Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0114

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4.2. Die Freiburger Familie Giron - Aufstieg durch Stadtdienst

101

nossen an Karl den Kühnen im Schloss Blamont - zumindest nach der amtlichen
Berner Chronik des Diebold Schilling - durch einen Berner Weibel überbracht.62

4.2. Die Freiburger Familie Giron - Aufstieg durch Stadtdienst

Eines der am besten dokumentierten Beispiele für den gesellschaftlichen Aufstieg
durch Übernahme niederer Ämter stellt die Freiburger Familie Giron bzw. Girond
dar. Ihr berühmtester Abkömmling war der Berner Stadtschreiber Peter von Cyro,
dessen Febensgeschichte bereits von Sulser skizziert worden ist.63 Den Grundstein
für seine Karriere legte sein Vorfahre Johannes/Jehan Giron, der sich in der zweiten
Hälfte des 15. Jahrhunderts als Freiburger Stadtweibel hervorgetan hatte. Die Fami-
lie Giron stammte mit grosser Wahrscheinlichkeit aus Aigle und muss vor 1450
nach Freiburg eingewandert sein.64 Jehan Girons Name taucht jedenfalls bereits auf
der ältesten erhaltenen Freiburger Besatzungsliste von 1453 auf. Während er das
Amt des soutier in diesem Jahr vermutlich nur interimistisch wahrgenommen hat -
ein Schreiber hat seinen Namen durch jenen von Päuli Casteimann ersetzt65 - wurde
Giron zwischen 1458 und 1488 als regulärer Weibel geführt. Eine Dienstpräsenz
von über 30 Jahren sowie der Umstand, dass er in diesem Zeitraum nie ein anderes
niederes Amt ausgeübt hat, sprechen nicht nur für seine besondere Stellung unter
den arrivierten Bürgern des Freiburger Hospitalviertels, welches er bewohnte, son-
dern auch für ein Vertrauensverhältnis zur Freiburger Stadtführung. Die Annahme
enger persönlicher Kontakte wird auch dadurch gestützt, dass er bereits über zehn
Jahre als Weibel tätig war, bevor er am 11. Juni 1467 überhaupt erst ins Bürgerrecht
aufgenommen wurde.66 Nach Ausweis der ersten Halbjahresrechnung 1471 wurde
er vor allem für Personen- und zur Gesandtenbegleitung sowie dem Transport von
Briefen eingesetzt.67 Besonders intensiv und nahe am politischen Geschehen be-
wegte er sich jedoch zur Zeit der Burgunderkriege. So wurde er zusammen mit sei-
nem Weibelskollegen Nicod Chappusat und anderen niederen Amtleuten am
24. Februar 1476 vom Rat bestimmt, den Zug der Freiburger Kontingente nach
Neuchätel zu begleiten.68 Von hier aus zogen die Freiburger anschliessend mit ihren
eidgenössischen Verbündeten bis vor Grandson. Jehan Giron hat die Schlacht, die
dort am 3. März stattfand, miterlebt. Allerdings war er offensichtlich kein einfacher
Kriegsteilnehmer. Seine Hauptaufgabe bestand nach Ausweis der Stadtrechnungen

62 Wyss, Post, 1988, S. 29.
63 Sulser, Peter von Cyro, 1922.
64 Jordan, Peter Cyro, 1923, S. 17. Entgegen Jordans und damit auch Sulsers Annahme, dass die
Familie Giron erst in den 1460er Jahren in Fribourg sesshaft wurde, spricht die bedeutungsvolle
Stellung des Stadtweibels.
65 StaFR, Besatzungsbuch 1 (1448-1475), Les soutier, S. 36r.
66 Jordan, Peter Cyro, 1923, S. 16.
67 StaFR, CT 137 (1471 /1), S. 22, siehe auch Anhang, Amtsträger.
68 Die riiter, so uff die hut und wart riten sollent: Nicod Chappusat, Jehan Giron, Pierre Pattry, des spitels
knecht, Pierre Stadler, Jaquet Lepet, Jaques Bugniet son Chevalier Jacob Riiter [...], in: RM, 24. 2.1476,
Büchi, Akten, 1916, S. 32.
 
Annotationen