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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0248

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6.4. Die Ausweitung der Bündniszone - Nachrichtenübermittlung mit den Eidgenossen 235

fen rund 31 % aller abgerechneten Botengänge vergleichbare Probleme.118 Ähnliche
Schwierigkeiten entstanden auch im Zusammenhang mit der Solothurner Expan-
sion jenseits Jura, wo von Solothurn bedrängte Herrschaftsträger Bern um Vermitt-
lung anriefen. Bern setzte allerdings seine Vermittlerposition zu Gunsten eigener
Interessen ein, wie etwa 1486 im Münstertal bei der Vorbereitung des Sundgauerzu-
ges oder bei der Bestürmung Münchensteins 1487, von wo sich die Solothurner wie-
der zurückziehen mussten.119 Berns überterritoriale Vormachtstellung wurde von
Solothurn nie angezweifelt, denn sie wussten um den Berner Beistand gegenüber
der Eidgenossenschaft. Aus diesem Grunde stellten die territorialen Querelen bei-
der Städte, die durch den Schutzes übergeordneter Verträge nie über die Ebene lo-
kaler Streitigkeiten hinauskamen, im Gegensatz zu Kriegshandlungen auch nie
eine direkte Gefahr für Nachrichtenübermittlung und Übermittler dar.

6.4. Die Ausweitung der Bündniszone -
Nachrichtenübermittlung mit den Eidgenossen

Die zwischenstädtischen Machtstrukturen auf der Ebene lokaler Bündnisse fanden
einen Widerpart in der sich konstituierenden Eidgenossenschaft, die quasi als über-
geordnetes Produkt dieser Interessen betrachtet werden kann. Tonangebend - weil
schriftproduzierend - waren die Zentren Bern, Luzern und Zürich mit ihren weit-
verzweigten Bündnisverflechtungen, während die ländlichen Gebiete der Inner-
schweiz häufiger um ihre politische Mitsprache ringen mussten.120 Wie auf der loka-
len Ebene, wo Beziehungen durch Überlagerung diverser Verträge geformt wurden,
entwickelten sich auch in diesem Bündnis lockere institutioneile Formen mit der
Notwendigkeit eines gemeinsamen Handelns. So wie im Nahraum Tage zwischen
benachbarten Mächten einberufen wurden, um Sachfragen im Bündnisrahmen zu
bereden oder Entscheidungen über gemeine Herrschaften zu treffen, entwickelte
sich die Tagsatzung nach die Eroberung des Aargaus 1415 zu einem lockeren Aus-
tauschforum für die Gesandten ihrer Mitglieder.121 Darüber hinaus war das Bünd-
nissystem alles andere als einheitlich. Obwohl der Bund seit seiner Verdichtungs-
phase zwischen 1367 und 1481 im Kern aus acht vollberechtigten Orten bestand,
war er mit zahllosen weiten Herrschaftszentren und -partnern verbunden. So etwa
mit neun »zugewandten Orten« und den neun gemeinen Herrschaften, die durch
die Zurückdrängung der Habsburger aus dem eidgenössischen Raum Teil des
Bündnisses geworden waren. Ferner verbündeten sich die Vollmitglieder einzeln

118 Von den 251 Botengängen, deren Ziel in dieser Zeit Bern war, lassen sich 78 bzw. rund 31 %
nachbarschaftlichen Streitereien zwischen den beiden Städten zuordnen, ausführlicher dazu:
Amiet, Territorialpolitik, 1928, S. 132-133.
119 Amiet, Territorialpolitik, 1928, S. 134.
120 Schmid, Eidgenossenschaft, 2005, S. 413-448, Jucker, Kommunikation schafft Räume, 2005,
S. 27.
121 Jucker, Kommunikation schafft Räume, 2005, S. 28, Christ, Bündnisse, 2001, Würgler, Boten
und Gesandte, 2003, S. 289, ders.. Die Tagsatzung, 2000, S. 99-117.
 
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