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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0061

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2. Die städtischen Akten

Dieser starke Bezug von Stadtrechten auf Rats- und Ordnungsbücher lässt sich
um 1450 in fast allen behandelten Städten beobachten. Die Einträge zu Boten- und
Nachrichtenwesen werden darin jedoch sehr unterschiedlich behandelt. Thema-
tisch reichen sie von einem knappen Vermerk über das aktuelle Botengeld (Frei-
burg im Breisgau 1390), über die Freiwilligkeit des Tragens von Amtskleidung in
Stadtfarben bei Botenläufen (Bern 1426) bis hin zum zeitlich begrenzten Stadtver-
weis eines unzuverlässigen Stadtläufers (Konstanz 1431).63
So wie sich die meisten Satzung-, Ordnungs- oder Ratsbücher im Hinblick auf
das städtische Nachrichtenwesen ohne den Bezug zum Stadtrecht nicht angemes-
sen deuten lassen, lässt sich ein weiterer, vorwiegend in den Städten des eidgenössi-
schen Raumes angelegter Quellentyp nicht ausklammern; die städtischen Eidbü-
cher. Die funktionale Verwandtschaft zwischen Rats- und Eidbüchern erschliesst
sich aus ihrem Gebrauch. In manchen italienischen Kommunen wurde das städti-
sche Personal seit dem 13. Jahrhundert auf diesen vereidigt.64 Ratsbücher wurden
auch diesseits der Alpen zum Ablegen eines Schwurs benutzt. Das zeigt etwa das
Konstanzer Exemplar aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, welches Boten-
ordnungen enthält, die in ihrer Formelhaftigkeit an die Boteneide zahlreicher eid-
genössischer Städte erinnern. Allerdings können Stadtbücher weitaus detailliertere
Angaben enthalten als Eidbüchern, zumal sie in ihrer Ausgestaltung einen direkte-
ren Bezug zu den jeweiligen Ansprüchen der Diplomatie und der Nachrichtenüber-
mittlung hersteilen. Besonders deutlich wird dies aus der Strassburger Ordnung
von 1443. Ihre einzigartige Ausführlichkeit, die nicht nur die einzelnen Aufgaben-
bereiche, sondern auch Loyalitätsfragen und finanzielle Voraussetzungen für die
Übernahme des Stadtläuferamtes enthält, ist von der eher seriellen Gestaltung vie-
ler Eide in den Städten des eidgenössischen Raumes weit entfernt.65

2.2.3. Eidbücher
Das Festschreiben von Amtspflichten und -Vorzügen in gesonderten Akten geht
wie die übrige Ausdifferenzierung des städtischen Kanzleischriftguts auf die Ver-
feinerung der Stadtverwaltung im 14. Jahrhundert zurück. Gerade im Schweizer
Raum gehörte der jährlich an Ostern oder Pfingsten vor einem Auschuss des Klei-
nen Rates wiederholte Amtsschwur zu den Eigenheiten aller Stadtämter. Dabei
ging es um die öffentliche Demonstration eines Dienstverhältnisses, mit dem sich
der künftige Amtsträger verpflichtete, die vom Stadtregiment erstellten Amtsvor-
gaben zu erfüllen, während dieses fortan seinen Schutz übernahm.66 Die ursprüng-
lich mündlichen Abmachungen wurden dadurch aus ihrer juristischen Beliebigkeit
befreit, was dem Amt aber auch einen Teil seiner personengebundenen Prägung
nahm. Übermittler waren somit nicht mehr Diener eines einzigen Herren, sondern

63 Fuchs, Freiburger Botenposten, 1885, S. 43, SSRQ Bern 1, S. 57-58, StaKN B15, Konstanzer Rats-
buch (1428-31), S. 231.
64 Dartmann, Schrift im Ritual, 2004, S. 169-204.
65 Gachot, Louffende Boten, 1964, S. 4.
66 Vgl. dazu Schaab, Eide, 1993, S. 12f., HDR, Bd. 1, S. 341. Zum mittelalterlichen Huldigungseid
im Allgemeinen siehe: Holenstein, Die Huldigung, 1991.
 
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