollen:

8.1. Weibel, Reiter, Läufer und fürstliche Herolde - funktionale
Parallelen zwischen unterschiedlichen Zeichenträgern

Die Kommunikation zwischen Adeligen und Städten unterlag einer hierarchischen
Wahrnehmung die sich aus ihren unterschiedlichen Lebenswelten ergab. Eine Ver-
ständigung auf formaler, vor allem aber zeremonieller Ebene war zumindest von
städtischer Seite durchaus gewollt. Solches bezog sich vor allem auf Extremsituatio-
nen, wie etwa die Übermittlung von Absagebriefen zwischen den ansonsten un-
gleichen Partnern. Die Wahl eines Weibels als Übermittler der Kriegserklärung an
Karl den Kühnen, zeigt, dass sowohl die Eidgenossen als auch die burgundische
Seite spätestens 1470 um das entsprechende Protokoll wussten1: Fussboten oder Rei-
ter wären für die gleiche Aufgabe undenkbar gewesen, denn zwischen Adeligen

1 Die Übermittlung von Kriegserklärungen durch Weibel ist häufiges Bildsujet in den Schweizeri-
schen Bilderchroniken des ausgehenden 15. Jahrhunderts. Im Spiezer Schilling (etwa 1485) wird
rückwirkend jener Berner Weibel abgebildet, der den Österreichern 1386, im Anschluss an den
Sempacherkrieg einen Absagebrief gebracht hat, in: Spiezer Schilling, 1991, S. 330.
 
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